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Die Muse des Mörders (German Edition)

Die Muse des Mörders (German Edition)

Titel: Die Muse des Mörders (German Edition)
Autoren: Sarah Wedler , Nadine d'Arachart
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war längst angebrochen, doch das Telefon hatte immer noch nicht geklingelt. Seit sie aufgestanden war, trug Madeleine es mit sich herum wie eine tonnenschwere Last. 
    Sie verließ das Bad und eine Wolke aus Wasserdampf und Chanel Nummer Fünf folgte ihr in den Korridor. An den Wänden reihten sich Drucke von Meeresmotiven aneinander, aber auch die sonnigen Kunstwerke vermochten sie heute nicht zu entspannen. Sie lief die Treppen hinab ins Erdgeschoß und schlüpfte in ihre Slipper, um im Fall der Fälle sofort losfahren zu können. Ihre Handtasche und ihre Hausschlüssel lagen bereit, die Nummer eines Taxiunternehmens hatte sie im Kopf. Wäre Lucy hier, würde sie darauf bestehen, sie selbst zur Klinik zu fahren. Im Moment war sie aber außer Haus, um die Einkäufe zu erledigen. Madeleine war froh darüber. Obwohl sie um ein professionelles Verhältnis bemüht war, führte sich ihr Hausmädchen nach über zehn Jahren manchmal wie eine besorgte Tochter auf. 
    Sie warf einen Blick in den Spiegel neben der Garderobe. Vorhin im Bad hatte sie leichten Lidschatten und Rouge aufgelegt, um den Eindruck zu erwecken, sie sei frisch und ausgeruht. Sie wusste, dass Paul sich mehr um sie als um sich selbst sorgte, und wollte heute versuchen, ihm keinen Anlass dazu zu bieten. Gestern hatte er, seinem Zustand zum Trotz, all seinen Charme aufgebracht, um sie von ein paar Stunden Erholung zu überzeugen. Er hatte ihr verboten, vor heute Nachmittag wieder bei ihm aufzutauchen, und sie hatte sich vorgenommen, sich ihre Besorgnis nicht mehr so deutlich ansehen zu lassen. Ob ihr das mit ihrer Maskerade gelingen würde, war jedoch fraglich. Mit Schminke war sie immer sparsam umgegangen. Paul wusste das und würde sich wundern, wenn er sie so sah. 
    Sie wandte sich vom Spiegel ab, betrat das Wohnzimmer und ließ sich in einen der französischen Clubsessel sinken. Sie war bereit, nur das Telefon schwieg noch immer. Ohne wirkliches Interesse schaltete sie den Fernseher ein und zappte durch die Kanäle. Die Auswahl war nicht allzu groß. Auf nahezu jedem Programm liefen Nachrichten. Immer wieder flimmerte ein altes Gebäude über den Bildschirm, gefolgt von einer Aufnahme des mürrischen Polizisten, der während der letzten Wochen ständig in den Medien gewesen war. Der Sprecher rasselte Informationen herunter und verhaspelte sich zweimal bei der Bekanntgabe der Tatsache, dass während der Nacht die wohl letzte Giftmischerin gefasst worden war. Die Bilder zeigten, wie eine Frau mittleren Alters mit stumpfen schwarzen Haaren und Hass im Blick in Handschellen aus dem Gebäude geführt wurde. Ohne dass Madeleine benennen konnte, woran es lag, umgab die Frau eine Aura, die sie selbst wie pures Gift wirken ließ.
    Madeleine hatte Bilder von Margaretha Brenier gesehen, der Drahtzieherin der Giftaffäre. Brenier war eine Schönheit mit dem Gesicht einer Porzellanpuppe. Kein Wunder, dass der Inspektor in ihrem Fall anders vorgegangen war. 
    Der Sprecher berichtete weiter, dass die Spurensicherung noch immer im Haus und im Garten beschäftigt war. In der Nacht seien dort die Überreste mehrerer Säuglinge, Embryonen und Föten in unterschiedlichen Entwicklungsstadien gefunden worden. Über Vecinas Motive oder den Zusammenhang mit den Giftmorden gab es hingegen noch keine Informationen.
    Ein Rascheln ließ Madeleine aufblicken. Lucy war in die Tür getreten. Sie trug eine volle Tüte in den blassen, tätowierten Armen und blickte wütend auf den Fernseher. Lucy selbst hatte keine Kinder, aber drei Neffen, und Madeleine wusste, dass sie sehr an ihnen hing. Vermutlich dachte sie gerade daran, wie sie jeden der drei als Säugling in den Armen gewiegt hatte. Unvorstellbar, dass jemand in der Lage war, ein so wehrloses Geschöpf kaltblütig zu ermorden.
    »Heftig«, sagte Lucy. »Was für Leute tun so etwas?« Ohne eine Antwort abzuwarten, verließ sie das Wohnzimmer und machte sich daran, die Einkäufe einzuräumen. 
    Madeleine hatte in ihrem Leben zu viel gesehen und von zu vielen Undingen gehört, um noch nach dem Warum zu fragen. Sie schaltete den Fernseher ab und wie auf ein Zeichen hin läutete in diesem Moment das Telefon. 
       
     

7.
    Das Klingeln seines Handys riss Dominik aus dem Schlaf. Orientierungslos tastete er nach seiner Hose und zog das Telefon heraus. Er fühlte sich, als wäre er gerade erst eingeschlafen, doch draußen war es hell und sein Wecker zeigte in roten, erbarmungslos leuchtenden Zahlen an, dass es bald Mittag
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