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Die Meute der Morrigan

Die Meute der Morrigan

Titel: Die Meute der Morrigan
Autoren: Pat O'Shea
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Stimme verriet es ihm.
Er fühlte, wie ihn plötzlich die Liebe zu ihr durchfuhr und beschloß im selben
Augenblick, ihr nichts über seine Heimfahrt zu erzählen — außer das mit der
Baustelle, weil dort im Grunde nichts Ungewöhnliches passiert war.
    Jetzt wo er in Sicherheit war,
wollte er nach allem greifen und alles festhalten, was vertraut und verläßlich
war. Er holte langsam die Einkäufe für Tante Bina aus der Satteltasche.
    «Wo ist Brigit?» fragte er.
    «Was fragst du mich?» sagte
Tante Bina. «Du kennst doch Brigit; die ist wer weiß wo.»
    «Vielleicht sollten wir sie
rufen. Falls ein Unwetter kommt.»
    Er versuchte seiner Stimme
einen beiläufigen Ton zu geben. Der Gedanke beunruhigte ihn, daß Brigit
ahnungslos allein herumlief. Sie war so zutraulich und unschuldig. Sie würde
sich leicht ködern lassen, wo sie doch erst fünf Jahre alt und noch ein ganz
schönes Dummerchen war.
    «Brigit!» rief er laut.
    «Was ist?» sagte sie und kam
aus einer unbenutzten Regentonne geklettert, indem sie Holzklötze als Stufen
benutzte. «Wieso rufst du?»
    «Ich dachte, du hättest dich
verlaufen», sagte Pidge verlegen.
    «ich mich verlaufen? Ich
verlauf’ mich nie. Ich war gerade unten im Inneren der Welt und habe einen
verrückten Ohrwurm getroffen, und wir haben einem Kampf zugeschaut, und dann
bin ich zurückgekommen, und ich hab’ mich gar nicht verlaufen, nicht eine
Sekunde lang.»
    «Hast du was mitgebracht von
deiner Reise?» fragte Tante Bina.
    «Nur den verrückten Ohrwurm.
Ich hab’ ihn mit raufgebracht, um ihm ein bißchen Hustensaft zu geben, damit es
ihm bessergeht, aber du kannst ihn haben, wenn du ihn willst.»
    Tante Bina überlegte.
    «Ich glaube nicht, daß ich ihn
brauchen kann», sagte sie. «Laß ihn lieber laufen.»
    Später, als sie beim Tee saßen,
erzählte Pidge ihnen von der Baustelle.
    «War da nicht mal eine
rheumatische Bohrmaschine?» wollte Brigit wissen. Sie nahm einen großen Bissen
von ihrem Butterbrot und kratzte sich den Rest von ihrem Ei aus der Schale.
    «Vielleicht waren es
Marsmenschen», sagte Tante Bina, denn sie interessierte sich sehr für den
Weltraum und las ständig Bücher darüber. Manchmal stellte sie sich auf den
kleinen Hügel hinter dem Haus und hielt sich ein Seemannsteleskop vor ein Auge,
um nach fliegenden Untertassen Ausschau zu halten. Pidge mußte lachen bei der
Vorstellung, daß Marsmenschen Straßenarbeiten für die Grafschaftsverwaltung
verrichteten, und dann merkte er, welch herrliches Gefühl der Leichtigkeit nach
dem Lachen seinen ganzen Körper erfüllte.
    «Das waren nicht die
Marsmenschen», sagte er und war sich seiner Sache sicher.
    Aber irgend jemand muß
es ja schließlich gewesen sein, dachte er. Wer war außer dem alten Angler um
diese Zeit auf der Straße? Er hatte das Gefühl, als sei ihm irgend etwas
Wichtiges entgangen. Dann fragte er plötzlich:
    «Hast du jemanden gesehen, der
auf einem Motorrad vorbeikam?»
    «Nein», sagte Tante Bina.
    «Aber ich», sagte Brigit
sachlich. «Zwei ganz Komische mit einem Haufen Hunde. Die eine hatte zwei
Kilometer langes rotes Haar, das wie ein Umhang hinter ihr herwehte, und die
andere hatte so eine Art blaue Haare wie Seile um den Kopf gewickelt Die Blaue
rauchte eine Zigarre. Die Hunde waren mager und liefen so schnell wie Wasser.
Sie winkten mir zu, aber ich hab’ so getan, als würd’ ich sie nicht sehen, weil
sie so komisch aussahen.»
    «Ach, das sind sicher
Touristinnen», sagte Tante Bina und lachte Brigit aus.
    «Wir haben genug an deinen
verrückten Ohrwürmern, Brigit!» rief Pidge, denn er wollte herausbekommen, was
wirklich los gewesen war, und sich nicht über irgendeine von Brigits
Geschichten amüsieren.
    «Es stimmt», sagte sie ruhig.
«Sie sind zu Mossie Flynns Haus gefahren.»
    Seltsame Touristinnen, dachte
Pidge.
    Brigit begann zu gähnen und
beeilte sich zu sagen, daß sie kein bißchen müde sei. Je mehr sie behauptete,
nicht müde zu sein, desto heftiger gähnte sie.
    «Ehrlich!» log sie, «außer
meinem Mund ist nichts an mir müde.» Die Augen begannen ihr zuzufallen.
    «Keine Mätzchen jetzt, Brigit.
Du könntest die Augen nicht mal mehr offenhalten, wenn wir sie mit
Wäscheklammern festmachen würden», sagte Tante Bina.
    «Wollen wir’s nicht mal
versuchen?» fragte sie hoffnungsvoll.
    «Ins Bett mit dir. Komm jetzt»
    Widerstrebend ließ Brigit sich
waschen, sagte Pidge Gute Nacht und kletterte vor Tante Bina die Holztreppe
hinauf, die zu den beiden kleinen
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