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Die Liste der vergessenen Wünsche: Roman (German Edition)

Die Liste der vergessenen Wünsche: Roman (German Edition)

Titel: Die Liste der vergessenen Wünsche: Roman (German Edition)
Autoren: Robin Gold
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sagte leise: »Hey, Schatz. Hübsche Haube.«
    »Was … ist hier los?«, fragte sie ihn zitternd. »Ich verstehe das alles nicht.«
    Diesmal küsste Sebastian sie nicht auf den Mund, sondern nahm ihre Hände in seine. »Du weißt, was zu tun ist …« Seine Augen strahlten. »Du weißt es.« Er drückte noch einmal zärtlich ihre Hand, bevor er sie losließ und zu ihr sagte: Der ungenannte Wunsch, von Leben und Land nie gewährt, jetzt, Reisender …«
    »Jetzt, Reisender …«, echoten alle.
    Sebastian zwinkerte ihr zu und entfernte sich rückwärtsgehend und sie liebevoll anlächelnd langsam von ihr. » … segle vorwärts, zu suchen, zu …«
    Da erwachte Clara.
    Ihre Augen sprangen auf, und sie saß aufrecht und mit bebendem Brustkorb im Bett.
    Sie machte sich erst gar nicht die Mühe, die Hand nach dem leeren Platz neben sich im Bett auszustrecken. Denn Clara wusste, dass Sebastian nicht da war. Sie wusste es nur zu gut. Nachdem sie mehr von diesen merkwürdigen Träumen gehabt hatte, als sie noch zählen konnte, war es für sie zur Routine geworden, mitten in der Nacht verwirrt hochzuschrecken. Bloß war dieser Traum anders als gewöhnlich. Ganz anders. »Du weißt, was zu tun ist«, hatte Sebastian ihr gesagt. » Du weißt, was zu tun ist … « Sie warf einen Blick auf ihren Wecker, der gerade auf ein Uhr fünfundzwanzig sprang. Clara fragte sich, was Sebastian ihr damit sagen wollte. Was genau hatte er gemeint? Wieder und wieder sagte sie sich den Satz in Gedanken vor und dachte an den starken, Zuversicht spendenden Ausdruck in Sebastians Gesicht und das helle, kraftvolle Strahlen in seinen Augen, das sie so an ihm liebte und unbeschreiblich vermisste. » Du weißt, was zu tun ist …«
    Doch Clara wusste nicht, was zu tun war.
    Sie wälzte sich herum und versuchte, ihren Traum auseinanderzunehmen, um ihn zu verstehen. Aber sie war ratlos. Völlig ratlos. Und nun war sie zu allem Überfluss auch noch hellwach, und ein flaues Gefühl machte sich in ihrer Magengrube breit. Es dauerte nicht lange, bis Claras Gehirn auf Hochtouren lief und ein Gewitter von Überlegungen und Befürchtungen über sie hereinbrach. Es war, als hätte jeder Regentropfen in diesem stürmischen Gewitter ein Gesicht. Da waren Sebastian und ihr Vater und all die anderen Menschen, die in ihrem merkwürdigen Traum aufgetaucht waren. Und dann war da natürlich auch Lincoln. Lincoln, der das Land verlassen hatte, ohne sich zu verabschieden. Lincoln, der sie jetzt vermutlich hasste. Am Ende hatten alle Regentropfen in diesem Sturm nur noch sein Gesicht.
    Mit Mon Chéri im Arm sah sie zu, wie der Wecker halb vier anzeigte.
    Sie sah zu, wie er halb fünf anzeigte.
    Dann war es halb sechs.
    Dann halb sieben.
    Nun war bereits die Sonne aufgegangen, und Clara hielt es nicht mehr aus.
    Ruhelos und verstört warf sie die Decke zurück und stand auf. Sie brauchte frische, reinigende Luft – damit sie den Kopf freibekam. Ohne groß darüber nachzudenken, schlüpfte Clara in ihre Laufsachen, band ihre Schuhe zu, die sie unten aus ihrem vollgestopften Schrank hatte herauskramen müssen, und machte sich auf den Weg in den Grant Park. Obwohl sie seit dem Benefizlauf nicht mehr joggen gewesen war, kam sie zu dem Schluss, dass eine ordentliche Dosis Sport, wie sonst auch immer, helfen würde, sie müde zu machen, damit sie am Ende doch noch etwas richtigen Schlaf bekäme.
    »Was könnte ermüdender sein als das?«, sagte sich Clara, als sie den bedrohlich ansteigenden Weg, der vor ihr lag, mit Blicken maß. Wenn das nicht half, sie zu erschöpfen, dann gar nichts. Es war ein anstrengender Anstieg für Clara, und sie dachte an die vielen Male, die sie sich diesen Weg hinaufgeschunden hatte und Lincoln neben ihr hergeschnauft war.
    Als Clara die Steigung anging, spielte sie in Gedanken noch einmal ihre letzte Verabredung mit Lincoln durch. Sie erinnerte sich noch fast wortwörtlich an das raue, schmerzliche Gespräch, das sie im Auto geführt hatten. »Ich kann niemanden gebrauchen, der ganz offensichtlich nicht bereit ist, die Vergangenheit loszulassen und sich auf mich einzulassen«, hatte er mit traurigen Augen gesagt.
    Claras Füße trafen rhythmisch auf den Schotterweg. Sie fragte sich, was Lincoln wohl in diesem Moment tat, und stellte ihn sich auf einer weitläufigen, staubigen Fläche irgendwo im Niemandsland vor, wo er uralte Dinosaurierknochen ausgrub. Bei der Vorstellung, dass er mit etwas beschäftigt war, was ihm pure Freude bereitete, musste
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