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Die Maenner vom Meer - Roman

Titel: Die Maenner vom Meer - Roman
Autoren: Konrad Hansen
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sind zwei Tage vergangen, die du in tiefer Bewußtlosigkeit verbrachtest.«
    »Was ist mit Bue geschehen?«
    »Odinkar hat ihn in Ketten legen lassen, damit Sven selbst über sein Schicksal entscheide. Haralds Leichnam aber soll nach Roskilde gebracht werden, wo Sven ihn nach christlichem Brauch bestatten will.«
    Björn blickte überrascht zu ihr auf: »Hat Sven Gabelbart den alten Göttern abgeschworen?«
    »Poppo sagt, die Geburt seines Sohnes habe ihn auf eine Weise geläutert, daß der Tag nicht mehr fern sei, an dem er ihn taufen werde.«
    »Ich dachte mir, daß Poppos Name fallen würde, wenn von solch erstaunlicher Wandlung die Rede ist«, schmunzelte Björn. »Wie geht es dem alten Fuchs?«
    »Du solltest nicht so von ihm reden, Vater«, wies Vigdis ihn zurecht. »Er war in großer Sorge um dich und hat mehr zu deiner Rettung beigetragen als jeder andere.«
    »Außer dir«, warf Björn ein.
    »Ich bin deine Tochter«, antwortete Vigdis.
    »Mir ist, als hätte ich Nebel im Kopf«, sagte Björn. »Wenn ich wieder klarer zu denken vermag, mußt du mir alles noch einmal erzählen.« Er sah noch die Sonne dottergelb im Meer versinken, bevor ihn der Schlaf überkam. Als er erwachte, war es heller Tag. Vigdis stand neben dem Vordersteven. Sie trug jetzt ein Kettenhemd und einen leichten Helm; in der Rechten hielt sie einen Speer. Die Männer hatten die Riemen ausgelegt und ruderten das Schiff mit kurzen, ruckartigen Schlägen. Björn setzte sich auf und sah die grünen Ufer der Förde an sich vorübergleiten. Das Laub zeigte schon die ersten braunen Flecken, und zwischen den Bäumen leuchtete das matte Gelb der Stoppelfelder. Starenschwärme ballten sich in Klumpen und zerstoben zu löchrigem Gespinst, während hoch über ihnen Wildgänse ihre schwankenden Keile in den Himmel trieben. Erinnerungen wurden in ihm wach, Erinnerungen an Spätsommertage, die er reglos wie ein Stein im Schilf verbracht hatte.
    »Du hättest mich wecken sollen, Tochter«, sagte Björn, als er mit steifen Gliedern zu ihr auf das Vorderdeck gehumpelt war. »Die Sandbänke vor der Förde sind ein tückisches Fahrwasser für einen, der sich dort nicht auskennt.«
    »Ich unterließ es aus gutem Grund, deinen Rat einzuholen, Vater. Denn es hätte dich sicher betrübt, daß ich gleichwohl getan hätte, was mir richtig erscheint.«
    »Ach, Vigdis«, seufzte er. »Du kleidest dich nicht nur wie ein Mann, du fängst auch an, wie ein Mann zu reden. Hast du vergessen, daß du eine Frau bist, noch dazu eine ausnehmend schöne?«
    »Die Männer pflegen mich hin und wieder daran zu erinnern«,entgegnete sie. »Doch vermag ich nicht einzusehen, weshalb ich mich damit begnügen sollte.«
    »Jener Harald, den wir Gaut nannten, erzählte mir, du seist unter die Seeräuber gegangen«, fuhr Björn nach einer Weile fort. »Ich werde mich wohl an den Gedanken gewöhnen müssen, daß dies keine seiner erfundenen Geschichten war.«
    »Solange ich zurückdenken kann, war es mein Wunsch, ein eigenes Schiff zu haben. Thorgrim Flachnase versprach mir eines von seinen, wenn ich ihm helfen würde, Aldeigjuborg zu plündern. So kam es, daß ich ihn auf diesem Beutezug und einigen weiteren begleitete. Als wir jedoch zurückkehrten, konnte er sich seines Versprechens nicht mehr erinnern. Da nahm ich mir ein Schiff.«
    Björn brach in Lachen aus: »Dann ist es wahr, daß du dem Wikingerhäuptling ein Schiff gestohlen hast?«
    »Ich habe nur in Besitz genommen, was mir gehört, Vater.«
    »Aus deinen Worten spricht ein starker Eigensinn«, sagte Björn. »Es wird nicht leicht sein, einen Mann zu finden, der dich zu bändigen versteht.«
    »Darin gebe ich dir recht«, schmunzelte Vigdis. »Der Mann, der mich erobern will, muß klug sein und von sanftem Gemüt. Solchen Männern begegnet man selten draußen auf dem Meer.«
    »Du wirst also, wie es mein Wunsch ist, an Land bleiben und fortan ein seßhaftes Leben führen?«
    »Nichts erschiene mir weniger verlockend.«
    »Ich könnte es dir befehlen«, ereiferte sich Björn. »Denn ob du eine Frau bist oder ein Mann oder auch beides zugleich, ich bin immer noch dein Vater!«
    »Lieber Vater«, antwortete Vigdis und lächelte so betörend, daß Björn seine strenge Miene nur mit Mühe zu wahren wußte, »du bist viel zu gescheit, mir einen Befehl zu erteilen, von dem du weißt, daß ich ihn nicht befolgen würde.«
    Nun konnte sich auch Björn eines Lächelns nicht mehr enthalten. »Mir ist, als hörte ich Poppo reden. Hat er
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