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Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Titel: Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)
Autoren: Lori Handeland
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darauf zu, wenn mir auch – abgesehen von dem Türkis – gerade die Waffen ausgegangen waren. Aber viel würde der Stein gegen die Knarre in Megans Hand ohnehin nicht ausrichten.
    Trotz ihrer zierlichen Gestalt war Megan stark, wahrscheinlich kam es daher, dass sie drei Kinder durch die Gegend schleppen musste – erst in ihrem Bauch und dann auf dem Arm –, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass sie eine alleinerziehende Mutter mit einem florierenden Geschäft war. Viel Schlaf bekam sie nicht, oft vergaß sie sogar zu essen; trotzdem glänzte ihre blasse Haut in der Sonne wie Speck in der Pfanne und sah genauso gesund aus wie das dicke rot gelockte Haar und die dunkelblauen Augen.
    Sie war so niedlich wie ein Knöpfchen – oder wie irgendwelche anderen Dinge, die als Vergleich herhalten mussten, Hündchen und Kätzchen. Megan wurde jedes Mal fuchsteufelswild, denn sie wollte elegant und stilvoll wirken. Aber man kann sich das nicht immer aussuchen. Ich zum Beispiel war groß, dunkelhaarig und anders als alle anderen, obwohl ich doch immer nur so wie alle anderen sein wollte.
    Eigentlich hätte Megans hinreißendes Aussehen, ihr Mädchen-von-nebenan-Charme ausgereicht, um sie auf meine schwarze Liste zu setzen, wenn sie nicht den gleichen trockenen und sarkastischen Humor hätte wie ich und es ihr außerdem vollkommen egal war, wie sie aussah oder welche Wirkung sie auf andere hatte. Wichtig waren ihr nur die Kinder, die Bar und ich. Diese Verrückte.
    Sie senkte den Gewehrlauf und warf mir einen kurzen, unverständlichen Blick zu, dann schenkte sie sich ein Gläschen Jameson ein und kippte es wie Wasser.
    Ich atmete auf, erleichtert, dass Megan noch am Leben war und hier im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte vor mir stand. Offenbar hatte die Frau aus Rauch die Kraft, jemanden mittels eines einzigen Blickes ins Land der Träume zu befördern. Aber töten konnte sie auf diese Weise nicht. Seit Wochen war das die erste gute Nachricht. Ich fragte mich, warum sie es nicht bei mir ausprobiert hatte.
    Ohne die Stimme zu erheben sagte Megan: „Du setzt dich jetzt hierhin und erzählst mir, was zum Teufel das war.“
    Ich zögerte. Das würde doch eine Riesenpanik auslösen, wenn die ganze Welt erführe, dass der Jüngste Tag kurz bevorstand. Aber ich wusste nicht, wie ich mich aus der Affäre ziehen sollte, ohne Megan irgendetwas zu verraten. Es sei denn, ich würde jetzt einfach die Flucht ergreifen und nie wieder zurückkehren. Wahrscheinlich eine gute Wahl, wenn man bedachte, dass meine Anwesenheit Megan beinahe das Leben gekostet hatte.
    „Ja, ja“, sagte Megan. „Du bleibst schön hier.“
    Sie war verdammt gerissen. Ihrer drei Kinder wegen hatte sie diesen außergewöhnlichen Spürsinn, wie ihn nur Mütter haben. Ein kurzes Flackern in den Augen, ein Zucken der Schultern, und Megan wusste ganz genau, was ich vorhatte.
    „Und bilde dir bloß nicht ein, du könntest hier ähnlich verschwinden wie deine Freundin.“ Megan hielt inne und runzelte die Stirn. „Kannst du so verschwinden?“
    Ich öffnete den Mund, nur um ihn gleich wieder zu schließen. Gab klein bei. „Nein. Kann ich nicht.“
    Verblüfft zog sie die Brauen in die Höhe. Sie war ebenso überrascht wie ich, dass ich gerade zugegeben hatte, dass sich die Frau aus Rauch mit einem Puff in Wohlgefallen aufgelöst hatte.
    „Was kannst du denn dann?“, fragte sie. „Abgesehen von deiner Fähigkeit Menschen aufzuspüren oder anhand einer einzigen Berührung zu sagen, was sie getan oder wen oder was sie versteckt haben.“
    „Ich muss sie nicht immer berühren“, murmelte ich. Manchmal reichte auch ein Gegenstand, der ihnen gehörte. So hatte ich Jimmy das letzte Mal ausfindig gemacht. Leider hatte Sanducci mir dieses Mal nichts hinterlassen, was ich hätte liebkosen können.
    „Ich … ähm … Scheiße.“ Ich ging zur Tür und drehte das Schild von Geöffnet auf Geschlossen und verriegelte von innen. „Schenk mir auch mal einen ein.“ Mit dem Finger zeigte ich auf die Whiskeyflasche, dann sammelte ich sowohl mein Kruzifix als auch das Amulett der Frau vom Boden auf und stopfte es mir in die Hosentasche.
    Nachdem ich ein paar Scherben vom Barhocker gewischt hatte, setzte ich mich. Mit einem Ruck riss Megan mein Messer aus der Wand. Wortlos schob sie mir die silbern glänzende Waffe über den Tresen zu. Ich verstaute das Ding dort, wo es hingehörte, und rückte, so gut es ging, meine Kleider wieder gerade. Aber da ich zu viele Knöpfe
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