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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition)
Autoren: Catherine Tarley
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verfügen, meine Liebe. Der Erfolg einer Plantage hängt vom Weitblick und vom kaufmännischen Geschick eines Pflanzers ab. Das hatte der arme Henry leider zu spät begriffen.«
    Er meinte Henrys Versuch, die Plantage nach unkonventionellen Methoden zu bewirtschaften. Ihr Mann war Philosoph gewesen, kein Farmer. Nachdem er die agrarökonomische Literatur ihrer Bibliothek zurate gezogen hatte, ließ er junge Nutzpflanzen und Schösslinge verschiedener Obstbäume aus Europa kommen und legte erste Modellpflanzungen an. Vom Boden und dem Klima South Carolinas begünstigt, lieferten seine Obst- und Gemüsegärten schon bald erfreuliche Erträge. Aber die Pflanzerlobby machte geschlossen Front gegen Henrys »Reformprodukte« und boykottierte auf Hocksleys Betreiben den Handel mit den neuen Agrargütern zugunsten ihrer riesigen Monokulturen.
    »Gesetzt den Fall«, fuhr Hocksley belehrend fort, »man würde Ihnen Saatgut zur Verfügung stellen, und Ihre Nachbarn würden Sie bei der Instandsetzung der Plantage unterstützen, so entstünden für Sie daraus immense Verpflichtungen. Sie müssten die Plantage auf Jahre hinaus belasten.« Er blieb am Fenster stehen und sah auf die Gartenanlagen, während er beiläufig sagte: »Viel einfacher wäre es, Sie verkauften Legacy, ohne viel Aufhebens natürlich und zu fairen Bedingungen, vielleicht an jemanden aus dem engeren Umfeld, wobei ich nicht unbedingt von mir spreche. Ich garantiere Ihnen, Sie könntenschon bald ein sorgenfreies Leben führen. Wie ich hörte, hat Mr. Crossbow Ihnen für das Anwesen ein gutes Angebot gemacht. Schlagen Sie es nicht leichtfertig aus.«
    Sie wusste, auf diesen Moment hatte er lange gewartet. Was immer sie tat, es war ihm ein Ärgernis. Nachdem sie in seinen Augen jahrelang Schande über die Familie gebracht hatte, wollte er endlich den Triumph auskosten, dass sie auf seine Großmut angewiesen war. Aber diese Freude würde sie ihm nicht machen. »Sie sprechen von einem guten Angebot, Theodore, von fairen Bedingungen? Sie müssten mich besser kennen! Ich weiß sehr wohl, was meine Plantage wert ist. Wieso sollte ich zu einem Schleuderpreis an Ihren Strohmann Crossbow verkaufen?«
    Hocksley tat gelassen. »Es soll nicht heißen, ich hätte Ihnen nicht meine Hilfe angeboten.«
    »Oh, ich benötige Ihre Hilfe nicht. Denn sehen Sie, ich stehe mit Ashley & Bolton, der Hausbank meiner Familie, in Verhandlung über einen Kredit zu wirklich großzügigen Bedingungen. Mr. Ashley erwartet mich just heute in Charles Town, damit wir die Sache zum Abschluss bringen. Wenn Sie mich also bitte entschuldigen würden.« Ehe er etwas erwidern konnte, ging sie hinaus.
    Sie hatte geblufft. Aber das wusste Hocksley nicht. Bestimmt hielt er sie für arrogant genug, gegenüber Ashley & Bolton den guten Klang des Namens Bell für ihre Zwecke in Anspruch zu nehmen. Und genau das hatte sie auch vor. Gilbert Ashley, der Bankinhaber, hatte ihr unlängst geschrieben, sie möge ihn wegen ihrer wachsenden Darlehensschulden aufsuchen. Bei der Gelegenheit wollte sie den Bankier an die langjährigen Geschäftsverbindungen mit dem Bell’schen Familienunternehmen erinnern im Vertrauen darauf, er werde ihren Kredit noch einmal verlängern. Sie war sich sehr wohl im Klaren, dass sie trotz alledem als Bittstellerin erscheinen würde.Während sie auf den Wagen wartete, schlenderte sie durch die Ziergärten, die den Vorplatz umgaben. Zwischen den zahlreichen aus Europa und Asien importierten, zum Teil fremdartigen Bäumen und Stauden fiel ihr Blick auf einen toten Stamm, dessen Aststümpfe bizarr wie weiße Knochen aufragten. Sie erinnerte sich an die imposante griechische Zypresse, die hier wie eine Speerspitze zum Himmel emporgewachsen war. Nachdenklich ging sie zum Vorplatz zurück, gerade als die Chaise vorfuhr. Ein Bursche mit brauner Haut und hellem Kraushaar, dessen Vater bestimmt kein Schwarzer war, sprang vom Kutschbock.
    »Guten Morgen, Maam!«, rief er und riss den Wagenschlag auf.
    »Hallo, Nat«, begrüßte sie den jungen Mulatten. »Sollst du mich heute in die Stadt fahren?«
    »Ja, Maam, ich bin jetzt zweiter Kutscher«, erklärte er stolz. »Ich kutschier’ die Ladies.«
    Nachdem Antonia eingestiegen war, fragte sie ihn: »Nat, weißt du, was mit dem Baum dort passiert ist?«
    »Oh ja, Maam, das war im großen Gewittersturm letzten Herbst: Ein Blitz fährt hinein, die Erde zittert und es kracht fürchterlich! Danach stand da nur noch dieser Stamm.«
    »Warum lässt Mr.
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