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Die Maske des Alien

Die Maske des Alien

Titel: Die Maske des Alien
Autoren: Gordon Eklund Gregory Benford
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geschah in der expansionistischen Anfangsphase der Neuen Renaissance. Die Erde war reich, oder sie hielt sich zumindest dafür. Sie sandte ein Team von Bioadaptern herauf. Diese studierten die komplexen Wechselwirkungen zwischen menschlicher Physiologie und alveanischer Ökologie. Die Probleme lagen nicht auf der Hand. Es ging nicht darum, daß Menschen nur linksgedrehten Zucker verdauen können, während Alvea nur rechtsgedrehten hervorbrachte. Die Schwierigkeiten waren viel subtiler. Winzige Mengen von Spurenelementen in den menschlichen Zellen erschöpften sich auf Alvea. Unwesentliche Prozentbruchteile von Bor und Indium, chemisch nicht kompatibel mit dem biochemischen Haushalt des menschlichen Organismus, führten schließlich zu einem Stau von Abfallprodukten in bestimmten Zellen. Die Nukleotiden reagierten träge. Die Kontaminanten verbanden sich. In der Mitte vieler Zellen bildete sich ein Kranz von Ablagerungen. Zum Teil beschleunigte dies den Alterungsprozeß. Weitere solcher Fehlentwicklungen häuften sich und verursachten nagende Krebserkrankungen. Es gab keine Möglichkeit der Abhilfe, es sei denn, man veränderte die gesamte Biosphäre von Alvea oder man modifizierte die Menschen, die dort lebten. Die Neue Renaissance war expansiv, aber nicht tollkühn. Man entschied sich für die genetische Veränderung der paar tausend Menschen.
    Aber keine Veränderung an der DNS-Helix hat nur einen einzigen Effekt. Die Kette von Konsequenzen bringt immer auch Überraschungen mit sich. Die Verträglichkeit für ein neues Element bedingt zugleich auch eine geringfügige Schwäche in bezug auf einen anderen Faktor der Umwelt. Der Mensch hatte sich an die Erde angepaßt, weil Milliarden winziger Leben den Preis dafür gezahlt hatten. Alles Leben wurde von der schweren Hand der Aussonderung gesteuert. Auf Alvea konnte die genetische Forschung einen großen Teil dieser Opfer umgehen, aber eben nicht alle. Die Menschen paßten sich an, indem sie einige Elemente der DNS-Helix behutsam neu arrangierten. Phosphor und Wasserstoff wurden an eine andere Stelle gedrängt. Aber das unumgängliche Kalkül der Vererbung bedeutete, daß die nächste Generation neue Verwundbarkeiten und andere Ängste aufweisen würde.
    Ein schlagendes Geräusch riß Skallon aus seinen umherschweifenden Gedanken. Etwas kam mit sanftem, feuchtem Hämmern auf ihn zu. Er riß den Kopf hoch, als ein riesiger, schlanker Vogel im Wind herabgeglitten kam und an Geschwindigkeit gewann. Ein Klatschflügel. Bei jedem Aufwärtsschwung schlugen die lederartigen Flügel gegeneinander; das war sein Paarungsruf. Der Vogel sah Skallon gelassen an und glitt dann in den Dschungel.
    Auch eine genetische Anpassung. Dieser hatte als Seevogel angefangen, erinnerte Skallon sich. Ein Falke oder etwas Ähnliches. Jetzt paßte er durch ein entsprechendes Trimmen seiner Gene in eine ökologische Nische. Ein kalkuliertes Geschöpf, ja, aber auch ein schönes. Das Sonnenlicht schimmerte blau, als die Flügel gegeneinanderklatschten. Behende huschte der Vogel durch die Luft, die ihn umhüllte.
    Skallon sah ihm nach. Ein neues Geräusch stieg aus dem schweigenden Dschungel empor. Ein perlender Ton, von vorn. Er ging weiter, und das Geräusch wurde stärker. Er überquerte eine braune Plankenbrücke und sah hinunter. Wasser hüpfte und tanzte unter ihm, und es schleuderte Facetten von Licht in seine Augen.
    Wasser. Wasser, das offen dahinströmte, in einer Art von Graben mit unregelmäßigen Ufern. Frisches Wasser, das offen dalag, wo es jeder, der vorüberkam, stehlen konnte. Skallon starrte hinunter auf das Zeug. Er stieg hinunter zum Rand und schöpfte eine Handvoll auf. Es war überraschend kühl und schmeckte wie ein phosphoreszierender Nerventrank, war jedoch ohne den betäubenden Effekt. Er trank mehr davon. Es war verflucht gut.
    Bilder aus seiner Kindheit stiegen in ihm empor: ein ätherischer Wald, vermenschlichte Tiere, die drohende Gegenwart des Menschen immer im Hintergrund. Disneys Bambi, eines der großen Werke der Vergangenheit, aus den letzten Tagen des britischen Empires, erinnerte er sich. Seine Freunde, die die Medien studierten, hatten gesagt, daß es unecht wirke, daß es offensichtlich Propaganda für das herrschende System sei. Skallon bezweifelte das. Der Film hatte eine elfenhafte Qualität, voll von hüpfenden Rehlein und zitternden, leuchtenden Regentropfen. Er war anders als jede Propaganda, die er kannte. Die wirkliche Propaganda hatte einen ernsthaften
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