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Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Titel: Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis
Autoren: Robert Gordian
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Sohnes – in einem grauenvollen Verlies. Dann gelang mir mit Hilfe ergebener Diener die Flucht ins Burgunderreich.«
    »Und dort wandtest du dich gleich an Avitus?«
    »Nein, nicht gleich. Ich ging erst nach Lyon und lebte dort eine Weile unerkannt von dem, was ich unter so abenteuerlichen Umständen retten konnte … etwas Geld, ein paar Juwelen. Den Hof des Königs Gundobad mied ich. Es wimmelte ja auch dort schon von Goten. Und eines Tages … die ganze Stadt ist festlich geschmückt – und wer zieht ein? Eine Tochter des Theoderich! Diese hieß Ostrogotho und heiratete den Thronfolger Sigismund. So bekamen also auch die Burgunder ihre gotische Aufpasserin. Mir wurde das unheimlich. Ich fürchtete, man werde mich ausspionieren und nach Toulouse entführen. So floh ich mit meiner bescheidenen Habe und ein paar Dienern nach Vienne. Ich hatte vom heiligen Avitus gehört, von seiner Menschenliebe, seiner Barmherzigkeit. Endlich wollte ich auch in den Schoß unserer römischen Kirche zurück, der ich bei den Westgoten abschwören musste. So warf ich mich dem Bischof zu Füßen, und er rettete mich!«
    »Du bist jetzt also wieder eine rechtgläubige Christin«, sagte Remigius eine Spur freundlicher.
    »Rechtgläubig und zur Rache entschlossen!«, erwiderte sie mit düsterer Aufrichtigkeit.
    »Zur Rache? An wem?«
    »An einem König, der meine Liebe verriet! Der mir sein Wort brach und mir meinen Sohn nahm! Der mich einkerkern und verfolgen ließ! Der mich heimatlos und unglücklich machte! Das alles werde ich Alarich niemals verzeihen, und er wird mir dafür bezahlen müssen!«
    Hasserfüllt, mit bebender Stimme hatte sie diese Worte hervorgestoßen.
    »Mäßige dich, meine Tochter!«, sagte Remigius streng. »Du bist verbittert, weil du auch diesmal deine eitlen, hochfliegenden Pläne nicht verwirklichen konntest. Komm zur Vernunft! Wie wolltest du dich an einem König rächen! Und als Christin musst du verzeihen können.«
    »Verzeihen? Ich soll ihm verzeihen, dass er seinen und meinen Sohn dem Verderben ausliefert?«
    »Was soll das heißen?«
    »Gesalich wird sterben müssen, sobald die Gotin einen eigenen Sohn hat.«
    »Wir wollen hoffen, dass Gott der Herr eine solche Untat nicht zulässt. Bete zu ihm und versuche, Frieden zu finden. Hat mein Bruder Avitus dir das nicht auch geraten?«
    »Anfangs ja«, sagte die Griechin, die ihren Hassausbruch zu bereuen schien und ihre Beherrschung zurückgewann. »Ja, das tat er. Er schickte mich in das Nonnenkloster bei Genf. Dort sollte ich zur Besinnung kommen und auch vor Nachstellungen geschützt sein. Ich nahm an den religiösen Übungen teil, zog mich sonst aber von den Nonnen zurück. Ich gehörte ja nicht zu ihrer Gemeinschaft und hatte auch nie die Absicht, mich weihen zu lassen. Dann aber ergab sich doch, dass ich eine von ihnen näher kennenlernte. Diese Bekanntschaft war folgenreich, sie hat mich schließlich hierhergeführt. Der Name der Nonne, von der ich spreche, ist Chrona.« 
    »Die ältere Schwester unserer Königin?«, fragte der Bischof aufmerkend.
    »Ja. Ich suchte ihre Bekanntschaft nicht, es war umgekehrt – sie suchte die meinige. Eines Tages, während wir im Klostergarten arbeiteten, brach sie das Redeverbot und sprach mich an. Offenbar hatte sie Sehnsucht nach einer Vertrauten, doch unter den Nonnen fand sie keine. Was mich betraf, so war auch ich der ewigen Selbstgespräche überdrüssig. Wann immer sich nun eine Gelegenheit ergab, zogen wir uns in einen Winkel zurück, um miteinander zu reden. Sie war sehr unglücklich wie ich auch, und wir weinten viel.«
    »So ist sie also nicht gern ins Kloster gegangen?«
    »Nicht gern? Sie wurde brutal dazu genötigt! Kurz nachdem ihre Schwester hierhergereist war, um den König Chlodwig zu heiraten, hatte man sie dorthin gebracht. Man wollte sie loswerden, weil sie unbequem wurde. Weil sie nicht darüber hinwegkam, dass man ihr die Jüngere vorgezogen hatte, die nun ein glänzendes Leben als Königin führte. Weil sie sich unentwegt beklagte und drohte, Dinge bekannt zu machen, die man an den burgundischen Höfen nicht hören wollte. Man wollte sie wegschließen und damit mundtot machen.«
    »Ich verstehe. Und nun suchte sie jemanden, dem sie ihre Geheimnisse mitteilen konnte. Damit sie doch noch nach draußen gelangten.«  
    »Ja, so war es wohl, ehrwürdiger Vater. Jedenfalls war das einer der Gründe. Es dauerte natürlich einige Zeit, bis sie sich mir vollständig aufschloss. Aber dann vertraute
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