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Die Poison Diaries

Die Poison Diaries

Titel: Die Poison Diaries
Autoren: Maryrose Wood
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verabreicht habe.
    Vielleicht ist ihre physische Beschaffenheit anders als deine; vielleicht hat sie eine besondere Widerstandskraft gegen die dunklen Substanzen entwickelt, denen sie das erste Mal noch in deinem Leib ausgesetzt war … dies ist ein Punkt, der weiter untersucht werden muss.
    Das ist Beweis genug.
    Mein Vater hat meine Mutter vergiftet. Anscheinend hat sie das Spiel mitgespielt. Sie war ein bereitwilliger Teil seiner Studien, sogar noch, als ich bereits in ihrem Bauch heranwuchs. Aber er trägt die volle Verantwortung für ihren Tod.
    Und meine Krankheit war kein gemeines Fieber, meine Genesung verdanke ich nicht dem fähigen Heiler Thomas Luxton. Mein Vater hat mich vergiftet, und er bereut es nicht eine Sekunde lang.
    Und Weed – Weed ist am Leben! Irgendwo. Und mein Vater wird ihn töten, wenn er kann. Wenn ich es nicht verhindere.

Kapitel 3
    E ine giftige Rebendolde wächst in einem stämmigen Büschel in der Nähe des Flussufers, tief im alten Wald von Northumberland. Die Pflanze hat dicke, gerade, hohle Stängel mit zarten, spitzenartigen Blüten. Ein einziger Wurzelstrang könnte mich töten, wenn ich so dumm wäre, ihn zu essen.
    »So köstliche Wurzeln«, summt die Pflanze. »Süß und saftig und sättigend, Master Weed. Bist du sicher, dass du nicht doch davon kosten möchtest?«
    »Hast du kein Schamgefühl?« Ich rolle mich auf meinem nassen Moosbett zur Seite. »Schau dich doch an. Deine Blätter tarnen sich als Petersilie, deine Stängel sehen aus wie Sellerie, und deine Wurzeln verwechseln viele mit Pastinaken. Wie viele Männer hast du durch deine Tricks schon getötet?«
    »Nicht nur Männer. Auch Frauen und Kinder. Und Vieh.« Die Spitzenhauben der Blüten zittern unschuldig. »Du siehst verärgert aus, Fleischkörper. Es tut dir nicht gut, im Wald zu leben.«
    Ich verlagere mein Gewicht und suche nach einer trockenen Stelle. Nach dem wilden Sturm letzte Nacht ist alles durchnässt – der Boden, die Bäume, die Felsen. In jedem Spalt sprießen Pilze. Einige von ihnen sind ebenfalls geschickte Mörder, aber sie sind wenigstens so anständig, nicht damit zu prahlen.
    »Es ist nicht der Wald, der mich verärgert. Es ist dein Stolz über deine eigene Boshaftigkeit. Du gewinnst nichts, indem du Leben vernichtest. Du ernährst dich nicht von deinen Opfern, wie die Falken und die Füchse. Und doch genießt du das Töten.«
    »Ein jeder handelt nach seiner Natur. Genauso wie du, du hörender Mensch.«
    So nennt man mich im Wald. Fleischkörper. Hörender Mensch. Selbst hier gibt man mir das Gefühl, eine Missgeburt zu sein.
    »Auch du hast getötet«, fügt die Rebendolde hinzu. »Hast du dein Opfer verspeist? Nun, hast du?«
    Ich gebe keine Antwort. Denn es stimmt: Ich habe gemordet. Schändlich habe ich ein unschuldiges Leben ausgelöscht. Und ich würde es wieder tun, genau in diesem Moment, wenn ich die Möglichkeit dazu hätte.
    Wer meine Opfer wären? Zum einen Thomas Luxton, der Vater meiner geliebten Jessamine. Zum anderen Oleander, der Giftprinz.
    Allein um Jessamines Willen halte ich mich fern von meinen verhassten Feinden.
    Als ob sie einen eigenen Willen hätten, tasten meine Hände zu dem Buch des Bösen, das ich Tag und Nacht bei mir trage. Thomas Luxtons Gifttagebuch. Ich habe es sorgfältig in ein Öltuch eingewickelt, das ich von der Wäscheleine einer Bauersfrau gestohlen habe.
    Jeden Tag nehme ich mir vor, es zu verbrennen. Es ist genau wie dieser üble Garten, den er unter Verschluss hält: Es ist unnatürlich und hätte nie erschaffen werden dürfen. Aber ich bringe es nicht fertig. Es ist das einzige Bindeglied zu meiner Vergangenheit – zu allem, was mir genommen wurde –, das mir noch geblieben ist. Meine Verbindung zu Jessamine. Zu dem Glück, das ich einst empfand.
    »Antworte mir, Fleischkörper. Tu nicht so, als wärst du ein gewöhnlicher, tauber Mensch. Wir wissen, dass du uns hören kannst.«
    »Ja, das kann ich.« Mit der Hand, zur Kralle gebogen, reche ich durch den Kies. Ich hebe eine Handvoll Kiesel auf und werfe sie auf einen großen Fels. Einer nach dem anderen prallen sie ab, wobei sie meine zarte, tödliche Anklägerin nur um Haaresbreite verfehlen. »Als Einziger meiner Art kann ich euch hören. Aber das bedeutet nicht, dass mich interessiert, was du zu sagen hast.«
    Die gezackten Blätter beben vor Wut. Ich dagegen empfinde eine gewisse Befriedigung – ein solcher Mensch ist aus mir geworden: bitter, zornig, ohne Respekt für andere und
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