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Die Maske des Meisters

Die Maske des Meisters

Titel: Die Maske des Meisters
Autoren: Henke Sandra
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gewesen, weil er die Trauer weitaus besser bewältigte als sie. Mit 28 Jahren hatte er gerade die Prüfung zum Deputy Sheriff bestanden und setzte all seine Hoffnung in die neue Stelle im Sheriff’s Department von Hamilton County, während Claire vor ihrer Trauer und dem Kleinstadtmief flüchtete und sich in New York mit Gelegenheitsjobs durchschlug.
    Bis sie Morris Austin traf.
    Morris gab ihr nicht nur einen Job als Call Center Agent in seiner Versandfirma für Ärztebedarf, sondern auch neue Hoffnung. Sie verliebten sich. Dann ging alles schwindelerregend schnell.
    Innerhalb weniger Monate zog sie in seine Wohnung im Viertel Down under the Manhattan bridge overpass, das alle New Yorker nur kurz DUMBO nannten, ein. Claire mochte die Nachbarschaft, die sich zwischen der Manhattan und der Brooklyn Bridge erstreckt. Trotz der Hochhäuser war sie mit den kopfsteinpflasterbedeckten Straßen und den vielen Kunstgalerien wunderschön, der Brooklyn Bridge Park ganz in der Nähe. Das Viertel besaß durch seinen reichen historischen Hintergrund Charme. Der Gegend am River haftete immer noch das Flair des New York der 60er-Jahre an, obwohl die Lagerhäuser schon vor langer Zeit in Eigentumswohnungen und Lofts umgewandelt worden waren.
    Kurze Zeit später heirateten Claire und Morris. Nur Todd wusste davon. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie wieder ein gutes Verhältnis, schließlich war er alles, was sie an Familie hatte.
    Claire schaukelte kräftiger. Noch immer geriet ihr Blut in Wallung, wenn sie an Morris dachte, auch wenn sie ihn auf keinen Fall zurückhaben wollte. Es ging nicht um ihn, sondern um das, was er in ihr geweckt hatte. Dank ihm hatte sie eine sexuelle Neugier im Gepäck mit heimgebracht, die nun darauf lauerte, ausgepackt und näher betrachtet zu werden.
    Sie erinnerte sich noch genau an den Moment, in dem sie sich das erste Mal bewusst wurde, dass sie von einem Mann dominiert werden wollte. Ja, so nannte man das wohl. Sie hatte im Internet nachgeforscht und war auf Unterwerfung und Dominanz gestoßen, eine sexuelle Spielart, die ihr bis dahin unbekannt gewesen war. Wieder einmal war sie sich wie eine Provinzlerin vorgekommen, und das war sie ja auch.
    Es war Ende Mai gewesen, an einem der ersten sonnigen Tage des Jahres, an dem das Thermometer über 20 Grad Celsius geklettert war. In dieser Situation hatte sie sich Morris so nah gefühlt wie nie zuvor. Das war ein Fehler gewesen, aber das hatte sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht gewusst.
    Er hatte sie eines Abends auf das Dach des Hochhauses, in dem sie wohnten, geführt. „Hier oben wartet eine Überraschung auf dich.“
    Als Claire den Korb sah, freute sie sich schon auf ein romantisches Picknick in luftiger Höhe, aber das war weit gefehlt.
    Morris breitete eine Decke aus, und Claire nahm darauf Platz. Während er die Sektflasche entkorkte, lugte sie in den Korb. Zu ihrem Erstaunten befanden sich keine schmackhaften Köstlichkeiten darin, sondern zwei Seile. Sie war verwirrt, ließ sich jedoch nichts anmerken und trank einen großen Schluck Sekt, den Morris ihr gereicht hatte.
    Es prickelte köstlich in ihrem Mund. Und in ihrer Scham.
    Vor Aufregung auf das, was er für sie geplant hatte – was auch immer es war –, leerte sie das Glas viel zu schnell. Der Alkohol stieg ihr zu Kopf, und die Ungewissheit erregte sie.
    „Komm, lass uns den Sonnenuntergang anschauen.“ Morris half ihr beim Aufstehen.
    Er hielt ihre Hand ganz fest und führte sie zum Rand des Dachs. Der Abgrund ängstigte sie. Sie wollte zurückweichen, doch Morris stellte sich nah hinter sie, sodass sie nicht entfliehen konnte.
    „Hab keine Angst. Ich halte dich fest“, säuselte er von hinten in ihr Ohr. Doch er strafte seine Worte Lügen, indem er sie weiter an den Rand drängte, anstatt den Arm um ihre schmale Taille zu legen.
    „Bist du verrückt?“ Claire versuchte ihn wegzudrücken, kam jedoch nicht gegen ihn an. Ihr Herz raste.
    Eigentlich hätte sie wütend auf ihn sein sollen. Sie war es aber erstaunlicherweise nicht, sondern ihr ganzer Körper fing an zu kribbeln, als würde eine Ameisenstraße über ihre Haut krabbeln, weil er sie zwang, sich ihrer Furcht zu stellen. Entgegen ihrer Liebesspiele zuvor las er ihr diesmal nicht jeden Wunsch von den Augen ab, sondern ließ sie im Dunkeln, was er mit ihr vorhatte.
    Er legte ihre rotblonden Haare, die sie zu einem Zopf geflochten hatte, über ihre Schulter nach vorne und küsste ihre Halsbeuge. Zärtlich knabberte er an ihrem
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