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Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Titel: Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)
Autoren: Lori Handeland
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verloren hatte, gab ich es schließlich auf und nippte am Whiskey. Ich wusste einfach nicht, wo ich anfangen sollte, also nippte ich weiter am Glas.
    „Ruthie ist gestorben“, regte Megan an.
    Genauso gut konnte ich hier mit meiner Geschichte anfangen.
    Offiziellen Berichten zufolge wurde Ruthie Kane ermordet, und das wurde sie auch – nur nicht von menschlicher Hand oder mit herkömmlichen Waffen. Die örtliche Polizei war mit ihrer Weisheit am Ende. Und das konnte ihnen auch niemand verdenken, denn nicht alle Tage starb eine kleine alte Frau auf ihrem sonnenbeschienenen Küchenboden an den Bissverletzungen wilder Tiere.
    Letztlich hatte Jimmy einem toten Dämonenjäger die Schuld an ihrem Tod in die Schuhe geschoben – vor allem, um den Verdacht von sich selbst abzuwenden –, und die Polizei hatte den Köder geschluckt. Irgendwie mussten sie den Tod ja schließlich erklären.
    „Liz?“, murmelte Megan und brachte mich damit ins Hier und Jetzt zurück.
    „Ruthie hat mich berührt und mir ihre Kräfte gegeben“, sagte ich.
    „Kräfte“, wiederholte Megan.
    „Hellsehen, weißt du …“ Hilflos fuchtelte ich mit den Händen in der Luft herum, unsicher, wie ich es erklären sollte.
    Näherte sich ein übernatürliches Wesen, dann hörten wir Seher eine Stimme – bei mir war es Ruthies Stimme –, die einem verriet, welche Art von Dämon sich hinter dem gütigen menschlichen Antlitz verbarg. Oder, wenn wir Glück hatten, wurden wir im Voraus durch eine Vision gewarnt. Dann mussten wir einen Dämonenjäger aussenden, der das Problem beseitigte.
    Kurz vor ihrem Tod hatte Ruthie ihre seherischen Kräfte auf mich übertragen und mich dadurch in ein Höllenkoma geschickt – aber ich hatte es überlebt. Zunächst hat es eine Weile gedauert, bis ich gelernt hatte, die Kräfte zu beherrschen; manchmal war ich mir immer noch nicht sicher, wer hier wen beherrschte, aber so langsam hatte ich den Dreh raus.
    „In unserer Welt gibt es Monster“, fuhr ich fort. „Schon seit Urzeiten.“
    „Darüber bin ich mir durchaus im Klaren.“
    „Ich meine das nicht im übertragenen Sinn. Wenn ich Monster sage, dann meine ich damit Klauen und Zähne – magische, alttestamentarische Legendenwesen, die uns vernichten wollen.“
    „Ich bin Irin“, sagte Megan. „Ich weiß das.“
    „Was haben denn nun wieder deine irischen Wurzeln damit zu tun?“
    „Ich bin mit dem Glauben an magische Kreaturen – gut und böse – groß geworden.“ Als ich das Gesicht ungläubig verzog, winkte sie nur müde ab, nach dem Motto: Nun mach schon. Erzähl es mir einfach.
    „Ruthie wurde von einem Nephilim umgebracht.“
    „Den Nachkommen der gefallenen Engel und der Töchter des Menschengeschlechts.“
    Verwirrt blinzelte ich sie an. „Woher weißt du das?“
    „Das steht doch in der Bibel, Liz.“
    Ich fächerte mir Luft zu. „Ähm.“
    O ja, hier und da gab es mal eine Zeile über abtrünnige Engel, den Teufel, über Riesen und Monster. In Wahrheit war die Bibel ein sehr, sehr schauriges Buch, dabei brauchte man gar nicht bis zur Offenbarung zu lesen. Aber die ganze Geschichte mit den Nephilim – hatte man ausgespart.
    „Du hast das Buch von Enoch gelesen?“, fragte ich.
    „Ja“, sagte sie achselzuckend. „Ich war neugierig.“
    Über die Jahrhunderte hinweg waren Texte aus der Bibel entfernt worden. Ursprünglich war das Buch von Enoch bei Juden und Christen gleichermaßen bekannt, bis es als ketzerisch bezeichnet und verboten wurde. Damals war das gang und gäbe.
    „Um Zeit zu sparen“, sagte ich, „erzähl du mir doch einfach, was du schon weißt.“ Ich hatte ja alle Hände voll zu tun, musste Leute befragen, Dämonen töten. Mein brandneues Leben eben.
    „Einigen Engeln wurde die Aufgabe erteilt, über die Menschen zu wachen“, begann Megan. „Man nannte sie die Wächter. Doch sie waren von einem leidenschaftlichen Verlangen nach den Menschen erfüllt, und zur Strafe verbannte Gott sie. Ihre Nachkommen bezeichnete man als Nephilim.“
    „Manche behaupten, sie seien Riesen gewesen“, fuhr ich fort, als sie innehielt. „Sie verschlangen Menschen und Tiere, tranken deren Blut. Ihre Kräfte waren ganz gewaltig. Sie konnten fliegen und ihre Gestalt verändern.“
    Megan machte große Augen, und ihr Mund blieb vor Überraschung offen stehen. „Willst du damit etwa sagen …“
    „Vampire. Werwölfe. Düstere, böse, unheimliche Kreaturen. Die Legenden von Monstern, die es in allen Kulturen und zu allen Zeiten gegeben
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