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Die Obamas

Die Obamas

Titel: Die Obamas
Autoren: Jodi Kantor
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fragte sich, ob ein politisches Amt ihm tatsächlich helfen konnte, Verbesserungen für die Bevölkerung durchzusetzen. Jetzt, bei der Hochzeit auf Hawaii, sprach er darüber, wie sehr seine Frau an ihn glaubte. Der Schlüssel zu einer dauerhaften Partnerschaft, so erklärte er den Gästen, sei es, den richtigen Partner oder die richtige Partnerin zu wählen, »einen Menschen, der einen so sieht, wie man es verdient hat«, sagte er, und der sowohl das Potenzial als auch die Schwächen des anderen erkenne.
    Niemand hatte Michelle Obama zum Sprechen aufgefordert, doch Stunden später, nach dem Abendessen, trat sie ans Mikrofon. Die Frischvermählten sollten sich darauf einstellen, dass sie an ihrer Beziehung arbeiten müssten, das wolle sie ihnen ans Herz legen. Dies sei »ein Teil des Vertrags«, wie sie es ausdrückte. Die Ehe sei es wert, stellte sie in Aussicht; es sei nicht einfach, aber letztlich lohne sich die Mühe.
    Während die Terrassenhügel und der Pazifik im Dunkel verschwanden, tollte Malia, damals fünf Jahre alt, mit einem kleinen Jungen über die Tanzfläche. Einige Gäste bemerkten gegenüber Braut und Bräutigam, Barack sei ein so inspirierender Redner, dass er der Präsident der Vereinigten Staaten werden solle. Was die meisten Gäste nicht wussten, war, dass Barack Obama gerade für den US -Senat kandidierte. Er hatte mit seiner Frau eine Vereinbarung getroffen: Dies würde sein letzter Wahlkampf sein, und wenn er die Wahl verlor, würde er endgültig aus der Politik ausscheiden.
    ***
    An diesem Punkt nahm die Geschichte eine Wendung, die weder Barack noch Michelle Obama sich je hätten träumen lassen. Zuerst gewann Obama im März 2004 die parteiinterne Vorwahl der Demokraten für den Sitz im US -Senat mit überraschend großer Unterstützung selbst vieler weißer Wähler in ländlichen Gebieten. Und dann überzeugte im Laufe des Sommers Robert Gibbs, der neue Leiter von Obamas Kommunikationsbüro in Washington, die Mitarbeiter von Senator John Kerry, der als Kandidat für das Präsidentenamt nominiert werden sollte, Obama auf dem Parteitag zu Kerrys Nominierung die Eröffnungsrede halten zu lassen. Mit seiner mitreißenden Rede erwarb er sich auf der Stelle den Ruf, eine Gegenfigur zum amtierenden Präsidenten zu sein. Im Unterschied zu George W. Bush war Barack Obama nämlich aus eigener Kraft nach oben gekommen, er war nachdenklich, intellektuell und eloquent.
    Es war nicht einfach nur eine Rede, Obama legte seine Weltanschauung dar. Er beschrieb seinen einzigartigen Lebenslauf, seine Fähigkeit, Schwierigkeiten zu überwinden und zu bewerkstelligen, was anderen nicht gelang. Er beschwor überzeugend das Bild eines geeinten Amerika herauf und argumentierte, dass die Spaltung zwischen dem Amerika der blauen Demokraten und dem Amerika der roten Republikaner in Wirklichkeit gar nicht existiere. Er stieg in der Politik auf, indem er gegen die Politik argumentierte, entwarf sich als ein Staatenlenker, der die verknöcherten Fronten aufweichen, das Land einen und seit langem ungelöste Probleme in Angriff nehmen würde.
    Es war, als habe ein Fluss, in dem Barack Obama bis jetzt gegen den Strom geschwommen war, plötzlich die Richtung geändert und ihn nach oben gespült. Die politische Klasse von Illinois hatte ihn für seine Bildung und seine Ernsthaftigkeit abgestraft; jetzt wurden just diese Qualitäten belohnt. Anstatt sich über seinen Namen lustig zu machen, bewunderten nun viele seine Lebensgeschichte. Sein Wahlkampfteam hatte Kisten mit
Ein amerikanischer Traum. Die Geschichte meines Vaters,
seiner lange Zeit kaum beachteten Autobiographie, als Türstopper benutzt; nun wurde das Buch neu aufgelegt und sofort ein Bestseller.
    Michelle fand einen Weg, damit umzugehen, dass ihr Mann ein Politiker war – indem sie sich schlicht weigerte, diese Tatsache anzuerkennen. »Barack ist nicht in erster Linie Politiker«, erklärte sie damals der Presse. »Er ist ein engagierter Bürger, dem es gelingen kann, mit Hilfe der Politik etwas zu verändern.« Die beiden waren wie Schneider, die sich lieber als »Kleiderbauingenieure« bezeichneten, weil sie nicht gewillt waren, sich vollständig auf das Metier einzulassen.
    Im Laufe der Jahre gelangten viele Chicagoer zu der Überzeugung, dass Michelle mindestens ebenso viel Potenzial habe wie ihr Mann. »Wenn jemand zu mir gesagt hätte, dass einmal einer von den beiden Präsident werden würde, hätte ich wohl auf sie getippt«, meinte Ann Marie Lipinski,
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