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Die neue Lust am Essen: Vom Laster Nikotin und Fastlife zu Lebensgenuss und Slow Food (German Edition)

Die neue Lust am Essen: Vom Laster Nikotin und Fastlife zu Lebensgenuss und Slow Food (German Edition)

Titel: Die neue Lust am Essen: Vom Laster Nikotin und Fastlife zu Lebensgenuss und Slow Food (German Edition)
Autoren: Hermine Pfrogner
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Tiefkühlschrank gut gefüllt, da findet Daniel alles, was es mag.
    Wenn die Schule wieder einmal nervt oder wenn esTroubles mit der Clique gibt, ist Essen für Daniel eine Strategie gegen den Frust. Dann wirft er sich seine Lieblingspizza in die Mikrowelle und fünf Minuten später, wenn der Käse so richtig schöne Blasen bildet, ist die Welt wieder in Ordnung, und Daniel spült das Essen und den Frust mit viel Cola oder Eistee hinunter.
    Sonntags kommt oft seine ältere Schwester zu Besuch. Dann kocht die Mutter selbst, alles, was ihre Kinder sich wünschen. Gebackenes kommt da immer gut an und geht schnell, Schnitzel mit Pommes sowieso, aber auch ein Grillhuhn oder einfach Spaghetti mit Fleischsauce und viel Käse.
    Daniel ist bereits deutlich übergewichtig und konditionell nicht der Stärkste. In letzter Zeit fehlt er häufig im Turnunterricht.
    Ja, und dann darf ich mich selbst aus dem Reigen der Fast-Life-Getriebenen natürlich nicht ausnehmen.
    Mein jahrzehntelanger exzessiver Nikotinkonsum, ein lange als ausschließlich lustvoll empfundenes Raucherleben, mit all den Mythen, die ich um meine Sucht rankte, das ist schon ein starkes Beispiel dafür, wie es besser nicht laufen sollte. Was aber – wie mein Fall zeigt – nicht bedeutet, dass nicht eines Tages doch noch die große Wende kommen kann.
    Also ist es nie zu spät für eine Umkehr. Dass es fallweise nicht einfach ist, ist mir bewusst. Wie es dennoch gelingen kann, will ich nun an meinem Beispiel darstellen. Dass es tatsächlich gelingt, wünsche ich allen, die es versuchen.

Teil 1
Räucherlachs statt Raucherlunge – die Geschichte einer unerwarteten Lebenswende
Wie alles begann
    Ich entdeckte die wunderbare Wirkung des Nikotins in den frühen 70er-Jahren, jener glücklichen Zeit der Freiheit, die sich Genuss und Lebensfreude auf die Fahnen geschrieben hatte. Zwar waren die Parolen vom Mai 1968 und die Töne von Woodstock längst verklungen, das gesteigerte Lebensgefühl aber geblieben und vor allem jene Lobbyisten noch nicht aktiv, die in den fernen 90er-Jahren die dringende Notwendigkeit erkennen sollten, das fröhliche Treiben der Bürger in deren ureigenstem Interesse mit allerlei Ge-oder Verboten in gewisse vernünftige Bahnen zu lenken.
    In dieser unbekümmerten Zeit des Aufbruchs tat ich also meinen ersten Lungenzug, bekam nicht einmal einen Hustenanfall und verliebte mich Hals über Kopf in das sinnliche Spielzeug namens Zigarette. Ich war Anfang Zwanzig und studierte an der Universität Wien Philosophie, Psychologie und Französisch und traf in den Pausen zwischen den Vorlesungen regelmäßig Kommilitonen, die – wie ich – gerne und ausführlich diskutierten, was sie eben gehört hatten, und dabei fast ausnahmslos alle rauchten. Eines Tages kaufte ich mir ein Päckchen Stuyvesant, eine Marke, die gerade besonders in Mode war, und rauchte mit. Es war ein völlig unspektakulärer Einstieg, den meine Umgebung wahrscheinlich gar nicht recht wahrnahm, denn das Rauchen gehörte in Studentenkreisen einfach zum guten Ton. Wir waren alle bloß Kinder des Zeitgeistes.
    Ich hatte zwar früher schon ab und zu mal geraucht, wenn man das ungeschickte Paffen überhaupt so bezeichnen darf, erinnere mich aber kaum an die Anfänge, nicht einmal an die erste Zigarette überhaupt. Offenbar hatte die Sache vorerst keinen besonderen Reiz auf mich ausgeübt – bis zu jenem Moment an der Uni, als ich plötzlich auf den Geschmack kam.
    Zum ersten Mal empfand ich beim Rauchen echten Genuss. Es hatte auch etwas absolut Sinnliches an sich. Berühren, Riechen, Anzünden, Schmecken, das ganze Ritual entzückte mich jetzt und ich spielte verliebt mit dem erstaunlichen kleinen Ding, das diesen besonderen Duft verströmte.
    Durch die gerade herrschenden gesellschaftlichen Gepflogenheiten begünstigt, hatte ich in der Folge reichlich Gelegenheit, meine neue Liebe auszuleben, denn sie war praktisch überall erlaubt. Der blaue Dunst zog sich durch alle Räume, öffentliche wie private, quoll aus allen Verkehrsmitteln, zu Wasser, zu Lande, über den Wolken und sogar aus der U-Bahn. Nichtraucher schien es überhaupt nicht mehr zu geben. Ich kannte jedenfalls keine.
    Als ich anlässlich eines Studienaufenthalts in Frankreich entdeckte, dass dieses für seine Toleranz bekannte Land seinen freiheitsliebenden Bürgern sogar das Rauchen in den Hörsälen der Unis gestattete, war ich restlos davon überzeugt, Rauchen mache frei, und rauchte den ganzen Kurs lang mit meinen
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