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Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger
Autoren: Elmar Bereuter
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Geschicklichkeit beim Kohlpflanzen gelobt.
    »Ich kann noch mehr«, sagte das Mädchen darauf stolz und bat den Vater, sich umzudrehen. Sie machte eine kleine Grube, erleichterte sich da hinein und rührte das Ganze dann mit einem Stöckchen um, wobei sie leise vor sich hin murmelte.
    Kaum hatte sie aufgehört, fing es genau an dieser Stelle zu regnen an.
    »Wer hat dich das gelehrt?«, fragte der Vater entsetzt.
    »Die Mutter. Sie kann aber noch viel mehr!«
    Nach ein paar Tagen hieß der Bauer Frau und Tochter, sich zum nächsten Morgen zu schmücken und ihr gutes Gewand anzulegen, da sie zu einer Hochzeit eingeladen seien. Mit dem Wagen fuhren sie in die Stadt, wo er die beiden dem Gericht übergab.
    Solche und ähnliche Geschichten hörte Cornelius Loos beinahe tagein, tagaus und es wurde immer schwieriger, die erfundenen von den wahren zu unterscheiden. Seit 1585 war er nun in Trier und unterrichtete als einziger Nicht-Jesuit Theologie an der Universität. »Lutheranerfresser«, so nannten ihn heimlich nicht nur seine Schüler, weil er den Glaubensabfall der Protestanten als allerschlimmste und verachtungswürdigste Form der Ketzerei geißelte. Ja, er schätzte dieses Vergehen verdammungswerter ein als den Tatbestand der Hexerei und redete der vollständigen Ausrottung des Ketzertums das Wort.
    »Sie nennen sich Christenmenschen, aber sie sind verblendet und verroht! Sie sind schlimmer als der Teufel selbst!«
    Immer wieder erzählte er, wie seine ganze Familie unter Einsatz ihres Lebens aus Gouda hatte fliehen, sich in Wäldern, unter Brücken und in verfallenen Ställen hatte verstecken müssen, gehetzt und gejagt, immer in der Angst, aufgegriffen und wie Vieh abgeschlachtet zu werden.
    Obwohl seine Vorlesungen meist sehr polemisch waren, hatte von seinen Vorgesetzten keiner etwas dagegen einzuwenden, schließlich wetterten die Lutheraner nicht minder scharf gegen die Papisten und in Loos’ Fall konnte man ein Auge zudrücken, wenn er die Hexen als das kleinere Übel ansah.
    Peter Binsfeld war nicht wenig stolz, einen so fähigen Kopf nach Trier geholt zu haben, und dass der hagere Priester manchmal etwas Demut vermissen ließ und hochtrabend werden konnte, wenn er von seinem Standpunkt überzeugt war, sah er ihm nach.
    Dass der Weihbischof ein glühender Verfechter des Hexenglaubens war und Kurfürst Johann von Hexenängsten geplagt war, davon hatte Loos schon in Mainz gehört. Aber wer war schon frei davon? Das war in Mainz nicht viel anders und er maß dem insgesamt keine allzu große Bedeutung bei.
    Geredet wurde überall darüber, gelegentlich beschäftigten sich die Gerichte damit und hier und dort kam es zu vereinzelten Hinrichtungen. Das hatte er jedenfalls geglaubt, bis er nach Trier gekommen war.
    Kurz nach seiner Ankunft war einer gewissen Barbara von Nittel der Prozess gemacht worden, der weitere Kreise zog.
    Die Barbara war eine reiche Witwe, die in zweiter Ehe einen nicht unvermögenden Weißgerber geheiratet hatte. Zwei im Hochgericht St. Matthias hingerichtete Frauen hatten übereinstimmend bezeugt, sie in vornehmen Kleidern auf einem schwarzen Pferd stolz bei einem Hexensabbat einreiten gesehen zu haben. Während der Verhöre hatte sie zugegeben, den Sohn ihres Nachbarn, des Bäckers Peter Edlinger, mit teuflischen Mitteln gelähmt zu haben. Nach ihrer Verbrennung forderte der Vater des Buben Schadenersatz vom Weißgerber, da sein Sohn inzwischen so verkrüppelt sei, dass selbst jeder Unchrist oder Türke mit ihm Erbarmen hätte. Ein erstes Urteil fiel nicht zur Zufriedenheit Edlingers aus, worauf er am Koblenzer Hofgericht erneut Klage einreichte. Aber auch dort bekam er nicht Recht, obwohl das Kind von Wundärzten visitiert worden war, die einen furchtbar verwachsenen Körper attestierten, der zudem aus vielen Wunden stank.
    Als Loos einen Stadtrat darauf ansprach, meinte dieser kurz:
    »Wieso soll der Gerber dafür geradestehen? Schließlich war es ja eigentlich der Teufel, der daran schuld ist! Wie aber soll man Satan leibhaftig vor einem Gericht verklagen?«
    »Wenn nur die Hälfte der Geschädigten Schadenersatz verlangen würde, hätten sich die Hexenprozesse bald von selbst erledigt, da die Gerichte über Jahre mit Forderungen eingedeckt wären. Nein, nicht weil man den Teufel nicht finanziell haftbar machen kann, wurde das Verfahren abgewürgt! Das ist doch nur der Vorwand!«
    Der Rat hatte ihn darauf etwas merkwürdig angesehen, war aber eine Antwort schuldig geblieben.
    Nur wenige
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