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Die Merowinger - Zorn der Götter

Die Merowinger - Zorn der Götter

Titel: Die Merowinger - Zorn der Götter
Autoren: Robert Gordian
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ganz vorzüglich. Du ahnst den Trick? Ich werde ihn dir nicht verraten, obwohl die obige Beschreibung kleine Hinweise enthält. Leider bist du ja eine Plaudertasche und kannst nicht einmal für dich behalten, wie du deine eigenen Wunder bewerkstelligst. Am meisten amüsierte ich mich über die angestrengte Miene deines Zauberlehrlings, des Diakons Chundo, dessen beschränkter Verstand vergebens rätselte. Der arme Kerl, der so gern auch ein Wunder vollbrächte, war völlig durcheinander, machte mir als Helfer nur noch falsche Handreichungen, und ich musste ihn fortschicken. Er kann mich nicht leiden, dennoch erfreue ich mich seiner höchsten Wertschätzung.
    Übrigens setzte das Wunder sich fort. Nachdem nun also der König getauft war, kam die Reihe an seine Familie und seine Getreuen. Viel heiliges Chrisma wurde benötigt … aber glaubst du, das Salböl ging mir aus? Das Fläschchen war immer voll, das heißt, es leerte sich zwar langsam, aber unversehens war es dann wieder bis zum Rande gefüllt. Das ist auch nicht übel, was meinst du? Jedenfalls wird nun das heilige Ölfläschchen, das vom Himmel gekommen ist, in einer Monstranz aus Gold und Elfenbein aufbewahrt. Es soll künftig bei allen wichtigen Ölungen, die hier stattfinden werden, Verwendung finden.
    Wie bemerkt, kam nun die Familie des Königs an die Reihe. Frau Basina, seine Mutter, ist leider im Herbst verstorben. Es wäre mir eine große Genugtuung gewesen, die alte Sünderin, mit der ich mir so viel Mühe gegeben hatte, im letzten Augenblick noch dem Herrn zu weihen. So taufte ich den ältesten (eigentlich nicht legitimen) Sohn des Königs, Theuderich, ein aufgewecktes Bürschlein, das sogar schon mit seinem Vater im Krieg war und auf das ich ein Auge haben muss. Auch seine Schwester Albofleda empfing nun das heilige Sakrament, das sie schon so lange begehrte. Sie will unbedingt Nonne werden, und die Königin bestärkt sie darin und sieht sie bereits als Äbtissin. Doch leider hat Albofleda einen entschiedenen Hang zur Völlerei, und so habe ich meine Zweifel, ob sie bedürfnislos nach der Regel leben und frommen Jungfrauen ein Vorbild sein könnte. Der Comes und Majordomus Bobo, der sie schon lange begehrt, würde sie immer noch gern heiraten und dafür einem sehr unkeuschen Wandel mit mehreren Konkubinen entsagen. Er hat mich offenbar im Verdacht, sie gegen ihn einzunehmen, was nicht der Wahrheit entspricht, denn ich gönne sie ihm von Herzen. Aber sie will ihn nun einmal nicht. Und der König lacht nur, wenn sein boshafter Gefolgsmann Ursio scherzt: ›Wie sollten die beiden Tonnen, die sich schon mit den Bäuchen abstoßen würden, mit dem Spund und dem Spundloch zusammenkommen?‹ (Das ist, verzeih, recht fränkisch-derb formuliert, aber irgendwie trifft es.)
    Leider gab es dann einen peinlichen Zwischenfall. Die andere Schwester des Königs, die Arianerin Lanthild, von der ich oben schon einiges mitteilte, war gewaltsam nach Reims gebracht worden und musste auch von zwei kräftigen Mägden an das Taufbecken geführt werden. Als ich sie aufforderte, sich bereitzumachen, riss sie sich aber plötzlich los und versuchte zu fliehen. Da sie schlank und behende ist, drängte sie sich durch die Menge und war schon fast draußen, als man sie doch noch einfing. Man musste, was sehr ärgerlich war, die sich heftig Sträubende zurückschleppen. Nun besprengte ich sie, und sie wand sich dabei noch immer wie eine Besessene, schrie allerlei häretischen Unsinn und dass eine Wiedertaufe auch nach der römischen Lehre nicht statthaft sei. In diesem Fall blieb uns aber nichts anderes übrig, denn nur mit geweihtem Wasser war die Verstocktheit in ihrem Gemüt zu lösen. Der König erkannte das auch, packte sie plötzlich an den Haaren und stieß ihren Kopf tief in das Becken. Und als sie prustend und nach Luft ringend auftauchte und ich sie fragte, ob sie der Irrlehre der Arianer abschwöre und bekenne, dass der Sohn und der Heilige Geist gleichen Wesens mit Gott dem Vater seien, tat sie es, indem sie mir wortlos zustimmte und mir dabei einen Wasserschwall auf die Stola spie. Und so salbte ich sie, und sie wurde wiedergeboren.
    Dann konnten wir die Feier würdig fortsetzen. Nach der Familie des Königs kamen die Antrustionen an die Reihe. Ich taufte auch die Herren Bobo, Baddo und Ursio, denen am Tage des Jüngsten Gerichts ohne Zweifel ein umfangreiches Sündenregister vorgelegt wird. Mag der Herr über sie ihr Urteil sprechen. Meines Amtes war es nur, sie in
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