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Die Mutter

Die Mutter

Titel: Die Mutter
Autoren: Brett Mcbean
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Wahrheit. Und ich meine nicht nur mein Aussehen - dass ich auf dem Kopf statt vollem blondem Haar nun kurze, stachelige Büschel habe, fast wie goldgelbe Strohbündel. Oder dass ich dünner bin als früher und kein Make-up trage. Es ist mehr als das. Ich erkenne mich selbst nicht, wenn ich in meine Augen schaue. In ihnen liegt (oder fehlt) etwas, das mir Angst macht. Ich kann es nicht richtig erklären, aber nach allem, was ich durchgemacht und nach all den Entscheidungen, die ich getroffen habe, ist es kein Wunder, dass ich ein anderer Mensch bin als die Person, die noch vor ein paar Monaten auf dieser Welt, in diesem Haus, in diesem Körper lebte.
    Okay, genug des Wahnsinns. Es gibt einen Grund, weshalb ich diesen Brief schreibe. Dieser Grund ist, glaube ich, dass ich Ihnen etwas von mir erzählen möchte - wer ich war, weshalb ich tue, was ich tue - und, am allerwichtigsten, von meiner Tochter Rebecca. .
    Mein süßer Liebling Rebecca. Mein ganzer Lebensinhalt. Meine einzige Freude im Leben.
    Und, wenn ich dazu in der Lage bin, erzähle ich Ihnen von ihrem Tod- der Grund, aus dem ich diese Reise antrete, diese Mission, wenn Sie so wollen. Ich werden diesen Scheißkerl finden, finden und...
    Entschuldigung, ich greife vor - wie Sie sehen, bin ich noch immer ziemlich mitgenommen. Wenn ich fertig bin, wird ein Großteil dieses Briefes wegen all der Tränen, die die Tinte verschmieren, bestimmt vollkommen unleserlich sein. Aber ich will sie nicht mit den Einzelheiten meines erbärmlichen, bemitleidenswerten Lebens langweilen. Sie werden zweifellos ans Licht kommen, falls ich erreiche, was ich zu erreichen hoffe und die Medien Wind von der Sache bekommen. Nicht, dass ich mir einbilde, ich wäre eine so interessante Person oder würde mein Ziel erreichen, aber angesichts der Tatsache, dass Sie diesen Brief lesen, habe ich meine Mission in gewisser Weise erfüllt.
    Und davon mal abgesehen: Hat nicht jeder eine Geschichte zu erzählen?
     
    GAVIN, DER KUNSTLER
     
    Er saß in Ronnie's Roadhouse, einem bescheidenen, aber angenehmen Take-away-Restaurant außerhalb von Avenel. Es war das Einzige seiner Art auf dem Hume Freeway. (Victoria hatte den schmalen zweispurigen Highway, der sich noch immer durch den benachbarten Bundesstaat zog, zugunsten einer schnelleren Autobahn mit vier Fahrstreifen abgeschafft.) Er ließ sich gerade sein Frühstück aus Pfannkuchen mit Speck, gegrillter Ananas, Ahornsirup und geschlagener Butter schmecken, als eine Frau das Restaurant betrat.
    Gavin schaufelte ein vor Sirup triefendes Stück Pfannkuchen mit Speck in seinen Mund und beobachtete sie, während sie an der Mitnahmetheke stand. Sie blickte sich um, so als suche sie nach jemandem. Es war ihr ungewöhnliches Gesicht, das Gavins Aufmerksamkeit erregte. Er lebte von ungewöhnlichen Gesichtern.
    Gavin spülte das Essen mit einem großen Schluck schwarzem Kaffee hinunter und betrachtete sie weiter.
    Er war sich nicht sicher, was genau denn so ungewöhnlich am Gesicht der Frau war; sonst hatte sie niemand im Restaurant bemerkt - nicht einmal die Kellnerin. Aber nach all den Jahren, in denen er die Gesichter der Menschen studiert und die Bedeutung hinter den Falten und Formen aufgedeckt hatte, war er ziemlich gut darin, das Einzigartige zu erkennen.
    John Wayne - also, der hatte wirklich ein interessantes Gesicht.
    Genauso wie Bette Davis.
    Sylvester Stallone, Robert De Niro, Katherine Hepburn - alles Menschen mit wunderbar einzigartigen Gesichtern. Man wusste sofort, dass sie ein interessantes Leben gelebt hatten.
    Aber nicht allein die Reichen und Berühmten hatten die besten Gesichter. Gavin sah jeden Tag Menschen, die er unbedingt malen wollte. Er wollte herausfinden, was unter der Haut verborgen lag, was sie wirklich zu dem machte, was sie waren. Was bedeutet der Krähenfuß an deinem linken Auge? Diese Falte,
    die sich über deine Stirn zieht - welcher Schmerz, welche Sorgen haben sie verursacht? Diese Dinge interessierten Gavin.
    Urplötzlich hielt die Frau ihn mit starrem Blick gefangen. Als sie auf ihn zukam, blickte er auf den Tisch hinunter und spürte, wie die Hitze in seinem Gesicht aufstieg.
    Er hasste es, wenn sie ihn dabei erwischten, wie er sie beobachtete.
    »Darf ich mich neben dich setzen?«, fragte sie. Überrascht blickte Gavin auf. Die Frau stand neben seinem Tisch und lächelte ihn an. Von Nahem sah sie noch viel wundervoller aus. Hinter ihrem Lächeln lagen ungeheure Traurigkeit und Schmerz. »Ah, ja, klar.«
    »Nur,
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