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Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition)

Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition)

Titel: Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition)
Autoren: Seth Grahame-Smith
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Unterlass sein Schwert auf jeden niedersausen ließ, der ihm im Weg stand. Dabei schrie er: » TOD ! Tod euch allen!«
    Pilatus sah den kopflosen Magier noch einen Augenblick an, dann drehte er sich um und verließ den Saal, gefolgt von seinen Offizieren. Hier gab es nichts weiter zu tun. Er hätte Herodes selbst umgebracht, wenn er die Befugnis besessen hätte. So blieb ihm nichts anderes übrig, als nach Rom zurückzueilen und seinem Kaiser zu berichten, was vorgefallen war. Ihn um Verzeihung anzuflehen und den Zorn eines lebenden Gottes auf Judäas Marionettenkönig heraufzubeschwören.
    » TOD !«, schrie Herodes, während er Kurtisanen und Berater gleichermaßen niederstach. »Tod!«, schrie er, während er die Köpfe und Gliedmaßen der weisen Männer und Frauen abhackte, die es nicht wagten, sich zur Wehr zu setzen.
    »Tod euch allen!«
    Und so ging es fort, bis noch sein letzter Untertan entweder gefallen oder geflohen war, und Herodes bei der kopflosen Leiche des Magiers zusammenbrach – seine Brust hob und senkte sich rasch, die müde Lunge und schwache Muskulatur schmerzten von der Anstrengung.
    Der hebräische Gott hatte ihn lächerlich gemacht. Herodes hob den Blick zur Decke und rief mit seiner heiseren Stimme, so laut er konnte: »Ist dies meine Belohnung dafür, dass ich deine Juden verteidige? Dass ich ihnen großartige Städte errichte? Vergiltst du es mir so?«
    Der Magier war tot. Und mit ihm das Versprechen ewigen Lebens, die Chance, ein Reich aufzubauen. Und die Hoffnung. Das war das Schlimmste, die Hoffnung – der Wein der Schwachen.
    Alles war tot. Und binnen weniger kurzer Minuten war alles vorbei.
    Hier war Herodes der Große und kniete auf dem steinernen Boden neben der kopflosen Leiche des Magiers … hielt die gewölbten Hände unter das Blut, das immer noch aus dem Hals rann … sammelte es und trank es in großen Schlucken.
    Wenn … wenn er vielleicht nur genug davon trinken könnte … vielleicht könnte er dann wieder genesen.
    Vielleicht könnte er ewig leben.
    Josef stand am Bug einer neun Meter langen römischen Trireme und hielt das schlafende Baby, während Maria die spärlichen Vorräte des Schiffes nach Nahrungsmitteln durchsuchte. Er blickte auf das winzige Wesen, das friedlich in seinen Armen schlief – satt und geliebt und in Sicherheit. Noch nicht einmal zwei Wochen alt und schon Überlebender von mehr Gefahren, als die meisten Menschen im Laufe ihres ganzen Lebens ausgesetzt waren.
    Der Sturm hatte sich gelegt, sodass das Meer glatt und ruhig dalag, und der Himmel voller zerrissener, leuchtend roter Wolken war. Die Sonne hatte die Zehenspitzen im Westen ins Wasser getaucht und ließ sich langsam für die Nacht in Neptuns Königreich gleiten. Es war herrlich und friedlich und unerträglich traurig. Denn noch während Josef das schlafende Kind betrachtete, wusste er, dass der Junge ihn eines Tages verlassen würde.
    Und zwar früher, als es dein Herz ertragen wird, Josef.
    Er würde ihn verlassen und hinaus in die Welt ziehen, denn der Welt gehörte er. Sein schöner, schlafender Sohn.
    Es ist okay, wenn ich ihn meinen Sohn nenne, nicht wahr? Gewiss wird Gott mir das verzeihen, denn ich ertrage es nicht, ihn als etwas anderes anzusehen.
    Josef hoffte, dem Kind etwas darüber beibringen zu können, was es bedeutete, ein Mann zu sein. Die Thora lehren, und wie man ein Stück Holz nahm und mit seinem Verstand und seinen Händen etwas Nützliches daraus schuf. Doch alles zu seiner Zeit. Jetzt gab es nichts außer segensreichem Frieden. Das Meer hatte sich zwar für sie nicht geteilt, wie es das für ihre Vorfahren getan hatte, doch es war dennoch ihre Rettung gewesen.
    Er war nicht der Einzige, der den Abendhimmel bewunderte. Balthasar stand am Steuer, eine Hand am Ruder, die andere mit Selas Hand verschränkt. Ihr Kopf ruhte leicht an seiner Schulter, und beide staunten voll Ehrfurcht über die Kraft und Schönheit der Natur. Über den Augenblick und die Wunder, derer es bedurft hatte, dass sie diesen Augenblick erleben durften.
    Balthasar fing gerade erst an, in Gedanken alles zu sortieren, was sich in den letzten Tagen ereignet hatte. Sein Verstand blätterte rasch durch die ungefilterten Bilder von Blut und Verrat, von wandelnden Leichen und sterbenden Königen. Doch er hielt inne, als er sich an einen ganz besonderen Moment erinnerte: etwas, das der alte Mann in seinem Traum gesagt hatte, als Balthasar ihn fragte, wie lange er bei dem Baby bleiben müsse:
    »Bis du ihn
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