Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe

Titel: Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe
Autoren: Paul Melko
Vom Netzwerk:
halten.
    »Keine Sorge«, hatte Prime grinsend erwidert. »Wir treffen uns dann nach der Schule in der Bücherei.«
    »Pass bloß auf, dass dich keiner sieht!«
    Wieder hatte er gegrinst.
    »John?« Rektor Gushman steckte den Kopf aus seinem Büro. Sofort drehte sich John der Magen um. Es war das erste Mal, dass er in der Schule in Schwierigkeiten geraten war.
    Mr. Gushman hatte eine breite Brust, einen fast kahlen Schädel und eine ewig gerunzelte Stirn. Wortlos wies er John einen Stuhl zu, während er sich schwer ausatmend hinter seinen Schreibtisch setzte. Man erzählte sich, Gushman habe früher als Major in der Armee gedient. Und er galt als streng, sehr streng. Seit einem Jahr war er jetzt Rektor, aber John hatte noch kein einziges Mal mit ihm gesprochen.
    Gushman beugte sich vor. »John, wir haben hier gewisse Regeln, was Gewalt und Mobbing angeht.«
    John öffnete den Mund, um etwas zu erwidern.
    »Moment. Lass mich ausreden. Tatsache ist: Du hast in der Umkleide mehrmals auf einen Klassenkameraden eingeschlagen – einen jüngeren Klassenkameraden. Er musste ins Krankenhaus, ja, er musste sogar genäht werden!« Der
Rektor öffnete eine Akte auf dem Schreibtisch. »Die Regeln sind zum Schutz all unserer Schüler da. In der Schule können wir keine Gewalt dulden. Und da kann es auch keine Ausnahmen geben. Hast du das verstanden?«
    John blickte starr geradeaus. »Ja, ich verstehe die Regeln. Aber …«
    »Du bist ein hervorragender Schüler, machst in der Basketball- und in der Leichtathletikmannschaft mit. Du bist beliebt bei den anderen und wirst bestimmt mal auf eine gute Uni gehen. Aber diese Geschichte wäre ein echter Schandfleck in deinem Lebenslauf.«
    Es war klar, was Gushman mit dem Wort »wäre« ausdrücken wollte. Er würde John gleich einen Ausweg anbieten.
    Der Rektor richtete sich auf. »Eine Vorladung wegen gewaltsamen Verhaltens zieht laut Schulordnung ein dreitägiges Schulverbot sowie die Aussetzung aller sportlichen Aktivitäten nach sich. Im Klartext: Du würdest aus beiden Mannschaften fliegen.«
    Johns Kehle schnürte sich zu.
    »Der Ernst der Lage ist dir doch bewusst, oder?«
    »Ja.« John brachte die Antwort nur mit Mühe heraus.
    Gushman klappte einen anderen Ordner auf. »Aber gut. Ich sehe ein, dass es sich hier um einen besonderen Fall handelt. Ich will dir eine Chance geben. Wenn du dich mit einem Brief bei Mrs. Carson entschuldigst, vergessen wir die ganze Sache.« Der Rektor sah ihn erwartungsvoll an.
    John fühlte sich in die Enge getrieben. Klar, er hatte Ted geschlagen, weil Ted ein verdammtes Arschloch war. Wenn irgendwer Schläge verdient hatte, dann er. Schließlich hatte er Johns Klamotten ins Pissoir geschmissen. »Warum soll ich eigentlich Mrs. Carson schreiben? Ich hab doch nicht Mrs. Carson geschlagen, sondern Ted.«
    »Mrs. Carson ist der Meinung, dass du dich ihr gegenüber respektlos verhalten hast. Sie will, dass du dich in deinem
Brief sowohl dafür als auch für dein gewalttätiges Verhalten entschuldigst.«
    Falls er den Brief schrieb, war die Sache damit erledigt. Allerdings würde er dann für immer mit dem Wissen leben müssen, dass seine Mutter und Mrs. Carson ihn geschafft hatten. Diesen Gedanken verabscheute er, er verabscheute Niederlagen jeder Art. Er wollte nicht klein beigeben. Viel lieber wollte er Gushman sagen, dass er den Schulverweis annahm. Ja, er würde es dem selbstgefälligen Typen einfach ins Gesicht schleudern!
    John schluckte. »Ich würde gern übers Wochenende darüber nachdenken.«
    So wie Gushman lächelte, dachte er bestimmt, er habe sich John gegenüber durchgesetzt. John ließ ihn in dem Glauben und erwiderte das Lächeln.
    Der Rektor nickte wohlwollend. »Ja, das ist in Ordnung. Aber am Montag musst du dich entschieden haben.«
    John verließ das Büro. Die nächste Unterrichtsstunde fing bald an.
     
    Von der Schule zur Stadtbücherei war es nicht weit. John streifte suchend durch die Regalreihen, bis er Prime endlich im dritten Stock am mittleren von drei Schreibtischen fand. Vor sich hatte er ein Dutzend Ausgaben des Findlay Herald und einige Bücher ausgebreitet, sein Rucksack stand offen daneben. John sah, dass er bis obenhin mit Zetteln und Mappen vollgestopft war. Zur Tarnung trug Prime eine Baseballkappe der Toledo Meerkats und eine Sonnenbrille. Als er John entdeckte, nahm er die Brille ab. »Du siehst beschissen aus. Was ist passiert?«
    »Nichts. Also, was willst du hier? Ich muss um fünf wieder in der Schule sein,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher