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Die Pension am Deich: Frauenroman

Die Pension am Deich: Frauenroman

Titel: Die Pension am Deich: Frauenroman
Autoren: Sigrid Hunold-Reime
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an. Sie kann erkennen, wie viel Überwindung ihm das Geständnis kostet.
    »Ich hatte eine Scheißangst vor deiner Antwort. Ich hätte Konsequenzen ziehen müssen. Konsequenzen, die – die ich nicht ziehen wollte.«
    »Du meinst, du wärst mit mir zusammen geblieben, wenn Erik herausgefunden hätte, dass ich wirklich in einem Bordell arbeite?«
    Monika starrt Frank ungläubig an.
    »Nein. Doch. Ach, ich weiß nicht. Ehrlich, ich weiß es nicht. Ich wollte Zeit gewinnen. Erst einmal in Ruhe eine Lösung suchen. Aber das Wichtigste: ich wollte dich nicht verlieren.«
    Monika sieht ihn ernst an.
    »Das wäre fast so richtig schief gegangen.«
    »Das ist mir jetzt auch klar.«
    Frank umschließt ihre Hand fester.
    Monika antwortet nicht. Sie sieht ihn nur an und erwidert seinen suchenden Blick. Versinkt in seine Augen, die ihr so vertraut sind. Umrahmt von vielen kleinen Fältchen. Sie hat das Gefühl, sie kennt jedes einzelne. Das ist ihr Mann. Sie nickt ihm langsam zu und denkt: Das ist dir klar. Wirklich? Nein, das ist es nicht. Und das ist auch gut so. Völlig unnötig, dir jetzt noch zu beichten, wohin sich meine Gefühle verirrt hatten. Dass für eine kurze Zeit unser gemeinsames Leben in Gefahr war. In großer Gefahr. Ich habe mich fast verlaufen. Ich war schon sehr weit entfernt und ich weiß nicht, ob ich zurückgefunden hätte. Aber nun. Nun ist das nicht mehr wichtig. Ich habe in den letzten Stunden gespürt, wie viel du mir bedeutest. Ich will dich nicht verlieren. Ich liebe dich. Das ist die einzige Wahrheit, die jetzt noch von Bedeutung ist.
    Monika beugt sich zu ihm herunter und haucht ihm einen Kuss auf den Mund. Bevor sie das Zimmer verlässt, lächelt sie ihm noch einmal zu.

Kapitel 22
     
     
    Anne
     
    Anne zieht sich mitten im Zimmer aus. Ihre Kleidungsstücke lässt sie dabei achtlos auf den Boden gleiten. Im Badezimmer schlüpft sie in ihren Pyjama und putzt sich nur nachlässig die Zähne. Dabei gönnt sie sich im Spiegel keinen Blick. Gerötete Augen und eine überdimensionale Nase könnten ihr womöglich die gute Laune verderben. Sie stellt sich mit einem Glas Wasser in der Hand an das breite Zimmerfenster. Sie fühlt sich wie berauscht. Als hätte sie gerade die letzten Zeilen eines Manuskriptes geschrieben und kann es zur Seite legen, sich wieder für das nächste öffnen.
    Das nächtliche Intermezzo in der Frühstückspension ist glimpflich ausgegangen. Mehr noch. Es besteht eine Chance auf ein Happyend. Monika hat auf der Rückfahrt Zuversicht ausgestrahlt. Nicht euphorisch überdreht. Sie war still und deshalb überzeugend. Die Hoffnung für ihre Zukunft passt zu der einsetzenden Morgendämmerung. Man kann im wahrsten Sinne des Wortes einen Silberstreifen am Horizont erkennen. Anne lächelt zufrieden und verfällt übergangslos in ein herzhaftes Gähnen. Sie trinkt das Wasser und verwirft die Idee, den Sonnenaufgang weiter zu beobachten. Schlafen. Erst einmal schlafen. Sie rekelt sich behaglich in dem Bett zurecht. Die Übermüdung wirkt wie ein angenehmer Schwips. Sie muss ohne Grund lachen. Dabei spürt sie, wie sie in die erste Schlafphase fällt. Ein penetrant schriller Klingelton unterbricht ihr wohliges Wegsacken. Anne sitzt kerzengerade mit wild klopfendem Herzen im Bett und versucht, das Geräusch zu orten. Es klingelt wieder und wieder, bis Anne endlich den Zusammenhang begreift. Das Telefon in ihrem Zimmer klingelt. Der nächste Gedanke: Lisette! Nur Lisette hat ihre Durchwahlnummer. Anne springt so schnell auf, dass ihr schwindelig wird. Sie muss sich an der Sessellehne festhalten. Mit der anderen Hand hangelt sie schon nach dem Hörer.
    »Lisette?«, keucht sie atemlos.
    »Nein, ich bin’s.«
    Anne hält den Hörer von sich weg und starrt ihn entgeistert an. »Hallo, Anne! Hörst du mich? Ich bin’s!«, hört sie die vertraute Stimme rufen.
    Ja, ich höre dich, denkt Anne. Und ich weiß auch, wer du bist.
    »Kees-Jan, bist du das?«
    »Ja, lebend. Was man so lebend nennt.« Er lacht unfroh.
    Anne lässt sich in den Sessel fallen. Kees-Jan ist dafür bekannt, sie zu den unmöglichsten Zeiten anzurufen. Das ist es nicht, was sie verwirrt. Aber seine Stimme klingt anders. In ihr schwingt eine verhaltene Traurigkeit. Und er hat sie noch nie woanders als zu Hause angerufen. Woher hat er eigentlich diese Telefonnummer? Von Lisette? Natürlich, nur ihre Tochter kennt sie. Anne ist schlagartig hellwach. »Ist etwas mit Lisette?«
    »Nein, keine Sorge. Sie ist okay. Ich bin das
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