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Die Maetresse des Kaisers

Die Maetresse des Kaisers

Titel: Die Maetresse des Kaisers
Autoren: Susanne Stein
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noch geschrieben werden. Außerdem hatte sie das Buch der Äbtissin Hildegard von Bingen noch nicht vollständig kopiert, und auch der Garten im Kastell Gioia del Colle erforderte viel Arbeit.
    Bianca erstellte in Gedanken Listen, was sie alles in nächster Zeit erledigen wollte, und das lag eindeutig daran, dass ihre fortgeschrittene Schwangerschaft ihr mehr Zeit zur Muße verschaffte, als ihr guttat. Die Wölbung ihres Bauches und der Befehl des Kaisers verboten ihr die Aktivitäten, die sie gewohnt war und die sie liebte – Reiten und Gartenarbeit.
    Andererseits war sie froh, dass sie sich ganz den Kindern widmen konnte. Seit der versuchten Entführung klammerte sich Konstanze mehr als sonst an ihre Mutter, und Konrad entwickelte sich zu einem ungestümen Jungen, der dringend elterlicher Erziehung bedurfte.
    Also ließ sie Lorenzo sich um das Wohl der Falken kümmern und erlaubte Konrad, ihr Lieblingspferd zu bewegen. Der Junge war bereits ein guter Reiter, und sie beobachtete mit Wehmut, wie er sich mehr und mehr auch zu einem jungen Ritter entwickelte. Nicht mehr lange, und er würde sein erstes Turnier bestreiten müssen, dann folgte ein längerer Aufenthalt an einem fremden Hof, wo Konrad sich als Ritter bewähren musste. Er war noch so jung, viel zu klein für die Pflichten eines Mannes, aber es stand nicht in ihrer Macht, die Regeln zu ändern.
    Friedrichs Verhältnis zu seinem Sohn Heinrich hatte sich nach einer gemeinsamen Aussprache ein wenig verbessert, und Bianca vermerkte mit Freude, dass Friedrich in letzter Zeit nicht mehr davon gesprochen hatte, Heinrich als deutschen König ab- und Konrad als Herrscher einzusetzen. Sie hoffte inständig, dass Heinrich Vernunft angenommen hatte, denn der Gedanke, Konrad schon jetzt mutterseelenallein weit in den Norden ziehen lassen, schien ihr unerträglich.
    Manfred, der sie und ihre Tochter vor dem Ertrinken gerettet hatte, war ein anderer Mensch als der, den sie früher gekannt und auch gefürchtet hatte. Sein Bericht über den Verfall des Grafen Pucci war ihr nahegegangen, nicht, weil sie plötzlich ihr Mitgefühl für Enzio entdeckt hatte, sondern weil ihr das Schicksal dieses Mannes zeigte, wie eng Macht und Ohnmacht beieinanderlagen.
    Sie hatte für sich längst beschlossen, nicht in ihre Heimat zurückzukehren. Ihr Zuhause war dort, wo Friedrich war, und solange sie lebte, wollte sie in seiner Nähe bleiben. Sie war dem Tod zu oft zu nah gewesen, um das Schicksal noch einmal herauszufordern, und sie hatte erkannt, dass sie sich ein Leben ohne Friedrich nicht mehr vorstellen konnte.
    Seit ihrer denkwürdigen Rettung durch Karim wusste sie, dass ein Leben oft nur von dem Wimpernschlag eines Engels abhing, und in stillen Momenten hielt sie Karim für einen Abgesandten des Himmels, der mit seiner Kunst den einen oder anderen Menschen vorerst aus den Klauen des Todes befreite.
    Sie selbst war zweimal von ihm gerettet worden, und sie sah darin eine besondere Verpflichtung. Sie war weit davon entfernt, sich für weise zu halten, aber sie wusste, dass sie durch die Ereignisse der vergangenen Jahre gereift war. Und das hatte auch Auswirkungen auf ihre Liebe zu Friedrich.
    Sie bereute es nun, dass sie ihn immer wieder mit ihrer Eifersucht auf eine fremde Prinzessin in die Enge getrieben und kein Verständnis für seine Seelennot gezeigt hatte. Der Abend am Strand an der Küste vor Foggia hatte ihr gezeigt, wie sehr er sie liebte, und sie machte sich bittere Vorwürfe über die vielen Streitereien, die sie im Lauf der Jahre ausgefochten hatten. Und immer war der Auslöser ihr Zweifel an der Tiefe seiner Gefühle gewesen.
    In den angstvollen Tagen nach ihrer und Konstanzes Rettung, als sich plötzlich erste Wehen einstellten und zu der Sorge um die Kinder, die die schrecklichen Erlebnisse verarbeiten mussten, nun auch noch die Furcht um ihr ungeborenes Kind kam, hatte sich Bianca geschworen, dass sie in Zukunft Friedrichs Liebe ohne Bedingungen annehmen würde. Und sollte er tatsächlich aus politischen Gründen dem Papst entgegenkommen müssen und diese englische Prinzessin heiraten, so würde sie es ohne Protest akzeptieren. Denn, so sagte sie sich, wie konnte eine aus dynastischen Gründen geschlossene Ehe ihre tiefe Liebe gefährden?
    Die Falken stießen ihre typischen Schreie aus, die nichts anderes bedeuteten, als dass sie auf Futter warteten, und Bianca schaute sich suchend nach Lorenzo um. Stattdessen erblickte sie Friedrich, der lässig an einem Baumstamm
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