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Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Titel: Die Nacht in mir: Roman (German Edition)
Autoren: Nancy Baker
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Lärm der Party sie ebenso einhüllen konnte wie vorher seine Umarmung. »Hol auch gleich noch die andere Flasche heraus, die ich in deiner Tasche sehe. Komm rein und betrinke dich ebenso sinnlos wie wir anderen«, instruierte er sie.
    Könnte durchaus sein, dass ich das tue, dachte Ardeth und trat in den langen Korridor, der zur Küche führte. Die Party war voll in Schwung, Musik dröhnte aus der Stereoanlage, und sämtliche Räume des alten Hauses waren vollgestopft mit Menschen.
    Die Küche war wie gewöhnlich das Zentrum gesellschaftlicher Aktivität. Ardeth zwängte sich an ein paar Frauen vorbei, die sie nicht kannte, um an die Theke zu gelangen. Sie hatte es gerade geschafft, sich einen großzügigen Schuss Wein einzuschenken – die Plastikgläser helfen, dachte sie –, als sie hörte, wie jemand ihren Namen rief.
    Ardeth drehte sich um und sah, dass Carla ihr von der anderen Seite der Küche aus zuwinkte. Sie quetschte sich zwischen zwei Männern hindurch, die in eine tiefgründige Konversation über Wirtschaftstheorien verwickelt waren, und erreichte die Ecke, die Carla und ihre Freunde für sich mit Beschlag belegt hatten.
    Sie erkannte Danny und Roger – beide studierten Geschichte und mussten ihre Abschlussarbeiten zur selben Zeit wie Ardeth einreichen –, Richard, der nach dem Vordiplom aufgegeben und bei irgendeiner obskuren Regierungsstelle Arbeit gefunden hatte, und Conrad, der die University of Toronto verlassen hatte, um hier an einer Vorstadtuniversität im Nirgendwo seinen Doktor zu machen.
    »Ardy, du hast es geschafft!«, rief Carla und streckte beide Arme nach ihr aus. Ardeth erwiderte die Umarmung kurz und trat dann einen Schritt zurück, um der anderen Frau zuzulächeln.
    »Natürlich habe ich es hierhergeschafft. Hast du gedacht, ich würde mir das entgehen lassen?«
    »Also, so wie Roger es schildert, hast du deine Nase so tief in den Büchern vergraben, dass du am Ende noch einen Schönheitschirurgen brauchen wirst, um sie wieder frei zu bekommen.« Den anderen Grund, weshalb sie nicht mit Ardeths Kommen gerechnet hatte, erwähnte sie nicht; niemand tat das.
    »Roger übertreibt«, sagte sie und warf dem an der Wand lehnenden, blonden Mann einen schnellen Blick zu. Und normalerweise sind seine Übertreibungen noch viel plastischer, dachte Ardeth. Laut ihm ist es sicherlich nicht nur meine Nase, die in den Büchern steckt. »Ich hätte mir das nie entgehen lassen, obwohl ich mir vorstellen kann, dass wir alle im Augenblick ziemlich viel zu tun haben.«
    »Und, was macht denn so Der öffentliche Verkehr und Privatbesitz in Toronto: 1861 bis 1900 ?«, fragte Conrad. »Aber vielleicht sollten wir einander solche Dinge gar nicht fragen.«
    » Der Öffentliche Verkehr und Privatbesitz macht gute Fortschritte, und ich vertraue darauf, dass Politische Doktrinen im Russland des neunzehnten Jahrhunderts ebenso gut vorankommt. Und ich gebe dir Recht, lasst uns wenigstens versuchen, diese Themen für den Rest des Abends unter Strafe zu stellen.«
    »Damit bleiben nur Politik und Religion«, stellte Richard fest. »Hat irgendjemand in letzter Zeit die Partei oder den Gott gewechselt?«
    »Wenn das die einzigen noch verbliebenen Gesprächsthemen sind, dann plane ich, schnell die Lokalität zu wechseln. Con, gib mir doch noch ein Bier, und dann werden wir Ladies euch Gentlemen mal allein lassen, damit ihr aushandeln könnt, wer Recht hat – und wer rechts oder links der Mitte steht«, erklärte Carla entschieden. Con warf ihr die Bierflasche zu, die sie mit beiden Händen auffing. Sie nahm Ardeths Arm und bugsierte sie aus der Küche heraus.
    »Wie geht es dir?«, fragte sie vorsichtig.
    »Gut, Carla.«
    »Peter hätte fast die Party abgesagt … nach dem, was mit Tony passiert ist. Aber Lise hat ihn davon abgebracht.«
    »Ich bin froh, dass sie’s geschafft hat. Wir können nicht so tun, als wäre unser aller Leben zu Ende, weil Tony tot ist. Zwischen uns war ohnehin Schluss, das weißt du ja.«
    »Ja, ich weiß. So, und jetzt, da wir das hinter uns haben, trink deinen Wein, Mädchen, und dann versuchen wir, hier jemanden zu finden, der nicht fachsimpelt.« Ardeth lachte, nahm einen großen Schluck aus ihrem Becher, so groß, dass ihre Kopfhaut ein wenig prickelte, und ließ sich von Carla durch die Menge führen.
    Die Party entwickelte sich auf die übliche Art und Weise. Ardeth bewegte sich zwischen den Gruppen, beteiligte sich an Gesprächen und löste sich wieder daraus, und all das vor dem
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