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Die Pest zu London

Die Pest zu London

Titel: Die Pest zu London
Autoren: Daniel Defoe
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und zu entgiften und brannte Riechwerk, Weihrauch, Harz oder 307

    Schwefel bei geschlossenen Fenstern ab und entfachte dann eine Pulverexplosion, damit der Windzug alles hinauswehe; andere ließen mehrere Tage und Nächte lang ununterbrochen große Feuer brennen; einige besorgten das so gründlich, daß dabei die Häuser Feuer fingen, und das war freilich eine wirksame Desinfektion, sie bis auf den Grund abzubrennen; so kam es einmal in Ratcliff vor, einmal in Holborn und einmal in Westminster, neben zweien oder dreien, die ebenfalls in Brand gerieten, aber glücklicherweise noch gelöscht werden konnten, bevor das Feuer so stark wurde, daß die Häuser verloren gewesen wären; und irgendwo, ich glaube es war in der Themse Straße, nahm ein Diener so viel Pulver, um das Haus seines Herrn von der Seuche zu reinigen, und er handhabte es so ungeschickt, daß er zum Teil das Dach hochgehen ließ. Aber noch war die Zeit eben nicht gekommen, in der die Stadt durch Feuer gereinigt werden sollte, sie war allerdings auch nicht fern; denn nur neun Monate danach sah ich alles in Asche liegen; und dann erst, so behaupten einige unserer Quack-Philosophen, seien die Keime der Pest endgültig zerstört worden, nicht aber vorher; ein Gedanke, der zu lächerlich ist, um ihn hier zu erörtern; denn wären die Keime der Pest immer noch in den Häusern und nur durch Feuer zerstörbar gewesen, wie kam es dann, daß die Pest nicht später wiederum ausgebrochen ist, da doch all die Häuser in den Vororten und der Stadtfreiheit, in den großen Pfarren Stepney, Whitechapel, Aldgate, Bishopsgate, Shoreditch, Cripplegate und St. Giles, wo das Feuer nicht hindrang und wo die Pest mit der äußersten Heftigkeit gewütet hatte, immer noch so stehen wie sie vordem immer gestanden hatten?
    Aber um mich mit diesen Dingen nicht weiter aufzuhalten, sicher ist, daß jene Leute, denen mit mehr als gewöhnlicher Vorsicht um ihre Gesundheit zu tun war, sich besondere Anleitungen geben ließen, um ihre Häuser, wie sie es nannten, zu »würzen«, und Unmengen kostspieliger Dinge wurden aus 308

    diesem Grunde verbrannt, und ich muß sagen, sie würzten nicht nur die Häuser derer, die das wünschten, sondern erfüllten die ganze Luft mit sehr angenehmen und herzhaften Düften, deren andere sich teilnehmend ebenso erfreuen konnten wie die, die die Kosten dafür trugen.
    Obwohl die Armen mit großer Überstürzung wieder in die Stadt zurückkehrten, wie ich schon sagte, so hatten es die Reichen, trotz alledem freilich nicht so eilig. Zwar kamen die Geschäftsleute herein, aber viele von ihnen brachten ihre Familien vor dem Frühjahr noch nicht wieder in die Stadt, bis sie dann sahen, daß ein Wiederaufleben der Pest mit Verläß-
    lichkeit nicht mehr zu befürchten war.
    Der Hof allerdings kam bald nach Weihnachten wieder herein, aber der Adel, außer wenn einer bei der Verwaltung eine unabkömmliche Stelle hatte, kam nicht so schnell.
    Ich sollte hier noch vermerken, daß ungeachtet der Heftigkeit, mit der die Pest in London und anderswo wütete, es dennoch auffällig zu beobachten war, daß sie niemals an Bord der Flotte gelangte; und doch hatte man merkwürdigerweise die Anheuerung von Matrosen forcieren müssen, sowohl am Fluß wie auch auf den Straßen, um die Flotte zu bemannen.
    Aber das war am Anfang des Jahres, als die Pest noch kaum begonnen hatte und noch keineswegs bis in die Gegend der Stadt gedrungen war, wo man gewöhnlich auf Anheuerung ausgeht; und obwohl der Krieg mit Holland den Leuten damals überhaupt nicht zupaß kam und viele sich beschwerten, sie seien mit Gewalt in ihn hineingezerrt worden, so erwies sich dies trotzdem am Ende für viele von ihnen als ein glücklicher Fall von Gewalt: Wahrscheinlich wären sie in der allgemeinen Katastrophe mit zugrunde gegangen, so aber hatten sie, nachdem der Sommerdienst vorbei war, zwar Anlaß, das traurige Los ihrer Familie zu beweinen – denn viele ihrer Angehörigen waren, als sie zurückkamen, im Grab – aber sie konnten nur dankbar sein, daß sie der Reichweite des Unheils, wenn auch 309

    sehr gegen ihren Willen, entzogen worden waren. Wir hatten in der Tat einen hitzigen Krieg mit den Holländern in dem Jahr, und es kam zu einem sehr schweren Seegefecht, in welchem die Holländer den kürzeren zogen, aber wir verloren viele Männer und einige Schiffe. Jedoch die Pest kam nicht auf die Flotte, wie ich schon bemerkte, und als sie mit ihren Schiffen im Fluß vor Anker gingen, ließ die
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