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Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Titel: Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman
Autoren: Bernhard Hennen
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zum Kohlenschuppen und von dort weiter zur Remise. Dutzende Male hatte sein Vater ihm dafür den Hosenboden stramm gezogen. Wenn Vater nur hier wäre! Er hätte keine Angst vor den Hunden aus den Bergen! Er würde sie einfach vertreiben.
    Wie André, der Schmied, war auch sein Vater ein Veteran aus den Heidenkriegen. Doch ihn hatten die Kämpfe nicht zu einem verschlossenen, zornigen Mann gemacht. Sein Vater hatte gern von den Schlachten erzählt, den langen Märschen und den dunklen Wäldern Drusnas. Luc stellte sich vor, wie Vater auf seinem großen Rappen Nachtwind in den Hof preschte, eine der beiden Radschlosspistolen aus den Sattelholstern zog, Grauauge vom Dach schoss, so als sei es eine Kleinigkeit, eine Pistole abzufeuern, und wie dann die übrigen Kläffer jaulend vom Hof flohen.

    Ach, käme sein Vater doch noch einmal, nur für eine einzige Stunde zurück, um ihm zu helfen. Luc würde dafür, dass er sich wieder einmal verbotenerweise auf den Dächern herumtrieb, auch die gewaltigste Tracht Prügel seines Lebens klaglos einstecken.
    Aus dem Lauf sprang der Junge auf das etwas höher gelegene Dach des Kohlenschuppens. Die grauen Schieferplatten krachten laut, und die morschen Balken stöhnten unter seinem Gewicht. Eine Platte war gerissen. Früher hätte ihn sein Vater dafür mit dem Gürtel durchgewalkt. Aber jetzt kümmerte das keinen mehr. Es war niemand mehr da, der sich über kaputte Dachpfannen aufregte. Außer vielleicht die Stinker … Wenn man sie ansah, mochte man meinen, sie seien tot. Als er noch kleiner gewesen war, hatte er den Schmied einmal in einem Misthaufen liegend gefunden. Das war nach dem Sommerfest gewesen. Er hatte gedacht, er sei tot, und seinen Vater gerufen. Der hatte nur gelacht, André war betrunken gewesen. So ähnlich musste es auch mit den Stinkern sein. Sie schliefen nur! Besonders fest … Vielleicht würden sie ja jetzt endlich aufwachen? Sie mussten das fremde Rudel vertreiben! Immer wieder hatte er versucht, die Stinker zu wecken. Ein Eimer Wasser wie bei André damals war nicht genug. Sie waren sehr dickköpfig … Er hatte keine Freunde unter ihnen.
    Ohne sich umzublicken, lief Luc die Dachschräge hoch. Der Kohlenschuppen lehnte an der Remise, in welcher der Graf Lannes seine Kutschen untergestellt hatte. Das Dach der Remise lag ein ganzes Stück höher als das des Kohlenschuppens. Mit klopfendem Herzen zog Luc sich an einem der vorspringenden Balken hoch. Kurz kauerte er rittlings auf dem Balkenende, das Sonne, Regen und Taubenkot grau gebeizt hatten, dann kroch er weiter hinauf. Die Remise war alt. Man
musste aufpassen, wenn man sich über die brüchigen Schindeln bewegte. Überall wuchsen dicke Moospolster.
    Jetzt endlich wagte Luc es, stehen zu bleiben und zurückzublicken. Grauauge hatte den Kohlenschuppen erreicht. Er stand am äußersten Ende. Seine Rute peitschte unruhig, er duckte sich ein wenig. Dann richtete er sich wieder auf. Überlegte das Mistviech etwa, auf das Dach der Remise zu springen?
    Luc kaute an seiner Unterlippe. Nein, das konnte nicht sein … Aber Grauauge war auch auf das Dach der Schmiede gekommen. Er war nicht wie andere Hunde. Er wollte ihn fressen. Bei dem Gedanken bekam Luc am ganzen Leib eine Gänsehaut. Ja, so war es. Grauauge wollte ihn fressen. Und er würde so schnell nicht aufgeben.
    Er musste diesen hageren Kläffer loswerden, sonst könnte er sich nirgends im Dorf mehr sicher fühlen.
    Luc machte sich nichts vor. Das Rudel würde bleiben, bis es nichts mehr für sie zu holen gab. Bis es niemanden mehr gab … Und Grauauge war ihr Anführer. Wenn er ihn loswürde, dann mochten die anderen Mordbeißer ihn vielleicht verschonen.
    Grauauge nahm Anlauf. Er landete mit den Vorderläufen auf dem Dach. Seine Pfoten kratzten über die Schindeln, die Augen hielten Luc gefangen. Ganz langsam glitt der hagere Jäger zurück, doch er wandte den Blick nicht ab. Er würde es wieder versuchen. Vielleicht würde er es beim nächsten Mal schaffen.
    »Mistviech!« Er hätte weglaufen sollen. Das Seil zur Honigkammer hochklettern. Stattdessen ging Luc auf den hageren Rüden zu. »Was willst du jetzt tun?«
    Grauauge hechelte. Sein Atem stank nach Aas. Luc war jetzt nur noch einen Schritt von ihm entfernt. Die Hinterläufe
des Köters schrappten, ohne Halt zu finden, über den rauen Putz der Remise.
    Luc trat eine Winzigkeit näher. Dann übermannte ihn der Zorn. »Wer ist jetzt wehrlos?« Er trat nach der Schnauze der Bestie.
    Der hagere Köter
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