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Die Pforte

Die Pforte

Titel: Die Pforte
Autoren: Patrick Lee
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aufrecht da, das rechte Bein angewinkelt und an die Brust gezogen, weniger als einen halben Meter vor dem Mann. Er wich reflexhaft zurück, machte mit dem einen Bein einen Schritt nach hinten, während das andere mit durchgedrücktem Knie an Ort und Stelle verharrte. Perfekt.
    Paige rammte ihren Fuß mit voller Wucht gegen sein Knie. Hörte es knacken. Sah, wie das Bein sich nach hinten, gegen die von der Natur vorgesehene Richtung, durchbog. Der Mann brüllte auf und stürzte zu Boden, ohne jedoch sein Gewehr loszulassen, das er direkt auf ihr Gesicht richtete.
    Sie schloss die Augen, und gleich darauf hallte der Raum wider von infernalischem M G-Feuer .
    Eigentlich hätte sie jetzt sterben müssen. Doch sie hörte, wie Körper zu Boden sackten; fragte sich, warum sie überhaupt noch etwas hören, geschweige denn denken konnte, wo doch ihr Kopf schon längst hätte zerschmettert sein müssen.
    Die Schüsse verstummten.
    Sie öffnete die Augen.
    Die drei Bewacher waren tot. Und ein Stück weiter weg sah sie ein Gewehr in der Luft schweben.

43
    Travis wusste nicht zu sagen, ob sie ihn eher vor Freude oder vor Zorn so fest umarmte, dass ihm fast die Luft wegblieb. Über ihre Schulter hinweg sah er, wie die anderen den Seitenschneider unter sich weiterreichten und wie die Befreiten ihre nahezu abgestorbenen Hände bewegten, um die Durchblutung wieder anzuregen.
    Auf dem Tisch neben ihm lag der Rucksack, den er unter dem Anzug getragen hatte, daneben das Oberteil des Anzugs, das er gerade ausgezogen hatte.
    Schließlich ließ Paige ihn los und sah ihm streng in die Augen. Dann erst fand sie ihre Stimme wieder. «Mensch liche Körper zu verdoppeln verstößt gegen die Vorschriften, weißt du.»
    «Mal schön langsam», sagte er. «Ich bin neu hier.»
    Er schaute zu seinem Leichnam auf dem Boden. Himmel, was für ein Anblick.
    Hinter Paige hatten sich nun alle Überlebenden vonihren Fesseln befreit. Einige schauten Travis an, die meisten aber behielten ängstlich die offene Tür im Auge.
    Travis wandte sich zu dem Rucksack um, öffnete ihn und holte den Verdoppler heraus. «Also, für den Fall, dass hier noch jemand auftauchen sollte, könnt ihr euch mit ausreichend Gewehren versorgen. Aber ich glaube, die Letzten sind jetzt alle an den bombensicheren Türen auf B42 beschäftigt.»
    Er griff wieder nach dem Oberteil des Anzugs. «Um die werde ich mich jetzt kümmern.»
    Paige hätte ihn gerne begleitet, das war ihr anzusehen, aus dem reflexhaften Impuls heraus, sich anstelle anderer in Gefahr zu begeben oder die Gefahr zumindest zu teilen. Doch es war klar, dass er den Vorteil des Anzugs nur nutzen konnte, wenn er allein ging.
    Also nickte sie bloß. «Sie dürften sich auf einer Wartungsplattform im Aufzugschacht befinden, die von der Etage darüber heruntergelassen worden ist. Anders gelangt man nicht an diese Türen.»
    Er küsste sie und streifte sich dann das Anzugoberteil über.
    Es war merkwürdig, mit anzusehen, wie ihre Augen ihn verloren. Sie schaute weiter zu der Stelle, wo sich gerade noch sein Gesicht befunden hatte.
    Er wandte sich zu den drei Bewachern um, die er soeben erschossen hatte. Zwei von ihnen trugen zusätzlich zu den Gewehren, mit denen sie ausgerüstet waren, noch Pistolen am Gürtel. Der Vorteil einer Pistole, die ihrer Größe wegen unter dem Anzug verborgen werden konnte, lag auf der Hand. Selbst ein Trupp schwerbewaffneter Männer konnte auf die Weise ausgeschaltet werden, das hatte er ja in Alaska selbst miterlebt. Jetzt aber hattesich das Blatt gewendet. Diesmal trug er den Anzug, um es mit dem Flüstern aufzunehmen. Er müsste nur aufpassen, dass Pilgrim keine Gelegenheit bekam, es aus seinem Behälter zu nehmen, denn dann würde ihm der Anzug rein gar nichts mehr nützen. Das hatte schon der letzte Träger schmerzlich erfahren müssen.
    Doch eigentlich rechnete er nicht damit, dass es so enden würde. So simpel würde das nicht laufen. Nicht nach alldem. Nicht nach der Botschaft, die er auf Ellis Cooks Gemälde gelesen hatte.
    Egal, welches Schicksal das Flüstern für ihn – und die Welt insgesamt – vorgezeichnet haben mochte, er hatte sich inzwischen damit abgefunden. Weil es nun einmal unausweichlich war. Also packte er den Stier am besten bei den Hörnern, nur so würde er erfahren, worin zum Teufel dieses Schicksal bestand.
    Er nahm die Pistole des einen Bewachers, eine .45er, an sich, dazu die beiden Ersatzmagazine, die der Mann bei sich hatte, und machte sich auf den Weg zur
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