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Die Mütter-Mafia

Titel: Die Mütter-Mafia
Autoren: Kerstin Gier
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Armbanduhr.
    »Aber - hey!« Ich fasste es einfach nicht. Der Mann tauschte die Schlösser aus, als wäre ich eine Verbrecherin, vor der man sich schützen musste! »Meinst du nicht, es hätte gereicht, das Schloss an der Wohnungstür auszuwechseln? Ich meine, falls ich auf die Idee kommen sollte, deine Hi-Fi-Anlage zu klauen, während du bei der Arbeit bist. Oder« - auf die Idee kam ich aber jetzt erst - »dich im Schlaf mit einem Kissen zu ersticken!«
    Lorenz schien meine Überlegungen nur lästig zu finden. Meine Entdeckung war ihm nicht mal peinlich. »Conny, können wir jetzt? Julius friert.«
    Ich hätte in diesem Moment gerne einen von Nellys hysterischen Kreischanfällen bekommen und Lorenz auf der Straße eine schreckliche Szene gemacht, aber schreckliche Szenen lagenmir nicht. Stattdessen wiederholte ich nur ein bisschen bockig, dass ich aber nun mal ganz dringend aufs Klo müsse, egal wie eilig er es auch habe.
    Lorenz gab mit einem Seufzer nach. Er drückte Nelly den Autoschlüssel in die Hand und wies sie an, mit Julius schon in die Tiefgarage vorzugehen und im Auto auf uns zu warten.
    »Du kannst Julius schon mal anschnallen«, sagte er. »Wir kommen in fünf Minuten nach.«
    Offenbar wollte er mich nicht ohne Bewachung in die Wohnung gehen lassen. »Hast du Angst, dass ich im Stehen pinkele?«, fragte ich gereizt, während wir die Treppe hochstiegen. »Oder meinst du, ich könnte mir unauffällig den wertvollen Couchtisch unter die Jacke stecken und aus der Wohnung schmuggeln?«
    »Ich will nur, dass du dich beeilst«, sagte Lorenz. »Ich kenne dich!« Er schloss die Wohnungstür auf So, so, er kannte mich doch! Dass ich nicht lachte. Betont langsam schlenderte ich in den Flur. Statt ins Badezimmer bog ich in den Wohn- und Essbereich ein und sah mich um. Genau, wie ich erwartet hatte: Es war so, als hätte ich niemals hier gelebt. Keine Spur von mir. Nicht mal der Rotweinfleck, den ich vor meiner Abreise nach Pellworm auf dem Teppichboden verursacht hatte, war mehr zu sehen.
    Lorenz war mir mit einem Seufzer gefolgt.
    »Wo ist denn das Küchenbüfett?«, fragte ich, nur um ihm einen weiteren Grund zum Seufzen zu geben.
    »Wo wohl! Zusammen mit deinen anderen Sachen in Mutters Haus. Äh, in deinem Haus!«
    »Aber es gehört dir«, sagte ich. »Ich hab es dir zur Hochzeit geschenkt.«
    Lorenz seufzte. Dann sagte er: »Ich dachte, du würdest es vielleicht wiederhaben wollen.«
    »Du willst wohl alles raushaben, was dich an mich erinnert, stimmt's?«
    Lorenz antwortete nicht. Er drehte nur ungeduldig den Schlüsselbund in seiner Hand hin und her.
    »Tsss, was sollte dein albernes Gerede von wegen gute Freunde bleiben! Du-du-du schaffst es ja nicht mal, mit meinem Schrank unter einem Dach zu leben!« Meine Stimme klang ein bisschen schrill, und ich stotterte, wie immer, wenn ich aufgeregt war.
    »Geh jetzt endlich pinkeln«, sagte Lorenz.
    »Wieso, willst du nachher noch den Tatort gucken? Im Ernst, Lorenz, ob du nun das Küchenbüfett weggibst oder die Schlösser auswechselst: Ich werde immer Bestandteil deines Lebens bleiben.« Beinahe hätte ich noch einen echten Klassiker hinterhergeschoben: »Ich bin immerhin die Mutter deiner Kinder!« Aber bevor ich so weit sinken konnte, begab ich mich doch lieber auf die Toilette. Lorenz interessierten meine Gedanken sowieso einen feuchten Kehricht. Er wartete direkt vor der Tür, wahrscheinlich, damit ich nicht die wertvolle Designerklobürste mitgehen ließ.
    Was für ein unwürdiges Ende einer Ehe.
    »Das mit dem Küchenbüfett ist so was von kleinlich! Hätte ich dir gar nicht zugetraut«, sagte ich, als ich wieder aus dem Badezimmer herauskam. Ich versuchte, cool zu klingen, aber meine Stotterei verriet mich: »Was machst du mit den g-g-gemeinsa-men Fotos? In der Mitte durchschneiden?«
    Lorenz sah mich ein bisschen mitleidig an. »Ist dir schon einmal der Gedanke gekommen, dass ich das Büfett zurückgegeben haben könnte, weil es einfach nicht zu meiner Einrichtung passt?«
    Nee, der Gedanke war mir noch nicht gekommen.
    »Und was die Fotos angeht: Ich habe dir sämtliche Fotoalben in Mutters Haus gebracht. Äh, in dein Haus, meine ich.«
    Das war nur gerecht, schließlich hatte ich die Fotos auch alle eingeklebt.
    »Können wir jetzt endlich? Die Kinder warten!« Lorenz schubste mich förmlich ins Treppenhaus hinaus.
    Als er die Wohnungstür abschloss, war es zur Abwechslung mal ich, die seufzte.

 
     
    26. Februar
    Ich habe soeben erfahren, dass
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