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Die Nacht zum Dreizehnten

Die Nacht zum Dreizehnten

Titel: Die Nacht zum Dreizehnten
Autoren: Dr. Thomas Bruckner
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gesucht. Ich wollte Ihnen nur sagen, daß ich außer Haus gehe. Ich werde die Telefonnummer, unter der ich erreichbar bin, noch durchgeben. Ich weiß im Augenblick nicht, wie sie lautet, in spätestens einer halben Stunde wissen Sie Bescheid.«
    »Sie essen nicht?« Maria war an den Tisch getreten. »Das Essen bei uns schmeckt Ihnen wohl nicht?«
    »Natürlich schmeckt es mir, aber schließlich möchte man ja auch mal etwas anderes essen.«
    »Da haben Sie recht! Erbsensuppe schmeckt sehr gut, ich esse sie auch sehr gern, aber wenn ich mir vorstelle, ich sollte sie jeden Tag zu mir nehmen, würde mir mit größter Wahrscheinlichkeit jeglicher Appetit vergehen.«
    Heidmann hatte sich erhoben und streckte Dr. Wagner die Hand hin.
    »Ich wünsche Ihnen dann viel Spaß! Ich werde nachher auf Station sein. Wenn Sie freundlicherweise dort anrufen wollen …«
    »Das werde ich tun. In der kurzen Zeit, in der ich nicht erreichbar bin, wird schon nichts passieren. Guten Abend!« Wagner wandte sich um und verließ das Kasino. Maria betrachtete kopfschüttelnd die Tür, durch die Oberarzt Wagner verschwunden war. »Dr. Bruckner hätte das niemals gemacht!«
    »Was gemacht?« wollte Dr. Heidmann wissen.
    »Sie mit Ihrem Dienst allein gelassen – und wenn es auch nur eine halbe Stunde ist.«
    »Wie ich Oberarzt Wagner kenne, wird es sicherlich länger als eine halbe Stunde sein. Aber schließlich –«, Dr. Heidmann schmunzelte, »bin ich ja nicht gänzlich unbedarft. Ich werde schon mit den meisten Dingen allein fertig, schließlich habe ich allerhand von Dr. Bruckner gelernt. Und letztlich ist keine Krankheit so dringend, daß sie nicht eine halbe Stunde Zeit hätte' … Vielen Dank, Fräulein Maria, für das Essen!« Er gab der alten Bedienerin die Hand. »Zu Ihnen komme ich wieder«, scherzte er. »Der Schinken war köstlich.«
    »Das will ich hoffen!« Maria begleitete den Assistenten zur Tür. »Dann darf ich Ihnen eine ruhige Nacht wünschen. Mögen Sie nicht ein einziges Mal aus dem Schlaf geholt werden!«
    »Das ist ein frommer Wunsch, der bisher noch niemals in Erfüllung gegangen ist. Der Blinddarm vom Dienst oder die Gallenkolik kommt bestimmt.«
    *
    Dr. Heidmann war in sein Zimmer gegangen. Eine Dreiviertelstunde war bereits vergangen, seit sich Dr. Wagner abgemeldet und versprochen hatte, seine Telefonnummer durchzugeben. Es hatte sich nichts gerührt. Er hatte dann die Nachtschwester, die sich inzwischen eingefunden hatte, gebeten, ihn sofort zu benachrichtigen, wenn Dr. Wagner anriefe. Sie hatte es ihm versprochen.
    Er hatte kaum den Fernsehapparat eingeschaltet, um sich die Sendung ›Medizin im Dritten‹ anzusehen, als das Telefon schellte. Er atmete auf. Das mußte Wagner sein – oder wenigstens die Schwester, die ihm jetzt die Telefonnummer durchgeben würde.
    Er nahm den Hörer ab und meldete sich, aber es war nicht der Oberarzt. Es war die Aufnahmeschwester.
    »Es ist ein Unfall gemeldet, soll ziemlich schlimm sein. Vielleicht gehen Sie schon mal in die Aufnahme, damit der arme Kerl nicht allzulange zu warten braucht.«
    Dr. Heidmann legte den Hörer auf die Gabel, stellte den Fernseher ab und zog seinen weißen Kittel über. Er hatte ein ungutes Gefühl, als er durch den Garten zur Chirurgischen Klinik ging.
    Er stieg die drei Stufen empor, die zum Eingang führten, und ging den langen Gang hinunter bis zum Aufnahmeraum. Dr. Phisto wartete bereits auf ihn.
    »Wir sollten Oberarzt Wagner gleich benachrichtigen. Ich hatte das Gespräch vorhin entgegengenommen. Es scheint sich um einen recht schweren Unfall zu handeln.«
    »Ich weiß nicht, wo Oberarzt Wagner steckt.« Heidmann ließ sich in den Sessel vor dem Schreibtisch fallen. »Er hat mir zwar vor –«, sein Blick fiel auf die Uhr, »fünfzig Minuten versprochen, Nachricht zu geben, wo ich ihn erreichen kann. Aber das hat er nicht getan. Hoffentlich geschieht das nun bald!«
    Der Anästhesist lachte laut. »Ihr Wort in Gottes Gehörgang!« Er ging im Zimmer auf und ab, lehnte sich dann gegen den Schreibtisch und empfahl: »Vielleicht rufen wir auf jeden Fall Dr. Bruckner an.«
    »Das würde ich auch tun, aber der streikt heute! Er sagte mir vorhin beim Abendessen, daß er endlich einmal einen ungestörten Abend verleben möchte.«
    »Traurig, traurig!« Dr. Phisto setzte sich auf die Schreibtischplatte, zog sich einen Stuhl heran und stellte die Füße darauf. »Es ist doch immer wieder dasselbe. Wenn dieser Wagner Dienst hat, weiß man nie,
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