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Die Nacht des einsamen Träumers.

Die Nacht des einsamen Träumers.

Titel: Die Nacht des einsamen Träumers.
Autoren: Andrea Camilleri
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mit ihrem Mann Martino, acht Kinder in die Welt gesetzt hatte. Der Älteste war zwanzig, die Jüngste fünf. Der Maurermeister im Ruhestand war Vollzeit-Opa und hatte ein kleines Zimmer, in dem er Montalbano empfing. Doch die Unterhaltung gestaltete sich schwierig, weil es in den anderen Zimmern so laut war. Nachdem Trupia den Commissario angehört hatte, erklärte er als Erstes, dass D'Arrigo nicht genau berichtet hatte, was er zu ihm gesagt hatte.
    »Litt der Ingegnere nicht an Schwindelanfällen?«

      »Doch, das schon. Aber es stimmt nicht, dass wir ihn verarscht haben.«
    »Die Arbeiter haben sich nicht über ihn lustig gemacht?«

    »Nein. Beim ersten Mal waren wir zu viert, abgesehen vom Ingegneri Pennisi. Ich, Tanu Ficarra, Gisuè Licata und der Ingegneri Alletto. Der Ingegneri Pennisi ist später gekommen, da waren wir schon auf dem Gerüst. Der Ingegneri Alletto hat zu ihm gesagt, er soll auch rauf. Aber wie Pennisi oben war, ist er von links nach rechts getaumelt, wie wenn er betrunken wäre. Dann hat er sich an einer Stange festgehalten und hat sich nicht mehr vom Fleck gerührt. Die Haare standen ihm vom Kopf ab, und seine Augen waren weit aufgerissen. Da haben wir ihn runtergetragen, er war steif wie ein Stockfisch. Und dann haben wir gesehen, dass er in die Hose gemacht hat, und da mussten wir lachen. Aber der Ingegneri Alletto hat gesagt, dass er uns entlässt, wenn wir noch mal lachen. Und danach gab es dann keinen Grund mehr zum Lachen, weil der Ingegneri Pennisi sich nicht mehr getraut hat, auf ein Gerüst zu klettern.«
      »Warum haben Sie denn das im Prozess nicht gesagt, Trupia?«

      »Weil mich keiner danach gefragt hat. Und ich wollte nichts mit der Justiz zu tun haben. Wer in die Justiz verwickelt ist, zu Recht oder zu Unrecht, zieht immer den Kürzeren.«
      »Und warum erzählen Sie mir jetzt alles? Ich bin ein Vertreter der Justiz. Und das wissen Sie ganz genau.«
      » Egregiu signuri, Sie vergessen, dass ic h schon über siebzig bin. Und da können Sie mir genauso scheißegal sein wie die Justiz, die Sie vertreten.«

    »Sehr geehrter Ingegnere Pennisi, ich bin Commissario Montalbano. Wir haben vor einigen Tagen gemeinsam bei Ihrem Cousin, Preside Burgio, zu Abend gegessen. Am nächsten Tag erzählte mir Ihr Cousin, dass er unsere Begegnung arrangiert hatte. Der Preside ist trotz Ihrer Verurteilung aufrichtig und zutiefst von Ihrer Unschuld überzeugt: Vielleicht erhoffte er von mir, mit sicheren Beweisen, eine Art offizielle Bestätigung seiner Überzeugung. Doch Sie weigerten sich während des Abendessens, mich um diese Bestätigung zu bitten: Irgendwann muss Ihnen die Nutzlosigkeit jeglicher Intervention meinerseits klar geworden sein. Nutzlosigkeit vielleicht nicht vor der Justiz, jedoch angesichts der erlittenen Zerstörung Ihrer Existenz, einer irreparablen Zerstörung. Ich werde Ihnen niemals die verlorene Jugend, versäumte Liebe, nicht gelebte oder durch den Filter der Gitterstäbe gelebte Freude und Trauer zurückgeben können: Sie haben in diesem Augenblick die Nutzlosigkeit der Unschuld begriffen. Deshalb schreibe ich Ihnen diese Zeilen nur widerstrebend. Ihre Adresse in Rom habe ich von Preside Burgio, den ich angelogen habe, denn ich sagte, ich müsse bald nach Rom und würde Sie gern treffen. Sie werden wissen wollen, warum ich Ihnen schreibe, wenn ich es doch nur widerstrebend tue. Ich bin Polizist, Ingegnere. Ihr Cousin hat den Mechanismus in Gang gesetzt, den ich unglücklicherweise im Kopf habe, und dieser Mechanismus kommt nicht zum Stillstand, wenn er nicht irgendein Ergebnis hervorbringt. So stellte ich Nachforschungen an und las dazu auch die Prozessakten.
    Wann merkten Sie zum ersten Mal etwas von den Machenschaften, zu deren Durchführung man sich Ihrer bedient hatte? Ich will eine Vermutung anstellen, die Sie, wenn Sie wollen, bestätigen oder abstreiten können. Sie erklärten, Sie seien in der Tatnacht durchgehend zu Hause gewesen. Aber das war falsch. Sie verließen Ihr Haus, um in die kleine Wohnung zu fahren, die Sie für Ihre Treffen mit Renata Alletto gemietet hatten. Am Nachmittag des vorherigen Tages hatte Renata Sie wissen lassen, dass sie die Nacht mit Ihnen verbringen wolle. Sie fuhren also in die Wohnung, doch aus unerfindlichen Gründen erschien Renata nicht. Von da an hatten Sie beide keine Gelegenheit mehr, sich ungestört zu treffen, das Verschwinden von Ingegnere Alletto mit all den Untersuchungen und Nachforschungen hatte Renatas
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