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Die Lieferung - Roman

Die Lieferung - Roman

Titel: Die Lieferung - Roman
Autoren: PeP eBooks
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zu gebrauchen. Dann fühlte er einen Schlag gegen sein Bein, aber erst, als er das Krachen registrierte, wusste er, dass sie auf ihn geschossen hatte. Er hatte keine Ahnung, wie schlimm seine Verletzung war, wusste aber, dass alles möglich war, wenn er die Frau jetzt nicht unschädlich machte. Er wälzte sich auf sie und drückte sie mit seinem Gewicht zu Boden. Seine linke Hand war ungeschickter als die rechte, aber er legte sie wie eine Klammer um ihren Hinterkopf, um ihn mit einem Ruck nach hinten und zur Seite zu ziehen und ihr das Genick zu brechen.
    Er begriff nicht, wieso es nicht klappte. Er spürte nur einen Schlag gegen seinen eigenen Hals. Aus der feuchten Wärme schloss er, dass er blutete, und das wahnsinnige Pumpen seines Herzens verriet ihm, dass es viel Blut sein musste. Merkwürdig. Es war fast wie das Pumpen seines Körpers beim Training, das er so liebte.
    Aber es wurde schwächer, immer entfernter, und plötzlich sah er die Familie aus seinem Traum leibhaftig vor sich. Die
Mutter und den Vater, die beiden Kinder. Sie saßen um den Mittagstisch und lachten. Er wollte ihnen etwas zurufen, aber sie hörten ihn nicht. Er war draußen und konnte nicht zu ihnen.

     
    Noch ehe Nina die Tür zum hell erleuchteten Flur aufschob, wusste sie, dass das Haus riesig war. Die Kellertreppe war breit und schwang sich wie die Treppe eines pompösen Firmensitzes in einem Bogen nach oben. Geländer und Handgriff waren aus gebürstetem Edelstahl.
    Alles war weiß, sogar die Treppe, die weiter nach oben führte. Nina blieb einen Augenblick stehen und sah sich blinzelnd im grellen Licht der Decken- und Wandspots um.
    Es war seltsam still, als hätte das Haus alles Leben verschluckt und verdaute es jetzt irgendwo in seinem Inneren.
    Sie hörte, dass sich irgendwo jemand bewegte, doch die Laute, die zu ihr drangen, waren gedämpft und nicht lokalisierbar. Schritte, eine Tür, die geschlossen wurde, dann wieder leise Schritte, wie wenn jemand auf Zehenspitzen ging. Nina spürte, wie ihr das Adrenalin in jede Zelle schoss.
    Dann war alles still, bis sie plötzlich wieder etwas hörte, dieses Mal näher. Ein jammerndes Stöhnen drang durch die angelehnte Flügeltür am Ende der Halle. Nina erkannte es als die Laute eines Menschen, der starke Schmerzen hatte. Ihr Körper stellte sich augenblicklich auf eine Krisensituation ein und drängte ihre eigenen Kopfschmerzen in den Hintergrund. Verletzte. Wo und wie viele? Wie schlimm war es?
    Sie warf einen Blick auf die Uhr.
    21.37 Uhr. Später, als sie geglaubt hatte. Sie schob die Tür ganz auf und trat in ein riesiges Wohnzimmer.
    Auf dem Boden lagen zwei Personen, ein Mann und eine
Frau. Die Frau war mit breitem Klebeband auf den Steinfliesen am Boden festgeklebt worden, sah aber unverletzt aus, abgesehen von einem Gipsarm, der schon behandelt und damit jetzt irrelevant war. Sie war aufgewühlt, aber unverletzt. Nina ignorierte sie und konzentrierte sich stattdessen auf den Mann, der seltsam verdreht am Boden lag, als wäre er beim Schlittschuhlaufen unglücklich gestürzt. Um ihn herum und unter ihm lag eine bizarre Menge grüner Dollarscheine. Sein weißes Hemd war auf der Vorderseite von Blut getränkt.
    ABC, dachte sie. Airways, Breathing, Circulation. Rasch kniete sie neben ihm nieder, bog seinen Kopf nach hinten und sah ihm in den Mund. Kein Blut, ein gutes Zeichen. Er bewegte die Augenlider und sah sie abwesend an. Möglicherweise stand er unter Schock, er war aber ansprechbar.
    »Was ist passiert?«, fragte sie, um Kontakt zu ihm herzustellen und herauszufinden, ob er antworten konnte.
    Er sagte nichts, sondern schloss nur die Augen, wobei er allerdings eher resigniert als komatös wirkte. Jedenfalls verlor er nicht das Bewusstsein. Sein Atem ging schnell und zeugte von großen Schmerzen, war aber gleichmäßig, und auch seine Hände waren warm. Er schien keine lebensbedrohlichen Blutungen zu haben, weder innerlich noch äußerlich. Sie öffnete das blutige Hemd über seiner Brust. Etwas oberhalb des Herzens steckte eine Kugel in seiner Brust. Das Einschussloch war nicht sonderlich groß, und es gab keine Austrittswunde. Die Kugel musste also noch irgendwo in der Schulter stecken. Auch das war gut so. Austrittswunden waren immer eine fürchterliche Schweinerei. Sie zog die Wundränder etwas auseinander und sah Knochensplitter im Gewebe. Die Kugel hatte das Schlüsselbein des Mannes zerfetzt. Die scharfen Splitter steckten im Fleisch und verschlimmerten seine Schmerzen
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