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Die Nacht, in der er zurueckkehrte

Die Nacht, in der er zurueckkehrte

Titel: Die Nacht, in der er zurueckkehrte
Autoren: Raeanne Thayne
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noch in die Schule gegangen war, hatte sich das für ihn als sehr praktisch erwiesen, weil er damit die Lehrer hatte austricksen können. Aber diejenigen, die ihn kannten und liebten, fielen meist nicht darauf herein.
    „Entschuldigung, was hattest du gerade gefragt?“
    Sie sah, dass er sich vor Erschöpfung mit einer Hand am Küchentisch abstützte, und nahm ihm das Baby ab.
    Als die Kleine sich weich in ihren Arm schmiegte, spürte Easton einen schmerzhaften Stich. „Seit wann hast du denn nicht geschlafen?“, fragte sie.
    Er blinzelte sie müde an. „Was ist denn heute für ein Tag?“
    Diesmal war sie sicher, dass das nicht scherzhaft gemeint war. „Mittwoch. Und wenn ich dich so ansehe, würde ich sagen, dass du zuletzt am Sonntag oder Montag ein Bett gesehen hast.“
    „Könnte hinkommen.“
    Isabella patschte mit den Händen auf Eastons Wangen und gluckste vor Vergnügen. Easton lächelte sie an, bevor sie sich mit ernstem Gesicht Cisco zuwandte. „Was hast du dir dabei gedacht, in diesem Zustand Auto zu fahren? Mit einem Baby auf dem Rücksitz!“
    „Du kennst mich doch“, erwiderte er mit schiefem Lächeln. „Ich habe immer noch einen Schub Energie in Reserve.“
    Nein, sie kannte ihn nicht. Nicht mehr. Früher waren er und seine Ziehbrüder Brant und Quinn ihre besten Freunde gewesen. Sie hatten alle Geheimnisse geteilt und ihren gemeinsamen Träumen nachgehangen.
    Und dann hatte sich alles verändert.
    Das Baby griff in ihre Haare und zog an einer Strähne. Easton spürte, wie ihr die Tränen kamen, denn der Schmerz erinnerte sie an einen tieferen, nicht körperlichen Schmerz. Als sie ein anderes dunkelhaariges Baby im Arm gehalten hatte, wenn auch nur für einen kurzen Moment.
    „Wirklich, East, es tut mir schrecklich leid, dass ich dich so überfallen habe. Ich hätte dich anrufen sollen, aber wir sind erst nach Mitternacht in Salt Lake City angekommen.“
    Keine Erklärung, was er hier mit einem fremden Baby machte. Typisch für ihn, Fragen nicht direkt zu beantworten.
    „Ich wusste nicht, wo ich sonst hätte hingehen sollen. Meinst du, ich könnte für ein paar Tage hierbleiben?“
    Ihr erster Impuls war, ihm symbolisch die Tür vor der Nase zuzuschlagen, damit sie nicht von Neuem verletzt wurde.
    Sie atmete tief durch. Nein, inzwischen war sie stärker geworden. Wenn sie ganz allein eine Ranch bewirtschaften konnte, dann würde sie wohl ein paar Tage mit Cisco del Norte und seinem mysteriösen Kind aushalten. „Du weißt, dass genug Platz hier ist. Ich wohne allein in diesem Riesenhaus. Außerdem hast du genau wie Brant und Quinn einen Anteil an der Ranch. Ich kann dich gar nicht rauswerfen.“
    „Obwohl du es gern tätest?“
    Sie zuckte die Achseln und lächelte das Baby an, das sie anstrahlte und dabei zwei winzige Zähne sehen ließ.
    „Ist das deins?“
    Überrascht stellte sie fest, dass ihre Frage ein wenig Farbe in sein vor Müdigkeit graues Gesicht brachte. „Nein, um Himmels willen!“, rief er. „Glaubt ihr, ich hätte euch verschwiegen, wenn ich irgendwo ein Kind hätte?“
    Die bittere Ironie in dieser Bemerkung verstand nur sie selbst. „Was wissen wir schon von dir?“
    „Sie ist nicht mein Kind.“
    „Woher kommt sie dann, und was hast du mit ihr vor?“
    Er presste die Lippen zusammen. „Das ist eine sehr lange und komplizierte Geschichte.“
    Easton erwiderte nichts, sondern wartete ab. Diesen Trick hatte sie vor langer Zeit von Tante Jo gelernt, die eine unglaubliche Fähigkeit darin hatte, ihre Pflegekinder dazu zu bringen, sich um Kopf und Kragen zu reden.
    Offensichtlich fiel Cisco immer noch auf diese Taktik herein. Nach einer Weile seufzte er tief und fing an zu erzählen: „Ich war mit ihren Eltern befreundet. Ihr Vater wurde schon vor ihrer Geburt ermordet, und ihre Mutter starb letzte Woche. Kurz vor ihrem letzten Atemzug hat sie mich gebeten, Isabella zu Johns Familie in die Staaten zu bringen. Die Tante lebt in Boise. Das Problem ist nur, dass ich die Frau nicht erreichen kann.“
    Easton hätte noch viele Fragen gehabt, aber sie spürte, dass er physisch am Ende war. Mehr würde sie jetzt nicht aus ihm herausbekommen.
    Seine Gegenwart verunsicherte sie. Die meiste Zeit sah sie sich selbst als starke Frau, die sich und ihre kleine Welt vollkommen unter Kontrolle hatte. Aber es genügte, dass Cisco durch die Tür spazierte, um alle verdrängten Gefühle wieder an die Oberfläche zu bringen.
    „Wir reden später darüber. Leg dich erst mal schlafen.
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