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Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323
Autoren: Elfriede Fuchs
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bezahlen“, sagte die Stimme eines Mannes,
gedämpft und vom Rauschen des Wildbachs halb übertönt.
    „Du musst vorsichtiger sein mit dem, was du sagst.“ Eine
weibliche Stimme. „Wir können niemandem trauen.“
    Die Frau war nun ganz in der Nähe. Paruschjati konnte durch
das Gebüsch die Beine ihres Pferdes sehen, ihr mit einer goldenen Borte
gesäumtes Gewand und den Jagdbogen, der an der Satteldecke befestigt war.
    „Vorsicht?“ Wieder der Mann. „Er weiß, dass ich eines Tages
Vergeltung üben werde für das, was er getan hat. Aber er braucht mich.“
    „Noch“, erwiderte die Frau. Ihre Hand tastete nach dem
Bogen, und da erkannte Paruschjati sie. Und auch den Mann. Warum nur ritten die
beiden ganz allein durch den Wald? Wo war ihr Gefolge, das sie sonst auf
Schritt und Tritt begleitete?
    Damaspia fuhr fort: „Die Befehlshaber des Heeres und die
Kschatrapavan lieben ihn nicht, aber sie gehorchen ihm – weil sie ihn fürchten!
Und je länger sie ihn dulden, umso größer wird seine Macht. Bald braucht er
dich nicht mehr.“
    Wenn sie jetzt aus ihrem Versteck kam, überlegte
Paruschjati, würde sie Ärger bekommen, und Rimna noch mehr. Also blieb sie
besser, wo sie war. Ärger würde es wahrscheinlich in jedem Fall geben …
    „Bagauva ist nur ein Eunuch“, erwiderte Arescha.
    Als Paruschjati den Namen hörte, wurde sie starr vor Angst.
Mit einem Schlag erfasste sie die Bedeutung des Gesprächs, dessen Zeuge sie
wurde.
    „Er stammt nicht aus dem Haus des Hachamanisch“, fuhr
Arescha fort, „auch aus keiner anderen der großen Familien des Reichs. Er ist
nicht einmal ein Parsa, nur ein Eunuch von fremder Herkunft und niedriger
Geburt. Bagauva kann niemals selbst Großkönig werden. Er wird immer jemanden
brauchen, in dessen Namen er herrscht. Und weil er alle meine Brüder ermordet
hat, gibt es niemanden mehr, durch den er mich ersetzen kann. Die Befehlshaber
des Heeres und die Kschatrapavan dulden ihn, weil sie hoffen, dass er das Reich
zusammenhält. Sie denken, ich bin zu jung dazu, doch ich werde ihnen beweisen,
dass ich ein würdiger Großkönig bin und nicht Bagauvas Spielzeug. Ich werde sie
auf meine Seite ziehen, einen nach dem anderen. Alles, was ich brauche, ist
Zeit.“
    Damaspias Hand tätschelte den Hals ihres Pferdes, das
unruhig wurde. „Zeit wird Bagauva dir nicht geben. Sobald du dich gegen ihn
stellst, wird er dich vernichten. Nachkommen früherer Großkönige leben überall
im Reich verstreut. Es wird sich immer einer finden, der sich von Bagauva
bereitwillig auf den Thron setzen lässt. Entweder du verhältst dich ruhig und
hoffst, dass er dich weiterhin verschont. Oder du vernichtest ihn, und zwar
jetzt und sofort. Eine andere Wahl hast du nicht.“
    „Es ist zu früh, um etwas zu unternehmen. Ich brauche noch
Zeit.“ Arescha stieß seinem Pferd die Fersen in die Flanken und sprengte davon,
und seine Mutter folgte ihm.
    Nicht lange danach brachte Areschas Frau ihr zweites Kind
zur Welt, wieder einen Sohn, und Frataguna heiratete Vidarna, wohl zur
Belohnung dafür, dass er sie und ihre Familie in jener Nacht gerettet hatte.
Frataguna verließ den Hof und folgte ihrem Mann in den Westen, wo sein Vater
irgendwo Kschatrapavan war. Paruschjati beneidete ihre Schwester, nicht nur,
weil sie nun in Sicherheit war, sondern auch wegen Vidarna. Oft musste sie
daran denken, wie er in der Tür gestanden, sich über den Schnurrbart gestrichen
und gesagt hatte, sie seien in Sicherheit. Sie konnte es gar nicht erwarten,
dass sie selbst alt genug sein würde, um zu heiraten. Denn dann würde ihr Mann
sie aus dem Palast fortbringen, und sie würde ebenfalls in Sicherheit sein.
    „Und? Wie sind die Vorzeichen ausgefallen?“, erkundigte sich
Paruschjati.
    „Außerordentlich günstig. Die Götter verfolgen das Vorhaben
des Königs mit Wohlwollen und lassen huldvoll ihren Segen auf Heer und Flotte
ruhen“, verkündete Frataguna salbungsvoll. Dann brachen die beiden Schwestern
in Gelächter aus.
    Für die Damen des Hofs waren Plätze auf der Kaimauer
freigehalten worden, nicht weit vom Thron des Königs. Allerdings waren außer
Paruschjati und ihrem Gefolge nicht viele erschienen. Sie blickten hinaus auf
die Fluten des Euphrats, der sich in sanftem Bogen durch das Stadtgebiet zog.
Von ihrem Platz aus würden sie einen hervorragenden Blick auf den Zieleinlauf
haben. Inzwischen war es früher Abend, die Tageshitze hatte bereits
nachgelassen, sodass es unter dem Sonnendach, das Aspamithra hatte
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