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Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Titel: Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer
Autoren: Gerd Scherm
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Befürchtungen bestätigt. Bisher hatte er die unangenehme Wahrheit nur nicht zulassen wollen. Der göttliche Schmied hatte schon lange diesen Verdacht und vermutete, dass die Zwillinge Phobos und Deimos nicht seine Söhne waren. Warum wollte Aphrodite die Kinder denn unbedingt Furcht und Schrecken nennen, wenn sie nicht vom Kriegsgott stammten? Seine eigenen Namensvorschläge – Feuer und Amboss – hatte seine Frau konsequent ignoriert.
    Hephaistos bedankte sich bei Helios für die Auskunft, obwohl diesem die Schadenfreude ins Gesicht geschrieben stand, und versprach ihm, seinen Himmelswagen schnell zu reparieren. Doch in Wirklichkeit interessierte ihn der Wagen überhaupt nicht, denn er sann auf Rache. Er wollte den beiden Ehebrechern eine Falle stellen und eine Lektion erteilen, die sie nie vergessen würden.
     
    Tagelang fertigte der Geschickteste der achäischen Götter ein unsichtbares Netz aus feinsten Goldfäden. Dann baute er mit dem unzerreißbaren Gespinst eine Falle rund um sein göttliches Ehebett, bevor er sein Heim angeblich Richtung Lemnos verließ, um auf der Insel mit seinen Gläubigen ein Fest zu feiern.
    Kaum war Hephaistos aufgebrochen, erschien auch schon der Kriegsgott Ares an der Schwelle des Hauses und begehrte Einlass, den ihm Aphrodite gern gewährte. Ohne lange Begrüßung begaben sich die beiden sofort ins göttliche Schlafgemach. Ares riss sich die prunkvolle Rüstung vom Leib, und die Liebesgöttin streifte lasziv ihr Gewand über die Schultern und ließ es zu Boden fallen. Nackt sprangen die beiden ins Ehelager. Doch in dem Augenblick, in dem sie mit dem Liebesspiel begannen, schnappte die Falle zu. Das goldene Netz zog sich um die beiden zusammen und presste sie aneinander. Die beiden zappelten wie Fische und verrenkten sich, um sich zu befreien.
    Da erschien Hephaistos in der Tür und brüllte rasend vor Eifersucht: »Jetzt werdet ihr für alles bezahlen, was ihr mir angetan habt!«
    Der Schmied nahm eine lange Eisenstange, die er bereitgelegt hatte, und hängte das Netz daran auf. Dann schulterte er mühelos die frivole Last und hinkte mit seinem Klumpfuß zur großen Halle des Olymps.
    Hephaistos litt sehr unter seiner Behinderung, und der Schönste war er gerade auch nicht. Ganz im Gegenteil, alle nannten ihn den »hässlichen Krüppel«. Umso mehr verletzte es ihn, dass ihn Aphrodite mit diesem Schönling betrog, von dem man sagte, dass keiner so schnell zu Fuß sei wie er.
    Doch nun sollten alle Götter sehen, was ihm seine Gemahlin und ihr Liebhaber angetan hatten.
    In der großen Halle angekommen, hängte Hephaistos das goldene Netz mit seinem nackten Inhalt an einen Haken an der Decke und rief: »Vater Zeus und ihr anderen ewigen Götter! Seht diese Schande!«
    Aphrodite und Ares wanden sich verzweifelt in ihrem luftigen Gefängnis, und der Kriegsgott setzte all seine Kraft ein, das Netz zu zerreißen. Doch es gelang ihm nicht, sich aus der peinlichen Situation zu befreien.
    Die anderen Götter und Göttinnen strömten herbei und starrten verwundert, entsetzt oder amüsiert auf das ungewöhnliche Schauspiel.
    Apollon stieß dem Götterboten Hermes den Ellbogen in die Rippen und fragte: »Na, würdest du nicht mit Ares tauschen wollen?«
    »Aber sicher!«, antwortete dieser lachend. »Und wenn es dreimal so viele Fesseln wären, würde ich doch gern bei Aphrodite liegen, und ihr dürftet alle zuschauen.«
    Auch Helios, auf dessen Indiskretion die Situation ja zurückging, genoss voyeuristisch den Anblick der nackten Liebesgöttin, die es inzwischen aufgegeben hatte, sich im Netz zu winden.
    Als der Aufruhr langsam verebbte, erhob der gehörnte Hephaistos seine Stimme: »Zeus, sieh! Das ist deine Tochter, die du mir zur Frau gabst. Die Göttin der Liebe soll sie sein, doch ist sie nur eine läufige Hündin! Wahrlich, ich werde diese beiden Ehebrecher so lange in Fesseln halten und zur Schau stellen, bis du mir den Brautpreis zurückerstattet hast!«
    Jetzt erschrak Zeus wirklich, der die Szene bisher als köstlichen Spaß genossen hatte. Nicht, dass seine Tochter und ihr Liebhaber noch länger öffentlich zur Schau gestellt werden sollten, versetzte ihn in Missbehagen, sondern die von Hephaistos geforderte Herausgabe der Brautgeschenke. Schließlich hatte ihm der Schmied Aphrodite mit immensen Geschenken abgekauft – sein prunkvoller Palast, der kostbare Thron, die mächtigen Donnerkeile, all diese wunderbaren Dinge stammten von Hephaistos als Preis für die ungleiche
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