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Die Luft, die du atmest

Die Luft, die du atmest

Titel: Die Luft, die du atmest
Autoren: Carla Buckley
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ins Ohr: «Bald kommt hier auch.»

DREI
    Peter hob grüßend die Hand, als er an Lewis vorbei durch den Korridor eilte. Er schuldete ihm noch einen Entwurf für den Stipendienantrag, an dem sie saßen, aber das würde warten müssen.
    Er zog die Schlüsselkarte durch das Lesegerät. Das Schloss sprang auf, und er betrat den mit Teppichboden ausgelegten Trakt mit den veterinärmedizinischen Laboren und Büros. In seinem Labor arbeitete seine Doktorandin Shazia am langen Tisch an der Wand. Neben ihr saß ein Student an der Mikrozentrifuge.
    Peter runzelte die Stirn. «Haben Sie ein Kaugummi im Mund?»
    «Verzeihung.» Der Student sprang auf und sah sich um.
    Peter deutete auf den Mülleimer. Vermutlich war der Junge schon kaugummikauend hereingekommen. Ein häufiger Verstoß, den er nicht durchgehen lassen konnte. Bei den vielen Krankheitserregern hier drinnen mussten sie einfach auf der Hut sein.
    Shazia schob ihren Hocker zurück. «Peter?»
    «Augenblick.» Er stellte seine Kühltasche ab, griff nach dem Telefon auf der Konsole und wählte. «Dan», sagte er, «ich stell dich auf laut.»
    «Was gibt’s?» Dans Stimme hallte durch den Raum.
    «Wir haben einen Fall von Vogelsterben.»
    Am anderen Ende raschelte Papier. «Wo?»
    «Am Sparrow Lake. Nordwestspitze.»
    «Wie viele?»
    «Zwei- oder dreihundert. Alles Blauflügelenten.»
    «Was vermutest du als Ursache?»
    «Sieht aus wie ein Virusinfekt.»
    «Scheiße.» Pause. «So wie am Qinghai-See, meinst du?»
    «Ich weiß es nicht.» Peter hatte sich die Fotos von dem großen Vogelsterben in China genau angesehen, vor ein paar Jahren, als dort mehr als fünftausend Wildvögel an der Vogelgrippe krepiert waren. Es war zu früh, um zu beurteilen, was hier los war, aber Dan hatte seine schlimmste Befürchtung ausgesprochen. Was, wenn H5N1 hier bei ihnen angekommen war?
    «Wann kannst du mir mehr sagen?»
    Natürlich wusste Dan, dass die ersten Tests einen vollen Tag dauerten. Das ließ sich nicht beschleunigen. «Gleich morgen früh. Spätestens morgen Nachmittag.»
    Shazia war zu Peter getreten. Sie schüttelte den Kopf und sah ihn an. Er hob den Zeigefinger.
Warte.
    «Ruf mich mobil an, sobald du was weißt», sagte Dan.
    Peter legte auf. «Was ist los?»
    «Alfonsos Sekretärin war hier, um zu fragen, ob du ihn heute vertreten kannst. Er steckt in Madrid auf dem Flughafen fest.»
    Professor Alfonso gab den Einführungskurs über Epidemiologie, in dem Peter in der kommenden Woche eine Gastvorlesung halten sollte. Er hatte noch nichts dafür vorbereitet. Weiß der Himmel, wo seine alten Unterlagen waren. Vermutlich in einem der Hängeregister draußen auf dem Flur. Oder zu Hause.
    «Ich könnte einspringen, wenn du willst.» Shazia blickte zu ihm auf.
    Ihr Angebot war großzügig. Außerdem konnte sie die Lehrerfahrung brauchen. Aber war es den Erstsemestern gegenüber fair? Sie mussten den Stoff möglichst schnell meistern, und Shazia war eher schüchtern. Wenn sie aufgeregt war, wurde sie so leise, dass sie beinahe flüsterte. Peter betrachtete die Proberöhrchen in seiner Kühltasche. Sein Blick ging zur Wanduhr. Zehn nach eins. Um halb zwei begann die Vorlesung. Bis er wieder aus dem Hörsaal war, würde es auf drei zugehen. Aber Alfonso hatte ihm auch schon aus der Patsche geholfen.
    Mist. Er sah Shazia an. «Wird schon gehen. Aber fang du doch schon mal hiermit an.»
    Sie nickte, sichtlich erleichtert.
    Die Tests waren eine Routinesache, und sie war eine kluge junge Frau. Sie würde nichts falsch machen.
     
    Peter ließ seinen Blick über die vielen Studenten im Saal schweifen. Einige sahen ihn neugierig an. «Guten Tag. Mein Name ist Peter Brooks. Ich bin Professor drüben am Lehrstuhl für Veterinärmedizin. Professor Alfonso ist heute Nachmittag verhindert. Er hat mich gebeten, ihn mit einem Vortrag über Zoonosen zu vertreten.»
    Einige Studenten gähnten. In den hinteren Reihen unterhielten sie sich leise.
    Er legte die Unterlagen auf das Pult und lockerte seine Krawatte. «Lassen Sie mich Ihnen eine Frage stellen: Wie viele von Ihnen haben sich gegen Grippe impfen lassen?»
    Einige der Studenten merkten auf. Ein paar meldeten sich.
    «Lassen Sie mich raten. Sie wurden von Ihren Eltern dazu gezwungen.»
    Lachen. Noch mehr Studenten setzten sich gespannt auf.
    «Ich nicht», rief einer. «Meine Mutter meint, die Impfung bringt nichts.»
    Ein weitverbreitetes Missverständnis. «Nun, in gewisser Hinsicht hat sie recht. Die Impfung schützt nur vor den
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