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Die Nebel von Avalon

Titel: Die Nebel von Avalon
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Willen einmal gebeugt. Aber damals war ich ein Kind und wußte es nicht besser. Heute bin ich erwachsen und eine Frau, die sich nicht so leicht gängeln läßt, wie das junge Mädchen, das sie Gorlois zur Braut gab. Jetzt werde ich meinem Willen und nicht dem der Herrin vom See gehorchen.
    Dienstboten führten die Gäste hinaus. Igraine ging in ihre Kammer, legte Morgaine in das große Bett und verfiel in eine übertriebene, nervöse Geschäftigkeit, denn ihre Gedanken waren noch immer bei dem, was sie gehört hatte.
    Uther Pendragon… sie hatte ihn nie gesehen. Aber Gorlois erzählte ständig neue Geschichten über seinen Mut und seine Tapferkeit. Er war ein naher Verwandter von Ambrosius Aurelius, des Großkönigs von Britannien, und der Sohn der Schwester des Königs. Aber anders als Ambrosius war Uther Brite mit britischen Vorfahren. In seinen Adern floß nicht ein Tropfen römisches Blut. Deshalb zögerten die
    Kymren und die Stämme nicht, ihm willig zu folgen. Es gab kaum einen Zweifel, eines Tages würde Uther zum Großkönig gewählt werden. Ambrosius war kein junger Mann; dieser Tag konnte nicht in weiter Ferne liegen.
    Und ich wäre Königin… Was sind das für Gedanken? Würde ich Gorlois und meine Ehre verraten?
    Sie griff wieder nach dem Bronzespiegel und sah darin ihre Schwester in der Türe stehen. Viviane hatte die Hose ausgezogen, die sie beim Reiten trug, und ein weites Gewand aus ungefärbter Wolle übergestreift. Die Haare fielen ihr weich und dunkel in den Nacken wie das Fell eines schwarzen Schafes. Sie wirkte klein, zerbrechlich und nicht mehr jung. Ihre Augen waren die wissenden Augen der Priesterin in der Höhle der Einweihungsriten… das war lange her und in einer anderen Welt… Ungeduldig verscheuchte Igraine diese Gedanken.
    Viviane trat zu ihr, hob die Hand und berührte ihr Haar. »Kleine Igraine. Jetzt bist du erwachsen«, sagte sie zärtlich, »weißt du, Kleines, ich habe dir deinen Namen gegeben: Grainne, die Göttin der Feldfeuer… wie lange ist es her, seit du der Göttin beim Beltanefest gedient hast, Igraine?«
    Igraines Lippen bewegten sich kaum. Das Lächeln endete an den Zähnen. »Gorlois ist Römer und ein Christ. Glaubst du wirklich, daß in diesem Haus die Beltaneriten abgehalten werden?«
    »Nein, vermutlich nicht«, antwortete Viviane belustigt, »obwohl ich an deiner Stelle keinen Eid darauf ablegen würde, daß deine Dienstboten nicht bei der Sonnenwende sich aus dem Haus stehlen, die Feuer entzünden und unter dem Vollmond zusammenliegen. Aber der Herr und die Herrin eines christlichen Hauses können das natürlich nicht – nicht unter den Augen ihrer Priester und ihres strengen lieblosen Gottes…«
    Igraine erwiderte heftig: »So darfst du über den Gott meines Gemahls nicht sprechen. Er ist der Gott der Liebe.«
    »Das sagst du. Und doch hat er allen anderen Göttern den Krieg erklärt und jeden erschlagen, der ihn nicht verehren will«, sagte Viviane, »wir können nur beten, daß uns diese tödliche Liebe deines Gottes erspart bleibt. Ich könnte dich bei den Schwüren, die du einst abgelegt hast, im Namen der Göttin und der Heiligen Insel auffordern zu tun, worum ich dich gebeten habe…«
    »Wie schön«, erwiderte Igraine sarkastisch, »jetzt fordert meine Göttin, daß ich zur Hure werde. Der Merlin von Britannien und die Herrin vom See sind meine Kuppler!«
    Vivianes Augen loderten. Sie machte einen raschen Schritt vorwärts, und einen Moment lang glaubte Igraine, die Priesterin würde sie ins Gesicht schlagen. »Wie kannst du es wagen!« zischte Viviane, und obwohl sie leise sprach, schienen ihre Worte im Raum widerzuhallen; und Morgaine, die im Halbschlaf unter Igraines Wolldecke lag, fuhr plötzlich auf und weinte ängstlich.
    »Jetzt hast du mein Kind geweckt«, klagte Igraine, setzte sich auf den Bettrand und beruhigte die Kleine. Die Zornesröte wich allmählich aus Vivianes Gesicht. Sie setzte sich neben die Schwester und sagte begütigend: »Du hast mich nicht verstanden, Grainne. Glaubst du, Gorlois ist unsterblich? Ich sage dir, Kind, ich habe versucht, in den Sternen das Schicksal all derer zu lesen, die für die Einheit Britanniens in den kommenden Jahren entscheidend sind. Und ich sage dir, Kind, Gorlois' Name ist dort nicht verzeichnet.«
    Igraine spürte, wie ihr die Knie weich wurden und sie umzusinken drohte. »Wird Uther ihn töten?«
    »Ich schwöre dir: Uther wird nichts mit seinem Tod zu tun haben. Und wenn Gorlois stirbt, wird
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