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Die Phoenix Chroniken: Fluch (German Edition)

Die Phoenix Chroniken: Fluch (German Edition)

Titel: Die Phoenix Chroniken: Fluch (German Edition)
Autoren: Lori Handeland
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ein paar Minuten alleine«, sagte ich. Ich hatte nämlich nicht vor, meinen ersten Toten vor Publikum zu erwecken.
    Summer sah zu Luther hinüber, der ins Wohnzimmer gegangen war, wo er auf einem sandfarbenen Ledersofa saß und so tat, als würde er sich MTV Cribs ansehen. »Ich beweg mich nicht.«
    »Das habe ich nicht gemeint.« Ich wandte mich an Summer. »Kannst du mir mein Zimmer zeigen?«
    »Du willst hier übernachten?«
    »Ruthie hat gesagt, ich soll.« Das stimmte zwar nicht, aber das wusste Summer ja nicht.
    »Also davon hat sie mir nichts gesagt«, maulte Summer. Dann stapfte sie, so laut es mit nackten Füßen eben ging, einen Flur entlang, der zur Rückseite des Hauses führte. Während wir gingen, wurde der Gang vor uns länger und länger, und zu beiden Seiten tauchten immer neue Türen auf.
    Ich hatte das schon früher beobachtet. Mit einem Augenzwinkern konnte sie ein Landhaus in eine Burg verwandeln. Sie konnte auch Zimmer und Flure hinzufügen, ohne nur einen Finger zu rühren.
    Wir bogen in einen weiteren langen Gang ein, wo sie stehen blieb und eine Tür auf der rechten Seite aufstieß. Das Zimmer sah wie eine Gefängniszelle aus.
    Ich nahm an, dass Summers Vorstellungskraft auch für die Deko zuständig war. Das erklärte jedenfalls die kalten, grauen Wände und das Feldbett aus Metall mit der superdünnen, fleckigen Matratze und einer armeegrünen Decke, die so weich wie ein AKO -Pad aussah.
    »Danke.« Ich konnte nicht verhindern, dass eine Spur Sarkasmus in meiner Stimme lag.
    Sie grinste hämisch und wandte sich ab. Ich ging ins Zimmer, das eine unangenehme Kälte ausstrahlte, und schloss die Tür. Dann streckte ich die Hand nach einem nicht vorhandenen Türschloss aus.
    »Schloss«, rief ich, und im nächsten Augenblick tauchte eines auf.
    Summer konnte die Tür zweifelsfrei ebenso leicht öffnen. Aber gut, das hier würde nicht lange dauern. Jedenfalls hatte es bei Mait nicht lange gedauert.
    Nachdem ich seine Kräfte aufgenommen hatte, fühlte ich mich nicht anders als vorher. Gut, ich konnte die Hand ausstrecken und Dinge zu mir kommen lassen, aber ich fühlte mich dabei nicht auf irgendeine mystische, geisterbeschwörende Weise stärker. Hätte das nicht anders sein müssen?
    Was, wenn sie nur eine Erfindung war  – die Fähigkeit, Tote aufzuerwecken? Ich hatte Mait lediglich in einem Traum dabei gesehen. Sicher, Ruthie hatte seine Gabe bestätigt, aber Ruthie konnte auch nicht immer und in allem recht haben, oder? Hatte ich meine Seele denn für nichts aufs Spiel gesetzt?
    Ich drohte, panisch zu werden, und da Panik niemandem half, atmete ich tief ein, schloss die Augen und versuchte, mich zu beruhigen. Allein das vertraute, meditative Ritual aktivierte die Fähigkeiten, die ich in meiner Ausbildung erlernt hatte. Mein Geist öffnete sich. Ich streckte mich der Kraft entgegen  – und sie gehörte mir. Energie durchströmte mich und mit ihr das Wissen. Mit einem Mal wusste ich nämlich ganz genau, was ich zu tun hatte  – und wie.
    So einfach war das. Was für eine Kraft! Ich konnte alle wiedererwecken, die wir verloren hatten. Ruthie, Xander. Was sollte mich aufhalten? Wer könnte mich überhaupt aufhalten? Wer würde es wagen?
    Ich versetzte mir selbst eine Ohrfeige. Das Brennen holte mich wieder zurück.
    »Konzentrier dich«, sagte ich. »Du brauchst das hier für Sawyer, und zwar nur für Sawyer.«
    Und wenn es funktionierte?
    Ich schob den verlockenden Gedanken beiseite und tat, wofür ich so viel geopfert hatte.
    Mait hatte die Gräber berührt, aber das lag daran, dass er diejenigen, die er erweckt hatte, nicht kannte. Ich kannte Sawyer  – wahrscheinlich kannte ich ihn besser als irgendjemand sonst. Alles, was ich tun musste, war, an ihn zu denken und ihn nach Hause zu rufen.
    »Komm zurück«, flüsterte ich, und dann wartete ich.
    Auf seine Berührung, seine Stimme, seinen Geruch. Nichts geschah.
    Ich versuchte es erneut. Öffnen, entgegenstrecken, bitten. »Bitte komm zu mir zurück.«
    Ich blieb allein in dem leeren Zimmer.
    Doch ich tat das Richtige, das war sicher. Im Unterschied zu der Zeit, als ich versucht hatte, seinen Geist zu beschwören  – mithilfe eines Zaubers, der mit Magie funktionierte und deshalb allzu leicht durch ein falsches Fingerzucken oder ein falsches Wort verdorben werden konnte  –, war die Macht, die Toten auferstehen zu lassen, ein Teil von mir. Ich konnte die Fähigkeit, Sawyer von den Toten wieder unter die Lebenden zu holen, in
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