Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Titel: Die Pelzhändlerin (1. Teil)
Autoren: Ines Thorn
Vom Netzwerk:
was Euch möglich ist.»
    «Sie hat uns die Kunden genommen», klagte die Geithin weiter. Wachsmuth zuckte mit den Achseln.
    «Die Kunden haben sich ihre Meister schon immer selbst herausgesucht. Die Schierin hat für die Zunft nur Gutes gebracht. Auch Kaufleute aus anderen Städten erledigen ihre Einkäufe in Frankfurt. Nicht nur bei der Schierin.»
    «Und uns hat sie das Kroppzeug aus der Neustadt überlassen. Umhänge aus Schaffell fertigen wir. Noch immer stehen wir heute dort, wo die Schierin vor Jahren angefangen hat.»
    «Das ist allein Eure Sache, Geithin. Es steht Euch frei, auch mit anderen, besseren Kunden Geschäfte zu machen.»
    Damit beendete der Zunftmeister Wachsmuth das Gespräch und schickte die keifende Geithin zurück nach Hause.
    Doch nicht alle waren ihrer Meinung. Einige waren von der Idee einer Modevorführung auch begeistert. «Endlich nicht mehr die Katze im Sack kaufen, sondern vorher schon sehen, wie das eigene Kleid am Ende aussehen wird.»
    Die adelige Frau des Zunftmeisters Harms war die Anführerin dieses Lagers, unterstützt von der Willmerin: «Schon immer war es unsere Sibylla, die mit ihrem Einfallsreichtum dafür gesorgt hat, dass wir ebenso vornehm gekleidet waren und gewohnt haben wie die Italienerinnen. Und nun eine öffentliche Vorführung der Kleider und Pelze. Wie lange haben wir darauf schon gewartet! Dankbar können wir ihr sein, dass sie uns damit die Gelegenheit gibt, in Ruhe zu wählen und auf den teuren Kauf von Musterbüchern verzichten zu können.»
    Doch diese Stimmen waren in der Unterzahl, und so blieb es unsicher, wie das Fest verlaufen würde.
    Sibylla wusste um die Bedeutsamkeit ihrer geplanten Aufführung. Sie war ein gewagtes Spiel eingegangen. Ein Spiel, bei dem sie alles verlieren könnte.
    Wenn es der Geithin gelang, die Frankfurter davon abzuhalten, ihre Einladung anzunehmen, so war sie auch vor ihren Kunden bis auf die Knochen bloßgestellt. Wenn niemand zur ihrer Vorführung kam, so bedeutete das für ihr Unternehmen das Schlimmste. Wenn die Frankfurter sie mieden, so würde ihr auch kein Jakob Fugger mehr helfen können. Wenn, wenn, wenn …
    Doch Sibylla hatte sich auf diese Zerreißprobe eingelassen. Nicht, weil es ihr auf noch mehr Geld und Ruhm ging. Nein, diese Dinge hatten vor langer Zeit schon ihren Reiz für sie verloren.
    Sibylla ging es einzig und allein darum, zu zeigen, dass sie alles andere als hartherzig und mürrisch war. Unter Beweis stellen wollte sie ihre Fröhlichkeit und Freigebigkeit. Sehen sollten die Leute, dass es ihr gut ging. Gut an Leib, Seele und Geldbeutel. Ihre Neider sollten keinen Anlass zum Triumph haben und ihre guten Kunden keinen Anlass, sie zu meiden.
    Diesmal ging es Sibylla nicht ums Geschäft. Diesmal ging es nur um sie – als Person, als Frau.
    Erzwingen wollte sie die Aufmerksamkeit und richtig stellen, was über sie erzählt worden war. Nein, sie war nicht hartherzig. Oder doch, das war sie. Aber mehr noch als alles andere war sie müde. Des Geschäfts, der Sorgen und Anstrengungen, ihres ganzen Lebens müde. Einmal noch, bei diesem Fest, würde sie es allen zeigen. Einmal noch würden die Frankfurter sie in aller Pracht und allem Glanz sehen.
    Und dann ist Schluss, nahm sie sich vor. Dann habe ich genug getan. Christoph ist dreizehn Jahre alt. Sobald er seinen Gesellenbrief hat, werde ich ihn bei der Zunft zur Meisterprüfung anmelden. Die Zeit der Wanderschaft soll er sich sparen. Er wird hier gebraucht. Susanne ist unter der Haube. Für Eva muss ich noch sorgen. Sie ist erst acht. Dann habe ich meine Aufgabe auf dieser Erde erfüllt.
    Dieses Fest, diese Vorführung soll der Schlusspunkt sein. Dann ziehe ich mich zurück. Ich werde mich nicht länger um neue Aufträge bekümmern. Die Kürschnerei läuft hervorragend ohne mich. Es reicht aus, wenn ich hin und wieder die Arbeiten kontrolliere und mich ansonsten nur noch den Kontorbüchern widme. Auch die Einrichterei braucht mich nicht mehr. Katharina hat sich gut gemacht in den letzten Jahren. Sie wird nach dem Fest auch die großen Kunden betreuen. Sobald Eva zwölf Jahre alt ist, wird Katharina sie ausbilden. Die Werkstatt werde ich ihr jedoch schon sehr bald überschreiben. Für die Schneiderei ist gesorgt. Maria und Susanne ergänzen sich gut, verstehen sich. Bald wird Susanne so viel wissen, wie sie braucht. Wenn ihr Mann seinen Meisterbrief erworben hat, werden wir die Werkstätten trennen. Die Gewandschneiderei wird Susanne und ihrem Mann gehören,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher