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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition)
Autoren: Catherine Tarley
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Longuinius einreden, sie stünde in einem gewissen Bezug zu meinem Leben.«
    »Ein Krieger tötete einen schwachen Mann, so zerstörte er das Gleichgewicht der Welt« , zitierte Vier Federn den Wortlaut der Überlieferung. »Du hast Henry Lorimer getötet.«
    »Und das ist die einzige Übereinstimmung mit Ihrer Legende. Lorimer hatte sich mit seinen Truppen ergeben, ich gewährte ihm Pardon, doch er brach sein Ehrenwort. Ich habe ihn damals erschossen, und ich würde es unter denselben Bedingungen wieder tun.«
    »Du hast einen schwachen Mann getötet und das Gleichgewicht der Welt dadurch zerstört …«
    »Haben Sie nicht zugehört? Er hatte sein Ehrenwort gebrochen! Er war außerdem ein Verräter und ein Kopfgeldjäger, der schwarze Flüchtlinge in die Sklaverei zurückverkaufte. Es gibt verschiedene Prädikate für jemanden, der so etwas tut. Ich finde, ›schwach‹ trifft es nicht ganz.«
    »Henry war schwach«, überging sie seinen Sarkasmus. »Das hattest du sofort erkannt und ihn wegen seiner Schwäche verachtet. Nicht weil er dein Feind war, hast du ihn getötet, sondern weil er schwach war. Du hast ihn aus Hochmut getötet, William.«
    Es stimmte, was sie sagte, er verachtete die Schwachen und die Feiglinge dieser Welt. Sie waren keine Herausforderung für ihn, Bill Spencer, der echte Herausforderungen liebte. Er verachtete sie, denn ihre Schwäche stellte seine Stärke infrage; sie wichen ihm aus, und sein starker Wille lief ins Leere. Schwäche war die Verneinung seines Selbstgefühls; wenn er einmal schwach würde, wäre er vernichtet. Ja, er verachtete, er hasste menschliche Schwäche, deswegen hatte er Henry Lorimer getötet.
    » Die Götter in ihrem Zorn sandten die Dämonen der Finsternis, ihn für den Frevel zu bestrafen. Auch du wurdest bestraft.«
    »Was heißt denn bestraft? Ich bin einem Irren und seinem gewissenlosen Helfer in die Hände gefallen, sie kamen zufällig des Weges.«
    »Glaubst du das wirklich?« Sie wies zum Fenster, und er blickte hinaus: Roscoe hatte sich an Lone Star gelehnt, zärtlich strich er dem Vollblut durch die roten Stirnlocken, als lebte in dem irren Hengst Reeds arme Seele. »Sieh hin, William, erinnere dich!«
    Und er sah die beiden Männer, die ihn verhöhnten, bevor sein Leiden begann: Oliver Roscoe, abgestumpft von Brutalität, und Algernon Reed in drohender Umnachtung. »Monatelang haben wir Spencer verfolgt«, hatte Roscoe zu Reed gesagt,»jetzt werden wir mit ihm abrechnen, das sind wir Henry schuldig.« Nein, sie kamen nicht zufällig des Weges.
    »Erzählen Sie weiter.«
    »Die Dämonen marterten ihn, und der Wind trug seine Klage über das Land. Die Frau des Getöteten aber hatte Mitleid und bat die Götter um Gnade. Da erließen ihm die Götter den Martertod. Zur Sühne sollte er die Lebensaufgabe des schwachen Mannes erfüllen. So vergrub er seine Waffen, nahm die Frau zur Gefährtin und erfüllte das Leben des anderen.«
    Hatte Antonia ihn nur gerettet, damit er Henrys Platz einnehmen konnte? Vielleicht war es so gewesen, jedenfalls nahm sein Leben von da an einen anderen Verlauf: Er änderte seinen Namen, setzte die Plantage instand, lebte mit Antonia wie Mann und Frau zusammen. Weil Vier Federn schwieg, fragte er: »Ist die Geschichte hier zu Ende?«
    »Du hast Henrys Lebensaufgabe erfüllt, seine Geschichte ist zu Ende. Du bist frei.«
    »Und Antonia?«
    »Du bist fortgegangen.«
    »Ich konnte doch nicht so tun, als hätte ich vergessen, wer ich bin!«
    »Weißt du es jetzt?«
    »Ich weiß, wo mein Platz ist, darum bin ich zurückgekehrt. Ich möchte mit ihr zusammenleben.«
    »Nein, William.«
    »Ich liebe sie!«
    »Aber nicht genug.«
    »Was wissen Sie davon!«, stieß er hervor und wandte sich ab; die Indianerin sollte nicht sehen, was in ihm vorging. Mit der Dämmerung wurde es in der Hütte dunkel. Vier Federn holte einen Kienspan, entzündete die Petroleumlampe über dem Tisch und setzte sich wieder. Sie durfte ihn erst gehen lassen, wenn die Geschichte des Kriegers zu Ende erzählt war.
    »Die Dämonen blieben bei ihm, um ihn zu erinnern.«
    »Nun, Reed ist tot. Sein Freund dort hat ihn erschossen.«
    »Miguel? Und du hast ihn mitgenommen?«
    »Ich konnte ihn doch nicht bei dem Toten zurücklassen.«
    »Nein, William, das konntest du nicht.« Vier Federn lächelte. Wie hell und klar war sein Blick! Obwohl er so viel hatte ertragen müssen, war sein Herz stark geblieben. Sie hatte sich nicht in ihm getäuscht.
    Die Türe wurde aufgeschoben,
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