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Die liebe Verwandtschaft

Die liebe Verwandtschaft

Titel: Die liebe Verwandtschaft
Autoren: Ephraim Kishon
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Augenblicke. Wir wagten kaum zu atmen. Eine der Frauen kreischte auf, weil sie über dem Blumentopf einen grünlichen Schimmer gesehen hatte. Nur Kunstetter blieb ruhig.
    »Die richtige Antwort überrascht mich nicht«, sagte er.
    »So ist es immer, wenn wir einen vollkommenen Kontakt hergestellt haben. Teurer Bruder!«, wandte er sich an Aarons Geist. »Sage uns, welche Juden dir am liebsten sind!«
    Unter lautloser Stille kam Aarons Antwort: »K-Ö-N-I-G D-A-V-I-D … S-A-L-O-M-O-N
    D-E-R W-E-I-S-E … B-E-N-G-U-R-I-O-N …
    E-P-H-R-A-I-M K-I-S-H-O-N …«
    Zornige Blicke trafen mich, als wäre es meine Schuld, dass Aaron gerne gute Satiren las. Die Finger schmerzten mich, denn Kunstetter hatte durch außerordentlich starken Gegendruck die für mich so schmeichelhafte Äußerung Aarons zu hintertreiben versucht.
    Jetzt war die Reihe an mir.
    »Aaron, mein teurer Bruder«, fragte ich, »glaubst du an Spiritismus?«
    Kein Geist sah jemals solchen Streit der Finger. Meine Handmuskeln sind nicht die schwächsten, aber Kunstetter leistete verzweifelten Widerstand. Selbst im Halbdunkel konnte ich sehen, wie sein Gesicht purpurrot anlief – mit solcher Anstrengung wollte er eine negative Antwort des Geistes verhindern. Denn ein Geist, der nicht an Spiritismus glaubt, wäre ja wirklich kein Geist.
    Ich war entschlossen, nicht nachzugeben, und sollte es mein Handgelenk kosten. Mit übermenschlicher Kraft drückte ich das Glas in die Richtung »Nein«, während Kunstetter es zum »Ja« hinmanövrieren wollte.
    Minutenlang tobte der stumme Kampf im Niemandsland des Fragezeichens.
    Dann brach das Glas entzwei.
    »Der Geist ist böse«, sagte jemand. »Kein Wunder bei solchen Fragen.«
    Kunstetter massierte sich die verkrampften Finger und hasste mich. Ich wollte wissen, ob ich eine Frage stellen könnte, deren Antwort nur mir allein bekannt wäre. Kunstetter bejahte widerwillig und warf ein frisches Glas in den Ring.
    »Was hat mir mein Onkel Egon zur Bar-Mizwa geschenkt?«, fragte ich.
    »Teurer Bruder Egon, gib uns ein Zeichen!« Die Stimme Kunstetters klang flehentlich in die Dunkelheit. »Erscheine, Onkel Egon! Erscheine!«
    Ich zog meine Hand zurück, um nicht verdächtigt zu werden, dass ich den Gang der Ereignisse beeinflusse.
    Und dann geschah es. Nach einigen Minuten erschien Onkel Egons Geist, das Glas bewegte sich und die Antwort lautete:
    »P-I-N-G-P-O-N-G.«
    Draußen auf dem Balkon kam ich wieder zu mir. Der triumphierende Kunstetter flößte mir gerade ein drittes Glas Brandy ein.
    An meinem dreizehnten Geburtstag, zur Feier meiner Mannwerdung, hatte ich von Onkel Egon tatsächlich ein Ping-Pong geschenkt bekommen.
    Schweißgebadet verließ ich die Séance. Ich kann mir das alles bis heute nicht erklären. Auch Onkel Egon, der in Jaffa lebt und sich bester Gesundheit erfreut, weiß keine Antwort.

Entspannung
    Wir müssen zugeben, dass wir trotz allem prachtvolle Reisen erlebt haben. Wir haben die Alte und die Neue Welt kennengelernt, haben überall interessante Menschen aus Israel getroffen, die meisten unserer ausländischen Botschaften besucht und ein hervorragendes Konzert des israelischen Symphonieorchesters gehört, das sich gerade auf einer Tournee durch die Vereinigten Staaten befand.
    Wahrscheinlich waren es diese vielen Begegnungen mit Israelis, die uns immer heftiger nach Hause trieben. Wahrscheinlich waren es die überwältigenden Landschaftsbilder, die ragenden Bergesgipfel Europas und die unermesslichen Prärien Amerikas, die unsere Sehnsucht nach jenem Miniaturstaat entfachten, in dem wir leben und in dem es auch sonst sehr originell zugeht. Wir sehnten uns nach der engen, gewundenen Überlandstraße von Tel Aviv nach Jerusalem, die zu beiden Seiten von jugendlichen Autostoppern flankiert wird, wir sehnten uns nach den Schildern, die sie hochhalten und die auf der einen Seite die Angabe des gewünschten Reiseziels tragen, auf der andern Seite – aber das sieht man erst, wenn man sich im Weiterfahren umdreht – die einladende Aufforderung: »Zerplatz!« Wir sehnten uns nach dem Strand von Naharia, wo die Leute Ende August, auf dem Höhepunkt der Sommerhitze, nicht mehr ins Wasser gehen, weil es zu Hause in Polen um diese Zeit schon zu kalt war. Wir sehnten uns nach den Kinos von Tel Aviv, wo es geschehen kann, dass man mutterseelenallein vor dem Kassenschalter steht und dass einem plötzlich ein wildfremder Mensch jovial auf die Schulter klopft: »Können Sie gleich auch für mich eine Karte
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