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Die Mächte des Feuers

Die Mächte des Feuers

Titel: Die Mächte des Feuers
Autoren: Markus Heitz
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ergriffen Maxim. »Es wird mir eine Freude sein, dem Herrn von deinem Angriff zu berichten. Ich hoffe, er hat noch nichts gegessen, Bursche.« Er schaute auf Xing. »Dich trifft ebenfalls Schuld, Schlitzauge. Ich hatte dir aufgetragen, ihm Benehmen beizubringen.« Er spie Blut auf den Boden und schwankte dabei; rötliche Speichelfäden zogen sich von seinen Lippen, ehe sie rissen.
    »Nein!« Xing erbleichte. »Nein, Tjushin!«, jammerte sie und reckte bittend die Hände. »Er ist zu unbelehrbar und stürmisch, ich kann ihn nicht bändigen.«
    Der Majordomus taumelte auf sie zu, versetzte ihr einen Hieb mit der Knute. Es gab ein widerlich klatschendes Geräusch, Blut spritzte. Mit einem spitzen Schrei fiel die Chinesin auf den Rücken und hielt sich weinend das getroffene Gesicht. »Schweig! Du hast versagt«, nuschelte er. »Der Herr wird dir das nicht durchgehen lassen.«
    »Du bist widerlicher Abschaum!« Maxim hing keuchend im Griff seiner Bewacher, die ihn jetzt in den Schwitzkasten nahmen, um ihn zu bändigen. »Xing…«
    Tjushin hatte sich von dem Schlag erholt und trat Maxim hämisch lachend in den Bauch. Der Russe verstummte mit einem Stöhnen. Dann rannte der Majordomus auf das fünf Meter hohe und drei Meter breite Stahltor zu, um den Tyrannen im Palast willkommen zu heißen. »Spielt seine Lieblingsmusik«, gab er Anweisung.
    Die Frau, die zuvor ebenfalls die Knute zu spüren bekommen hatte, kurbelte das Grammophon an, legte eine Schellackplatte auf und setzte die Nadel auf die Rille; bald darauf klang die Stimme von Enrico Caruso durch die Halle, der die Arie des Rodolfo aus La Boheme sang. Der hohe Raum wirkte Wunder und entriss dem künstlich erzeugten Schall das Scheppern, Rauschen sowie das aufdringliche Knacken. Er ließ den Eindruck entstehen, der Sänger stünde in einer Konzerthalle, und machte die Darbietung äußerst lebendig.
    Tjushin betätigte den Hebel am linken Türflügel und setzte damit die ausgefeilte Mechanik in Gang, die durch Gegengewichte, kleine und große Zahnräder einen Riegel nach dem anderen zur Seite zog und die massiven Sperren löste.
    Der Palast war zugleich eine wehrhafte Festung, denn der Herr besaß Neider. Ebenbürtige Neider. Deswegen befanden sich stets Bedienstete im Ausguck auf dem Gipfel des Korumdie, die den Horizont und den Himmel nicht aus den Augen ließen, solange es ihnen das Wetter erlaubte. Auch wenn die Lage des Palastes ein streng gehütetes Geheimnis war, konnten sich Tjushin und der Tyrann nicht darauf verlassen. Erst wenn die grüne Lampe aufleuchtete, durfte der Eingang geöffnet werden; flammte die rote auf, hatten die Verteidigungsanlagen augenblicklich besetzt zu werden. Das war allerdings noch niemals geschehen.
    Der Majordomus schob einen zweiten Hebel nach unten, der in die Steinwand eingelassen war, und die Flügeltüren wurden durch hydraulische Kräfte gleichmäßig geöffnet. Die Klänge aus dem Grammophon verliehen dem Vorgang etwas Dramatisches, und in dem sich verbreiternden Spalt wurden die Umrisse eines gewaltigen Wesens sichtbar.
    Tjushin begab sich vor den Eingang und verneigte sich tief, die Bediensteten bis auf Maxims Wächter und er selbst taten es dem Majordomus nach. »Ich entbiete…«
    Eine Walze aus blauem Feuer rollte durch den zwei Meter breiten Spalt herein, erfasste Tjushin und brannte ihm innerhalb eines Blinzelns Kleider und Fleisch von den Knochen, ehe seine Gebeine von dem vernichtenden Flammensturm mitgerissen wurden und im Umherwirbeln zu Asche vergingen.
    Der Strahl quoll zu einer Wolke auf, während er sich weiter in die Halle schob. Zehn Bedienstete waren von der Lohe vertilgt worden, und diejenigen, die in unmittelbarer Nähe standen, wurden von der wallenden Hitze erfasst. Der Eingang verwandelte sich in einen Glutofen; dann erklang ein lähmendes, Gehör zerfetzendes Brüllen.
    »Nein!« Xing richtete sich auf. Ihr Gesicht wies fünf hässliche, schmale Striemen auf, die von der Knute stammten, auch ihr rechtes Auge war von den Riemen getroffen worden. Durchsichtige Flüssigkeit sickerte hervor und mischte sich mit dem Blut; die Schmerzen, die sie spürte, zeigte sie nicht. »Das … das ist nicht der Herr!«
    Die Wächter ließen Maxim fallen.
    Er spürte die Hitze nicht minder, hustete, flüssiges Feuer schoss durch seine Nase und verkohlte die Lungen. Jedenfalls dachte er es zunächst. Erst nach drei Versuchen bekam er Luft, würgte und schmeckte Schwefel.
    Maxim hob den Kopf, seine Augen tränten.
    Durch
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