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Die Mayfair-Hexen

Die Mayfair-Hexen

Titel: Die Mayfair-Hexen
Autoren: Anne Rice
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statt dessen setzte er sich nur dem Schreibtisch gegenüber, und Rowan nahm den Sessel an seiner Seite.
    Alle schauten die hinreißende Rothaarige an, die plötzlich den Kopf an die hohe Lehne ihres Stuhls sinken ließ und mit langen weißen Fingern die Armlehnen umschloß. Ihre Brüste drückten sich durch die steife, gestärkte Spitze, und ihre Taille war so zart, daß er am liebsten die Hände um sie gelegt hätte.
    »Ich bin deine Tochter, Michael.«
    »Erzähl mir mehr, Morrigan. Erzähl mir, was die Zukunft bringt. Erzähl mir, was du von uns willst und was wir von dir zu erwarten haben.«
    »Oh, ich bin so froh, dich diese Worte sagen zu hören.« Sie schaute zwischen den anderen hin und her und sah dann Rowan an. »Weil ich ihnen gesagt habe, daß das passieren würde. Ich muß weissagen. Ich muß sprechen. Ich muß verkünden.«
    »Na los, meine Liebe«, sagte er. Und ganz plötzlich konnte er in ihr überhaupt nichts Monströses mehr erkennen; er sah nur noch, daß sie lebendig war, menschlich, so zart und fragil wie alle hier im Zimmer.«
    »Ich will Lehrer«, sagte sie. »Nicht die Beschränkungen einer Schule, sondern Hauslehrer, mit Mutter und mit Mary Jane zusammen. Ich will Bildung bekommen und alles lernen, was es auf der Welt zu lernen gibt. Ich will die Einsamkeit und den Schutz, in dem ich das tun kann, und ich will die Zusicherung, daß ich nicht ausgestoßen werde, daß ich eine von euch bin, daß ich eines Tages…« Hier brach sie ab, als sei ein Schalter umgelegt worden. »Daß ich eines Tages die Erbin sein werde, wie meine Mutter es geplant hat, und nach mir eine andere aus der Linie, ein Mensch vielleicht… wenn ihr… wenn der Mann… wenn der Geruch…«
    »Zieh’s durch, Morrigan«, sagte Mary Jane.
    »Rede einfach weiter«, sagte die kleine Mutter.
    »Ich will die Dinge, die ein besonderes Kind verlangen würde, ein Kind von herausragender Intelligenz und unersättlichem Hunger, das aber vernünftig und liebenswert ist, ja, sicher, eines, das man lieben und erziehen und somit beherrschen kann.«
    »Das ist es, was du willst?« fragte Michael. »Du willst Eltern.«
    »Ja, die Alten, die mir ihre Geschichten erzählen, wie es früher einmal bei uns war.«
    »Ja«, sagte Rowan mit fester Stimme, »und dann wirst du unseren Schutz annehmen, und das bedeutet, unsere Autorität und unsere Führung. Es bedeutet, daß du unser neugeborenes Kind bist.«
    »Ja.«
    »Es bedeutet, daß wir für dich sorgen werden.«
    »Ja!« Sie erhob sich ein Stück von ihrem Stuhl, und dann erstarrte sie und umklammerte die Seitenkanten des großen Schreibtisches. Ihre Arme waren wie lange, schlanke Knochen, die Flügel hätten tragen müssen. »Ja, ich bin eine Mayfair. Sagt es mit mir. Ich bin eine von euch. Und eines Tages, eines Tages vielleicht, da werde ich von einem Menschenmann ein Kind empfangen, und andere wie ich werden geboren werden, aus Hexenblut wie ich, und ich habe das Recht, zu existieren, glücklich zu sein, zu wissen, zu blühen… Gott, ihr habt immer noch diesen Geruch an euch. Ich kann den Geruch nicht ertragen. Ihr müßt mir die Wahrheit sagen.«
    »Und was ist, wenn wir das tun?« fragte Rowan. »Was ist, wenn wir dir sagen, daß du hier bleiben mußt? Daß du viel zu jung und unschuldig bist, um diesen Mann kennen zu lernen? Daß wir den Zeitpunkt für diese Begegnung festsetzen werden…?«
    »Was ist, wenn wir versprechen, es ihm zu sagen?« ergänzte Michael. »Und dir zu sagen, wo er ist, aber nur, wenn du versprichst…«
    »Ich schwöre es«, rief sie. »Ich schwöre alles!«
    »Ist es so stark?« flüsterte Mona.
    »Mutter, sie machen mir angst!«
    »Dabei fressen sie dir aus der Hand«, sagte die winzige Mona und schmiegte sich in den Ledersessel, die Wangen eingefallen und bleich. »Etwas, das sich so gut erklärt, dem können sie nichts antun. Du bist genauso menschlich wie sie, merkst du das nicht? Sie merken es. Zieh es durch. Rede weiter.«
    »Gebt mir meinen Platz«, sagte sie, und ihre Augen weiteten sich und schienen Feuer zu fangen, wie sie es getan hatten, als sie geweint hatte. »Laßt mich sein, was ich bin. Mich paaren, wann ich will. Eine von euch sein.«
    »Du darfst nicht zu ihm. Du darfst dich nicht mit ihm paaren«, sagte Rowan. »Noch nicht. Erst wenn dein Verstand in der Lage ist, diese Entscheidung zu treffen.«
    »Ihr macht mich rasend!« schrie sie und wich zurück.
    »Morrigan, hör auf damit«, sagte Mona.
    »Mach’s halblang«, sagte Mary Jane; sie
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