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Die nächste Begegnung

Die nächste Begegnung

Titel: Die nächste Begegnung
Autoren: Arthur C. Clarke
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gewesen sein muss. Meine Großmutter und unser Dorfzauberer blieben in Nidougou, und dieser alte Mann und ich stiegen mühsam auf einen Berg in der Nähe und gingen dann an den Rand eines kleinen Sees. Wir kamen dort kurz vor Sonnenaufgang an. >Schau!< sagte der alte Mann, als die ersten Sonnenstrahlen das Wasser berührten. >Schau in den See der Weisheit. Was siehst du?<
    Ich sagte zu ihm, dass ich dreißig, vierzig kürbisähnliche Kugeln auf der einen Seite im Wasser liegen sähe. >Gut<, sagte der Alte und lächelte. >So bist du wahrlich der Richtige. Ich fragte: >Der Richtige — was?<
    Darauf gab er mir keine Antwort. Wir gingen um den See herum näher an den Ort, an dem die Kürbisse oder Melonen im Wasser lagen — aber wir konnten sie nicht mehr sehen, sobald die Sonne höher gestiegen war. Und dort holte der Oberzauberer ein kleines Fläschchen hervor, tauchte es ins Wasser, verschloss es und reichte es mir. Außerdem gab er mir noch einen kleinen Stein, der wie diese melonenartigen Kugeln auf dem Seegrund aussah.
    >Das sind die wertvollsten Gaben, die du jemals empfangen wirst<, sagte der alte Mann. — >Warum?<, fragte ich ... Aber Sekunden später wurden seine Augen ganz weiß, und er fiel in Trance und begann rhythmisch einen Senoufo-Gesang zu singen. Er tanzte da minutenlang und sprang dann plötzlich in den kalten See und begann zu schwimmen.
    >Warte doch!< rief ich. >Was soll ich denn mit deinen Geschenken anfangen?< ... Er antwortete mir: >Trage sie überall bei dir. Du wirst es wissen, wenn die Zeit da ist, dass du sie benutzen musst.«
    Nicole hatte das Gefühl, ihr Herz müsse so laut pochen, dass Amadou es hören konnte. Sie streckte den Arm durch das Gitter und berührte ihn an der Schulter. »Und gestern Nacht«, sagte sie, »befahl dir eine Stimme im Traum — oder vielleicht war es auch gar kein Traum —, dass du mir heute Nacht das Fläschchen und den Stein bringen sollst.«
    »Genau«, sagte Amadou verblüfft. »Woher weißt du das? «
    Nicole gab ihm keine Antwort. Sie konnte nicht sprechen. Sie bebte am ganzen Leib. Kurz darauf fühlte sie die zwei Gegenstände in ihre Hand gleiten. Ihre Knie waren so weich, dass sie zu stürzen fürchtete. Dann dankte sie Amadou für beides und drängte ihn, sich davonzumachen, ehe man ihn entdecken konnte.
    Dann ging sie langsam zu ihrem Lager. Kann das sein ? Und wie ist das möglich ? War dies alles irgendwie von Anfang an gewusst? Und Mannamelonen auf der Erde? Ihr System war überlastet. Ich hab die Kontrolle über mich verloren, dachte sie, und dabei hab ich noch nicht einmal von der Flasche getrunken.
    Die bloße Berührung mit dem Hakon und dem Stein erinnerte Nicole wieder lebhaft an die unglaubliche Vision, die ihr auf dem Grunde der Grube in Rama-II zuteil geworden war. Sie öffnete das Fläschchen, holte tief Luft und trank den Inhalt hastig hinunter.
    Zuerst glaubte sie, es geschehe gar nichts. Die Schwärze ringsum schien sich nicht zu verändern. Dann, auf einmal, formte sich in der Zellenmitte eine große orangerote Kugel. Sie zerplatzte und sprühte überall durch die Finsternis hin Farbe. Auf sie folgte ein roter Ball, dann ein purpurner. Während sie vor der Helligkeit der purpurnen Explosion zurückwich, hörte sie vor dem Zellenfenster ein lautes Lachen. Sie blickte in die Richtung. Und die Zelle verschwand. Nicole befand sich draußen auf dem freien Feld.
    Es war dunkel, dennoch konnte sie die Umrisse von Dingen erkennen. In der Ferne hörte sie erneut das laute Lachen. Amadou!, rief sie im Geiste. Sie lief mit atemberaubender Schnelligkeit dahin. Sie holte den Mann ein. Als sie näher an ihn herankam, verwandelte sich sein Gesicht. Es war gar nicht Amadou, es war Omeh.
    Wieder lachte er, und Nicole blieb stehen. Ronata, rief er. Sein Gesicht begann zu wachsen, wurde größer und immer größer, so groß wie ein Wagen, so groß wie ein Haus. Das Lachen war ohrenbetäubend. Dann war Omehs Gesicht so groß wie ein riesiger Ballon und stieg und stieg immer höher in die dunkle Nacht hinauf. Noch einmal lachte er, das Ballongesicht zerbarst und überschüttete Nicole mit einem Wasserschauer.
    Sie war tropfnass. Sie ging unter, sie schwamm unter dem Wasser. Als sie auftauchte, war sie im Teich der Oase an der Elfenbeinküste, wo sie als Siebenjährige während ihrer PoroPrüfung der Löwin begegnet war. Und diese gleiche Löwin schlich um den Teich herum. Nicole war wieder ein kleines Mädchen, und sie hatte große Angst.
    Ich will zu
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