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Die Narrenburg

Die Narrenburg

Titel: Die Narrenburg
Autoren: Adalbert Stifter
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zur Lektüre gegeben. (Es gibt den Gegen-Raum dazu, nämlich den grünen Bildersaal. Die Bilder, überlebensgroß und großer Meister Werk, stehen, Vergangenheit in Fülle und Ganzheit bezeugend, gegen die Schrift und gegen den Stein als Ruine.)
Ruprecht aber, der verrückte Vermittler von Gegenwart und Vergangenheit, ist wie Gregor im "Hochwald" eine Übergangsfigur; metonymische Verkörperung von Stein und – hier nicht Gebein, sondern: Schrift. Aber Schrift – und zwar: im Stein, eingelassen in den roten Stein – ist hier das Gebein, das bleibt, verbürgend und belastend. Gerade darum aber ist Ruprecht auch eine zutiefst unheimliche Figur, ein a-sozialer Abgrund an "Verrückung" – nämlich "jener Gesetze, auf deren Dasein im Haupte jedes andern man mit Zuversicht baut, als des einzigen, was er untrüglich mit uns gemein hat". (Was auch heißt: Heinrich teilt den Wahnsinn nicht, anders als, könnte man sagen, die in den Wald als Gregors Welt ihr Leben einräumenden Figuren des "Hochwald").
Und der Stein ist natürlich das Schloss, die Burg als Welt für sich. Als Scharnast-Welt, in die jeder sich einträgt mit einem eigenen Bau und eigenen Garten, eigenen Pflanzen und eigenen Häusern, "eine Sammlung von Schlössern, eine halbe Stadt von Schlössern". Eine genealogische Welt in vollständiger Un-Ordnung. Jeder richtet sich ein im eigenen Haus, fügt an im fremden Stil. Die "Narrenburg" ist, mit einem Wort: das Fremdeste. Christoph, der letzte Graf, ist in Afrika gestorben. Jodokus bringt aus Inden sich Chelion die Frau und mit ihr das Unglück mit, das seine und das ihre.

Adalbert Stifter
Die Narrenburg

Erzählung
     
    1841
     
    Sieh nur, welch düstere Geschichten diese Trümmer reden.
Altes Buch
     
     

     
     
    Dieses E-Book ist nicht zum Verkauf bestimmt
     
     
    epub: 2009 © TUX
     
     

Autor
     
     
    Adalbert Stifter wurde am 23.10.1805 in Oberplan (Böhmerwald) geboren. Er kam als Sohn eines Leinewebers und Flachshändlers aus einfachen Verhältnissen. Als er 12 Jahre alt war, starb der Vater, und er wurde von da ab von den Großeltern erzogen. Er besuchte von 1818 bis 1826 das Gymnasium und studierte anschließend bis 1830 in Wien zunächst Jura, dann Naturwissenschaften und Geschichte, machte aber keine Abschlußprüfung.
    Stifter wollte gern Landschaftsmaler werden. Den Lebensunterhalt verdiente er sich als Privatlehrer in Wiener Adelshäusern. 1848 zog Stifter nach Linz und lebte dort die letzten Jahrzehnte seines Lebens. In seinen letzten Lebensjahren war er schwerkrank und litt unter Depressionen. Ob er Selbstmord beging, ist nicht sicher nachzuweisen. Er starb am 28.1.1868.
     

1. Die grüne Fichtau
     
    Hanns von Scharnast hatte ein lächerliches Fideicommiß gestiftet. Seine Burg Rothenstein sammt Zugehör an Unterthanen, an Jagd-, Fisch- und Berggerechtigkeit solle sich in gerader Linie immer auf den ältesten Sohn forterben; ist kein Sohn da, auf Töchter, und in Ermanglung dieser auf die älteste Seitenlinie und so fort, bis etwa einmal der Fall eintritt, daß weder ein Cognat, noch ein Agnat von benanntem Hause übrig ist, wo sodann die Burg sammt Zugehör an den Fiscus fällt. Bis hieher wäre Alles richtig; aber eine Bedingung fügte er dem Fideicommisse bei, welche der ganzen Sache eine andere Wendung gibt. Jeder nämlich, dem die Burg als Erbschaft zufiel, mußte, ehe sie ihm ausgeantwortet würde, zweierlei Dinge leisten:
erstens
mußte er schwören, daß er getreu und ohne geringsten Abbruch der Wahrheit seine Lebensgeschichte aufschreiben wolle, und zwar von der Zeit seiner ersten Erinnerung an bis zu jener, da er nur noch die Feder zu halten im Stande war. Diese Lebensbeschreibung solle er dann Heft für Heft, wie sie fertig wird, in dem feuerfesten Gemache hinterlegen, das zu diesem Zwecke in den rothen Marmorfels gehauen war, der sich innerhalb der Burg erhebt; -
zweitens
mußte er schwören, daß er sämmtliche bereits in dem rothen Steine befindlichen Lebensbeschreibungen lesen wolle, wobei es ihm aber nicht gestattet ist, irgend eine von dem Gemache ihrer Aufbewahrung wegzutragen. Wer eine von diesen Bedingungen nicht erfüllen könne oder wolle, der wird betrachtet, als sei er im Augenblicke des Anfalles des Fideicommisses gestorben, und dasselbe geht auf seinen fideicommissarischen Nachfolger über. Für jeden minderjährigen Fideicommissar müsse das Erbe so lange vormundschaftlich verwaltet werden, bis er großjährig geworden, und sich erklären könne, ob er
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