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Die Nacht zum Dreizehnten

Die Nacht zum Dreizehnten

Titel: Die Nacht zum Dreizehnten
Autoren: Dr. Thomas Bruckner
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erwartet. Wissen Sie«, wandte sie sich an Dr. Bruckner, der ein wenig verlegen danebenstand, »heute kann man sich auf niemand mehr verlassen. Da …« Sie griff nach dem Schrubberstiel und reichte ihn Ariane. »Sie können gleich anfangen zu putzen!«
    Als sie den erschrockenen Blick auffing, den Ariane zu Dr. Bruckner sandte, wurde ihre Stimme noch lauter: »Sie mögen wohl keine Schmutzarbeit machen, wie?« Sie maß die neue Schwester von oben bis unten. »Kein Deutscher will heute mehr Schmutzarbeit machen, soweit sind wir schon gekommen. Da bleibt einem kaum noch etwas anderes übrig, als den Dreck selbst aufzukehren und unseren jungen feinen Damen, anders kann ich unsere Jungschwestern nicht mehr bezeichnen, zu bitten, den Doktoren bei der Operation zu instrumentieren.«
    »Einen Augenblick, Schwester Euphrosine!« Dr. Bruckner hatte Mühe, seine Ruhe zu bewahren. »Schwester Ariane ist eben angekommen. Ich habe sie mit nach oben genommen. Sie muß sich schließlich erst umziehen! Lassen Sie alles so, wie es ist, machen Sie Ihre Mittagspause und –«, Dr. Bruckner wandte sich an Ariane, »Sie ziehen sich erst um.« Er hob mahnend seine Hand, als er merkte, daß die alte Schwester Widerworte geben wollte.
    Oberarzt Dr. Wagner betrat den OP. Auch er wandte sich sofort an die Angekommene: »Sie sind die neue Schwester?«
    »Ja!« Die alte Euphrosine schien sich beschweren zu wollen, doch als sie Dr. Bruckners warnenden Blick auffing, schwieg sie.
    »Ich werde Sie jetzt Schwester Angelika übergeben, die wird sich weiter um Sie kümmern.« Dr. Bruckner nahm Arianes Arm und führte sie zur Tür hinaus. Oberarzt Wagner folgte den beiden. »Wo haben Sie vorher gearbeitet?« Bruckner hatte den Eindruck, daß Wagners Augen die bildhübsche Schwester verschlangen.
    »Am St. Nepomuk-Krankenhaus in Hannover.«
    »Wirklich?« Oberarzt Wagner hob erschrocken beide Hände hoch. »Dann kennen Sie ja auch das alte Ekel, den Professor Quenstadt?«
    »Und ob ich den kenne!« Um Arianes Mund spielte ein Lächeln.
    »Der wird demnächst herkommen. Nächste Woche erwarten wir ihn. Er ist ein widerlicher, alter Knilch.«
    Die drei waren vor dem Fahrstuhl stehengeblieben. Dr. Bruckner drückte auf den Knopf, der den Fahrstuhl herbeiholte. »Sie sollten nicht so hart über Abwesende urteilen«, wies Bruckner seinen Kollegen zurecht.
    »Wenn er ihn doch kennt!« Ariane ritt der Schalk. »Ich bin gespannt, was er sagt, wenn er Sie hier entdeckt?« Ariane schaute Dr. Wagner mit schiefgehaltenem Kopf an.
    »Ich glaube kaum, daß er mich wiedererkennt. Es liegen schon sehr viele Jahre zurück – Jahrzehnte, möchte ich sagen.«
    »Professor Quenstadt hat ein sehr gutes Personengedächtnis.« Ariane drückte die Tür auf, als der Fahrstuhl hielt. Sie wandte sich lächelnd an Dr. Bruckner: »Ich armes Wesen muß nun unter der Fuchtel dieser gräßlichen OP-Schwester arbeiten?«
    »Sie ist gar nicht so gräßlich, sie war nur ein wenig aufgeregt, weil sie die ganze Arbeit im OP allein machen muß. Und sie ist nun einmal sehr gründlich. Also –«, er nahm Arianes Arm und führte sie zum Dienstzimmer, »Sie werden sehen, daß unsere Stationsschwester Angelika, mit der ich Sie jetzt bekannt mache, ganz anders ist!«
    II
    »Ich hoffe, Ihr Zimmer wird Ihnen gefallen.« Schwester Angelika ging mit Ariane über den Hof, dann durchquerten sie den Klinikgarten. Ariane Quenstadt blieb stehen und betrachtete die blühenden Rosen. »Sie haben es hier schön. Ist der Garten auch für Patienten geöffnet?«
    »Selbstverständlich!« Schwester Angelika war neben ihr stehengeblieben. »Nur der Teil etwas weiter hinten«, Schwester Angelika zeigte auf eine Hecke, »ist für uns reserviert. Schließlich –«, sie lächelte, »will das Pflegepersonal auch einmal unter sich sein. Wenn wir hier auftauchen, kommt stets der eine oder andere Patient auf uns zu und möchte etwas wissen – ob wir Dienst haben oder nicht!« Sie musterte Ariane, die an einer Rose roch. Sie sah schön aus – viel zu schön für eine Schwester, fuhr es der alten Stationsschwester durch den Kopf. Sie fürchtete, daß durch sie allzuviel Unruhe in das Krankenhaus getragen werden könnte. Die jungen Ärzte waren im allgemeinen den Reizen der Schwestern recht zugänglich. Und diese heute angekommene Schwester schien es zu verstehen, ihre Reize in ein besonderes Licht zu rücken …
    Ariane wandte sich um. Als sie die Augen der alten Schwester auf sich gerichtet sah, lächelte
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