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Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt

Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt

Titel: Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt
Autoren: Kai Meyer
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Gelegenheit.«
    »Asendorf ist geflohen«, wandte ich ein.
    »Ohne seine Männer ist er machtlos«, entgegnete der Muselmane überzeugt. »Lara und die anderen werden ihn finden und bestrafen.«
    »Mein Meister reitet mit ihnen.«
    »Um so besser.«
    Noch immer wußte ich nichts über die wahre Natur der Feindschaft, die Faustus und Asendorf verband. Erst später sollte ich alles darüber erfahren. Doch das ist Teil einer anderen Geschichte.
    »Wie ist dein Name, Freund?« fragte ich den Dunkelhäutigen.
    »Musil«, erwiderte er und schüttelte mir zögernd die Hand.
    Ich schaute mich erneut um, und mit einem Mal fiel mir etwas auf. Obgleich die Männer des Hexenjägers gefangen waren, mußte es weitere Landsknechte in Eisenach geben. Allein die Stadtwache mußte mehr als eine Hundertschaft zählen. Doch keiner von ihnen griff uns an. Tatsächlich war der Markt noch immer in der Hand der Gaukler, und allein an seinen Rändern, an den Einmündungen der Gassen und Straßen, zeigten sich verängstigte Bürger, die das Treiben mit großen Augen beobachteten. Doch von den Soldaten ließ sich keiner sehen.
    Der Grund wurde mir erst nach einigen Augenblicken klar. Berlepsch! Der Hauptmann mußte den Befehl an die Stadtgarde gegeben haben, nicht in das Geschehen einzugreifen. Demnach hatte er beobachtet, was sich abgespielt hatte. Ich vermochte mir vorzustellen, daß ihn Asendorfs und DeAriels Niederlage mit grimmiger Freude erfüllte. Freilich durfte er sich nicht zeigen; später würde er beteuern, von all dem nichts gewußt zu haben. Und schließlich, so würde er zweifellos bemerken, sei eine Ketzerverbrennung Sache der Kirche und nicht der weltlichen Herrschaft.
    Was für ein gerissener Hund!
    Ohne Berlepschs geheime Duldung hätten die Gaukler keine lange Freude an ihrem Sieg gehabt. In ihrer Unbedarftheit tanzten sie weiter über den Marktplatz und ahnten nichts von ihrem Schutzengel. Einen besseren Zeitpunkt für ihre Rache hätte es in der Tat nicht geben können.
    Jenseits der ausgelassenen Gauklerschar entdeckte ich Gregorius und Angelina. Sie kamen eilig auf mich zu. Der Pater hob die Hand zum Gruß.
    Da ertönte plötzlich ein gellender Schrei.
    Musil und ich wirbelten gleichzeitig herum.
    Inmitten der toten Landsknechte stand Kardinal DeAriel. Seinen linken Arm hatte er um den Hals der jungen Frau gelegt, die eben noch ihren Gefährten beweint hatte. In der rechten hielt er einen Dolch, dessen Spitze unters Kinn der Gauklerin wies. Er zitterte. Gesicht und Gewänder des Kardinals waren über und über mit Blut beschmiert. Er mußte sich unter den Leichen der Soldaten verborgen und auf den rechten Moment zur Flucht gewartet haben. Die Geisel erschien ihm da als ein Geschenk des Himmels.
    »Ein Pferd!« schrie er schrill. »Ich will ein Pferd!«
    Musil wollte vorspringen und DeAriel angreifen, doch ich hielt ihn am Arm zurück. Er schenkte mir einen giftigen Blick, gehorchte aber.
    Auch Angelina und Gregorius blieben stehen. Sie waren noch etwa fünfzehn Schritte entfernt.
    »Er wird die Frau töten«, zischte ich dem Muselmanen zu.
    »Das wird er so oder so«, erwiderte er.
    Der Kardinal tat, als hätte er die Worte nicht gehört. Dabei standen wir ihm von allen am nächsten.
    »Ein Pferd«, wiederholte er noch einmal. Der Dolch in seiner Hand war voller Blut, doch es war nicht zu erkennen, ob die Spitze die Haut der jungen Frau bereits durchstoßen hatte. Ihr Gesicht war schmerzverzerrt.
    Die Gaukler machten keinerlei Anzeichen, die gefangenen Landsknechte freizulassen. Sie hatten aufgehört zu springen und zu tanzen und hatten ihre Waffen nun ihrerseits auf die Gefangenen gerichtet. Doch DeAriel schien nichts an den Männern zu liegen.
    Einer der Gaukler packte jetzt ein Pferd an den Zügeln und ging damit langsam auf den Kardinal zu. Stille lag mit einem Mal über dem Platz. Nur die lodernden Scheiterhaufen knisterten und krachten im Hintergrund. Ich umfaßte den Griff meines Schwertes fester. Noch zehn Schritte trennten DeAriel und den Mann mit dem Pferd voneinander.
    Plötzlich blieb der Gaukler stehen und gab dem Tier einen kräftigen Schlag. Das Pferd machte einen Satz nach vorn und sprang auf den Kardinal zu. Verwirrt wollte DeAriel danach greifen und ließ dabei seine Gefangene los. Schon wollte ich mich auf ihn werfen, doch der Geistliche war schneller. Innerhalb eines Herzschlages begriff er seinen Fehler, stieß mit dem Dolch zu, rammte ihn der jungen Frau in den Rücken und fuhr gleichzeitig herum.
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