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Die Maechtigen

Titel: Die Maechtigen
Autoren: Brad Meltzer
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habe dich schon dreimal gefragt und …« Sie unterbricht sich und neigt den Kopf, so dass sich ihr Nasenpiercing nach unten senkt. Nur ihr Lächeln, dieses warme Lächeln aus der siebten Klasse, bleibt völlig unverändert. »Du verlierst dich wirklich in diesem Zeug da, oder?«
    »Diese Frau da oben … ich kann sie nicht einfach ignorieren.«
    Clementine bleibt stehen und beobachtet mich aufmerksam. »Du bist wirklich einer von den ganz Netten geworden, Beecher.«
    Ich schaue auf das Logbuch hinunter. Mein Blick fällt auf …
    »Ein Musiker«, platze ich heraus. Ich deute auf die verschimmelte Seite, dann ziehe ich ein Notizbuch aus meinem Arbeitskittel und halte die Information fest. »Deswegen war er in den normalen Armeeunterlagen nicht verzeichnet. Nicht einmal in den Pensionsverzeichnissen oben. Er war Musiker. George Howard hat während des Unabhängigkeitskrieges als Musiker gedient.«
    »Du meinst, er hat den Zapfenstreich gespielt?«
    »Nein … der Zapfenstreich wurde erst im Bürgerkrieg eingeführt. Dieser Typ hier spielte Querflöte und Trommel, gab den Rhythmus vor, in dem die Soldaten marschierten. In diesem Eintrag wird der Sold aufgeführt, den er dafür bekommen hat.«
    »Das ist … ich weiß noch nicht einmal, ob das interessant ist, aber wie bist du überhaupt darauf gekommen, hier nachzuschauen? Ich meine, diese Bücher sehen so aus, als wären sie seit Jahrhunderten nicht mehr aufgeschlagen worden.«
    »Das ist auch so. Aber als ich hier im letzten Monat etwas in alten OSS-Akten des Nachrichtendienstes gesucht habe, habe ich diese alten Verzeichnisse des Finanzministeriums bemerkt. Auch wenn bei den Behörden vieles schiefgeht, sobald sie einen Scheck ausstellen und das Geld auszahlen, kannst du sicher sein, dass sie dies genauestens dokumentieren.«
    Ich richte mich auf, voller Stolz über diesen archäologischen Fund. Aber bevor ich ihn so richtig feiern kann …
    »Ihren Ausweis, bitte«, ertönt eine ruhige Stimme hinter mir und dehnt dabei die Silben des Wortes Ausweis, dass es fast wie zwei Wörter klingt.
    Wir drehen uns um. Ein muskulöser, untersetzter Mann biegt um die Ecke des Ganges. Über seinem Kopf flammt eine Lampe auf, als er sich zu uns wendet. Er trägt eine schwarze, kugelsichere Weste und hält ein blitzendes schwarzes Gewehr in beiden Händen. Zuerst prüft er meinen Ausweis, dann Clementines Besucherkarte, die an ihrer Bluse festgeklemmt ist.
    »Danke.« Er nickt kurz.
    Ich hätte fast vergessen, welchen Tag wir hatten. Wenn der Präsident kommt, ist auch stets der …
    »Secret Service«, flüstert Clementine. Sie hebt eine Augenbraue und wirft mir ein teuflisches Grinsen zu, bei dem ich sehr genau merke, wie lange ich mich nicht mehr so gefühlt habe.
    Wirklich traurig ist nur, wie wundervoll sich dieser Ansturm von Unsicherheit anfühlt. Fast, als würde man einen Muskel wiederentdecken, den man seit seiner Kindheit nicht mehr benutzt hat. Clementine und ich schreiben uns jetzt seit mehr als zwei Monaten E-Mails. Trotzdem ist es verblüffend, dass man sich sofort wie vierzehn fühlt, wenn man seine erste große Liebe wiedersieht und sich an seinen ersten Kuss erinnert. Noch verrückter ist nur, dass ich gar nicht wusste, wie sehr ich sie vermisste, bevor sie aufgetaucht ist.
    Die meisten Menschen halten zumindest kurz inne, wenn sie einem bewaffneten Agenten des Secret Service gegenüberstehen. Clementine dagegen beschleunigt ihre Schritte und geht zum Ende des Ganges. Sie blickt um die Ecke, um herauszufinden, wohin er verschwunden ist. Sie wirkt vollkommen furchtlos.
    »Diese Typen beschützen also die Dokumente?«, fragt sie, als ich sie eingeholt habe und sie aus dem Labyrinth der Gänge führe.
    »Nein. Die Dokumente interessieren sie nicht. Sie checken nur alles, bevor er kommt.«
    Das hier ist Washington D. C. Hier gibt es nur einen er.
    Den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika.
    »Moment mal … Wallace ist hier?«, will Clementine wissen. »Kann ich ihn treffen?«
    »Na klar doch«, erwidere ich lachend. »Wir sind die dicksten Freunde … und außerdem interessiert es ihn brennend, was seine Armee von Archivaren denkt. Ich glaube, ich stehe ganz oben auf seiner Liste für Valentinskarten, nach seiner Frau, seinen Söhnen und seinem Stabschef.«
    Clementine lacht nicht, ja, sie lächelt nicht einmal. Sie blickt mich nur mit ihren rotbraunen Augen vertrauensvoll an. »Ich glaube, eines Tages wird er dich wahrnehmen«, meint sie.
    Ich rühre mich
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