Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Maetresse des Kaisers

Die Maetresse des Kaisers

Titel: Die Maetresse des Kaisers
Autoren: Susanne Stein
Vom Netzwerk:
lut tropfte ihm über die Stirn in die Augen und behinderte seine Sicht. Es war nur eine leichte Kopfwunde, doch sein Gewand war bereits vom Halsansatz bis auf die Brust feucht und rot. Manfred wischte sich übers Gesicht und suchte die anderen Ritter. Ihre Gegner lagen am Boden, nur den alten Mann, der die Kinder am Wagen in Empfang genommen hatte, konnte er nirgendwo entdecken. Er hatte einen Schlag auf den Kopf bekommen und musste für einen Moment bewusstlos gewesen sein, denn das Letzte, an das er sich erinnern konnte, war eine Frau, die mit wehenden Haaren über den Strand ritt, und ein Mann, der unmittelbar vor ihm stand und die Faust hob.
    Er stützte sich auf seinen Ellbogen und richtete sich auf. Einer der Ritter, die ihn begleitet hatten, trug einen weinenden Jungen auf dem Arm, und Manfred erkannte erst jetzt, dass es sich um den Sohn des Kaisers handelte. Sein Kopf schmerzte, als er sich aufrichtete und sich mühselig einen Überblick zu verschaffen suchte. Vier Gestalten lagen am Boden. Er nahm an, dass es sich um die Entführer und einen der Bootsleute handelte. Sie rührten sich nicht, möglicherweise hatten sie den Kampf nicht überlebt. Er bedauerte ihren Tod, denn Männern, die unschuldige Kinder entführten, wünschte er eine schlimmere Strafe als das schnelle Sterben durch das Schwert.
    Langsam begann sein Hirn wieder zu arbeiten, und er folgerte aus Konrads Anwesenheit, dass es sich bei dem anderen Kind um Konstanze handeln musste. Aber wo war sie? Der Ritter tröstete den Jungen, und Manfred rief ihm zu, ob er das andere Kind gesehen habe. Er erntete ein Kopfschütteln, doch der Ritter wies mit dem Zeigefinger auf das Wasser, und jetzt erkannte Manfred, was sich dort abspielte.
    Zwei der anderen Ritter waren zur Wasserkante gelaufen und schienen etwas im Meer zu suchen. Manfred schleppte sich über den Strand, und eine Ahnung von kommendem Unglück ließ ihn schneller laufen. Ein Boot entfernte sich mit heftigen Ruderschlägen und nahm Kurs auf das Schiff weiter draußen im Meer.
    Die beiden Ritter waren bis zur Hüfte ins Wasser gewatet, standen nun aber hilflos in den Wellen.
    »Wo ist das Mädchen?«, schrie Manfred ihnen zu, doch die Männer gestikulierten und brüllten Worte, die er nicht verstehen konnte. Als er sie endlich erreicht hatte, deuteten sie auf eine Gestalt im Wasser, die verzweifelt gegen das Ertrinken kämpfte und immer weiter von ihnen weg aufs offene Meer getrieben wurde, so dass sie schon jetzt kaum noch zu erkennen war.
    Er begriff, dass keiner der beiden Ritter schwimmen konnte, warf sein Schwert ins Wasser, riss sich den Umhang von den Schultern und versuchte der Gestalt mit kräftigen Armbewegungen zu folgen.
    »Kämpf nicht gegen die Wellen, lass dich treiben«, rief er. Der Wind war schwach, und die Wellen waren sanft, so dass er schnell vorankam. Er sah, wie der Kopf immer wieder im Wasser versank. Herr im Himmel, lass mich nicht zu spät kommen, betete er und forderte seinem Körper die letzten Kraftreserven ab.
    Er erreichte die Ertrinkende, kurz bevor sie im Wasser versank, und erkannte, dass es seine Schwester war. Sie hatte Konstanze im Arm, und beide wirkten wie tot. Das Boot, das ihnen hätte helfen können, war fort, und Bianca und Konstanze hingen wie Eisengewichte an seinen Armen.
    Er rang nach Luft und gönnte sich eine winzige Pause, um den Schmerz in seinen Armen zu vertreiben. Dann schwamm er langsam zurück zum Strand und zog Bianca und ihre Tochter mit sich. Er hoffte, dass sie noch atmeten, denn ein Lebenszeichen hatten beide noch nicht von sich gegeben.
    Nach einer Zeit, die ihm unendlich vorkam, spürte er Sand unter den Füßen, und die anderen Ritter liefen ihm entgegen, um ihm zu helfen. Gemeinsam zogen sie Bianca und ihre Tochter auf den Sand, und Manfred spuckte das Salzwasser, das er geschluckt hatte, in einem Schwall wieder aus.
    »Sind sie noch am Leben?«, hörte er einen der Ritter fragen.
    »Sieht schlecht aus«, murmelte ein anderer.
    Manfred stürzte zu seiner Schwester, ergriff ihre Schultern und schüttelte sie. »Wach auf!«, schrie er. »Wach endlich auf!«
    Weinend kniete er neben ihr, und dann packte ihn jemand an der Schulter, und er wurde grob zur Seite geschleudert.
    Der Kaiser riss Bianca in seine Arme, und Karim nahm Konstanze und drückte ihr auf die Brust, immer wieder, bis das Kind zu husten begann und in ein heftiges Würgen verfiel, das wie bei Manfred in einem Schwall Salzwasser endete.
    »Allah sei Dank«, sagte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher