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Die Meute

Die Meute

Titel: Die Meute
Autoren: David Fisher
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noch zappelnden Hirsch bei lebendigem Leib.
     
    Larry Hardman verabscheute Bloomingdales. »Bist du allmählich so weit?« drängte er seine Frau.
    Diane Hardman nahm einen Flanell-Schlafanzug und begutachtete ihn sorgfältig, ohne auf ihren Mann zu achten.
    »Ich weiß wirklich nicht, was du hier für die Insel kaufen willst«, stieß er mißmutig hervor.
    »Warme Sachen, Liebling«, sagte sie, und das Wort ,Liebling’ hatte einen sarkastischen Unterton. »Ganz warme Sachen für mich und die Kinder. Du möchtest doch nicht, daß deine Kinder im Urlaub erfrieren, oder?«
    Dagegen konnte er nichts sagen. »Jedenfalls sind mein Bruder und ich auf dieser Insel aufgewachsen, und irgendwie haben wir es geschafft, auch ohne Sechsundzwanzig-Dollar-Pyjamas von Bloomingdales, zu überleben.«
    »Ich weiß, ich weiß«, erwiderte sie lächelnd. »Deine Mutter war ja so überaus naturverbunden.«
    Er lächelte zurück. »Was du nun bestimmt nicht bist.«
    »Richtig, Larry, genau das bin ich nicht. Dafür bin ich eine kritische Kundin.« Sie wandte sich wieder ihren Einkäufen zu. Wenn es ans Bezahlen ging, würde Bloomingdale’s stolz auf sie sein.
    Am nächsten Morgen würden Larry und Diane, er erfolgreicher Architekt, sie ehemaliges Fotomodell, mit dem sechsjährigen Sohn Josh, der vierjährigen Tochter Marcy und dem zwei Jahre alten Basset Dopey ihre mit allen technischen Raffinessen der Neuzeit ausgestattete Wohnung in der Seventyeigth Street verlassen und den Zug nach Port Jefferson nehmen. Gegen Mittag würden sie an Bord der vierzehntägig verkehrenden Winterfähre nach Burrows Island gehen und kurz nach zwei das Haus von Thomas und Frieda Hardman erreichen. Sie hatten einen zweiwöchigen Winterurlaub vor sich.
    Und einiges mehr. Das Problem zwischen ihnen bestand aus Thomas und Frieda Hardman – braven und freundlichen Leuten, die freilich schon alt waren. Larry wollte seine Eltern zu sich in die Stadt nehmen. Diane sträubte sich dagegen, mit ihren Schwiegereltern zusammenzuleben.
    Es war das Hauptthema ihrer Streitgespräche beim Abendessen. »Sie sind schon alt«, betonte er immer wieder. »Und im Winter ist die Insel fast menschenleer. Niemand kann ihnen helfen, wenn es mal nötig sein sollte.«
    »Bis auf die Polizei.«
    »Gibt es nicht auf der Insel. Zuständig ist die Polizei von Suffolk County.«
    »Da brauchen sie ja nur anzurufen.«
    »Bei gutem Wetter würde es vierzig Minuten dauern, bis die Polizei kommt. Bei schlechtem Wetter ist die Insel praktisch von der Außenwelt abgeschnitten.«
    »Ihr ganzes Leben haben sie auf dieser traurigen Insel verbracht«, wandte sie ein. »In der Stadt würden sie sich völlig verloren vorkommen.«
    »Du könntest ihnen doch helfen, sich einzuleben.«
    »Und wie, wenn ich fragen darf? Vergiß nicht, ich habe bereits zwei Kinder, einen Hund, eine große Wohnung und einen Mann zu versorgen. Und mein eigenes Leben möchte ich auch noch leben.«
    »Ach ...« Er hob die Brauen. »Du bist es, die uns versorgt? Und ich dachte immer, es ist das Mädchen, das von mir hundertdreißig Dollar die Woche kriegt. Ich hatte noch gar nicht bemerkt, daß du seit neuestem kochst und saubermachst. Im übrigen könntest du von meiner Mutter durchaus etwas lernen. Sie ist eine sehr liebe alte Dame.«
    Diane hob die sorgfältig manikürten Finger und zählte ab, was sie da lernen konnte. »Häkeln, stricken, einmachen und, nicht zu vergessen, Socken stopfen, das macht eins, zwei, drei, vier. «
    Und Verantwortungsbewußtsein überlegte er, behielt diesen Gedanken aber für sich. Vielmehr sagte er: »Für die Kinder wäre es gut, wenn sie ihre Großeltern hier hätten.«
    »Daß sie einen Platz auf der Insel haben, wohin sie fahren können, ist noch viel wichtiger. Zurück zur Natur, nicht wahr? Reich mir die Broccoli, bitte. «
    Larry reichte ihr die Broccoli. »Uns würde es auch nicht schaden, wenn wir hin und wieder dort ausspannten. Hier verbringen wir unsere ganze Zeit damit, Geld zusammenzuraffen.«
    »Ach, bitte, Larry, ich dachte, das Thema wäre erledigt. Wie schon häufig gesagt – tut mir leid, wenn du mit mir nicht glücklich bist. Tut mir leid, wenn ...«
    »Warum drehst du mir jedes Wort im Mund herum? Ich habe niemals gesagt...«
    »Willst du mich bitte ausreden lassen?« Sie wartete. »Bitte?« Er sagte nichts. Sie legte die Gabel hart auf den Teller, womit sie eine definitive Erklärung anzukündigen pflegte. »Es tut mir auch leid, daß du nicht gern in der Stadt wohnst,
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