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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition)
Autoren: Catherine Tarley
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Hocksley den toten Baum nicht fällen?«
    »Das darf er nicht, Maam. Keiner rührt das Gerippe an. Das bringt Unglück!«
    »Sagt wer?«
    »Na, alle!«, antwortete Nat mit einer weit ausholenden Geste.
    Antonia zog die Brauen zusammen. »Mr. Hocksley glaubt doch nicht an solchen Humbug.«
    »Vielleicht tut er’s, vielleicht nicht.« Nat zuckte die Schultern. »Anscheinend will er keinen Ärger mit den Voodoo-Leuten.«
    Er kletterte auf den Kutschersitz, schnalzte mit der Zunge, der Wagen fuhr an. Antonia blickte nachdenklich zu der kahlen Zypresse zurück.Das Bankhaus Ashley & Bolton stand an der Kreuzung von Broad und Meeting Street, am alten Versammlungsplatz von Charles Town. Ringsum lagen weite Teile der Stadt in Schutt und Asche. Nach einem großen Brand und der Explosion des Pulvermagazins waren ganze Straßenzüge zerstört. Doch in dem Areal zwischen Rathaus, Gerichtshof und der St. Michael’s Episkopalkirche hatten einige Gebäude den Krieg weitgehend unbeschadet überstanden.
    Ein Mann empfing Antonia, den sie zuvor in der Bank noch nie gesehen hatte. »Mr. Ashley bedauert, Sie nicht persönlich begrüßen zu können, Mrs. Lorimer. Er musste geschäftlich nach Philadelphia«, erklärte er und bat sie in den Konferenzsaal.
    Sein Nordstaatenakzent ließ Antonia die Brauen heben. »Ich bedauere es noch weit mehr, Mister …«
    »Tyler, Madam, Andrew Tyler, aus dem New Yorker Büro. Aber bitte, nehmen Sie doch Platz.«
    Antonia war enttäuscht, ja entmutigt. Sie hatte gehofft, die Freundschaft des alten Mr. Ashley zu ihrem Vater könnte ihr von Nutzen sein. Stattdessen sollte sie nun mit einem völlig Fremden über Dinge verhandeln, die ihre Lebensgrundlage berührten. Sie beobachtete Tyler, der vom Bürodiener ein Dossier entgegennahm und sich ihr gegenüber setzte. Er machte einen konzentrierten, professionellen Eindruck, während er die Akte durchblätterte. Tyler war ein attraktiver Mann: Klare Gesichtszüge, griechisches Profil, athletische Statur – nein, es ließ sich nicht leugnen, dass er blendend aussah. Trotzdem, er ist ein Yankee!, dachte sie, und ihre Miene wurde ein wenig geringschätzig.
    »Würden Sie mir bitte sagen, warum ich hergebeten wurde, Mr. Tyler?«
    »Nun, Madam«, sagte er, »wir wissen um Ihre schwierige finanzielle Lage. Darum wollten wir Ihnen nahelegen, sich von uns beraten zu lassen.«
    »Ist das so?«, meinte sie kühl.
    Mit halbem Lächeln nahm er ihre Südstaatenarroganz hin, nach ein paar Monaten in Charles Town war er daran gewöhnt. Was ihn jedoch störte, war, dass sie wie selbstverständlich davon ausging, er schulde ihr einen Gefallen. Dabei war sie in Wirklichkeit voll und ganz auf seinen guten Willen angewiesen; eine Tatsache, die ihr bekannt sein musste und die sie bewusst ignorierte. Er ließ sich mit der Antwort Zeit.
    »Sehen Sie, Mrs. Lorimer, ich habe hier die Kreditakte Ihrer Plantage. In summa schulden Sie der Bank mehr, als das Anwesen je wert war. Die Bodenpreise sind stark gefallen, dazu kommen die Kriegsschäden, die wir noch nicht einmal berücksichtigt haben. Es würde einiges Entgegenkommen unsererseits voraussetzen, wenn wir nach dem Verkauf auf die Durchsetzung weiterer Forderungen gegen Sie verzichteten.«
    »Nach welchem Verkauf ?«
    »Nach dem Verkauf Ihrer Plantage.«
    »Sie glauben doch nicht im Ernst«, rief sie, »ich würde Legacy verkaufen!«
    »Sie werden es müssen.« Ungerührt schlug er die Akte zu. »Es tut mir leid, Madam, aber ich kann Ihren Kredit nicht mehr verlängern.«
    Darauf war Antonia nicht vorbereitet. Sie wurde blass, die Kündigung des Bankkredits traf sie wie ein Schlag. Dieser geschäftstüchtige Yankee meinte es ernst, er wollte ihr nicht helfen. Vielleicht hätte sie liebenswürdiger sein, ihm weniger hochmütig begegnen sollen? Wie auch immer, später würde noch genug Zeit sein, sich Vorwürfe zu machen, jetzt musste sie sich schnell etwas einfallen lassen, wenn sie ihn dazu bringen wollte, die Angelegenheit noch einmal zu überdenken.
    »Mr. Tyler, Sie wissen selbst, dass viele Pflanzer es genauso schwer haben wie ich. Die Plantagen des gesamten Lowcountry sind verwüstet worden, alles muss instand gesetzt werden. Es wird eine gewisse Zeit dauern, bis ich auf meinem Land wieder produzieren kann, und so lange brauche ich den KreditIhrer Bank. Geben Sie mir nur ein Jahr! Sie werden sehen, dann werde ich auf Legacy wieder Reis anbauen.«
    »Und wie wollen Sie das ohne Arbeitskräfte bewerkstelligen? Ich hörte, Sie
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