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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork
Autoren: Silvana de Mari
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Krähen.
    Er wusste, dass er zum König gewählt werden würde. Die Art, wie alle ihn grüßten, ließ da keinen Zweifel. Er würde wahrscheinlich als Rankstrail der Einsame in die Geschichte eingehen. Er sah nicht, woher er den Mut nehmen sollte, sein Blut weiterzugeben und eine Familie zu gründen. Die Unterwelt hatte sich hinter ihm geschlossen und würde sich nicht mehr auftun. Er würde allein leben und allein würde er sterben. Er würde seine Pflicht tun bis zuletzt, damit sich niemand je für ihn schämen musste. Er würde keine Nachkommen haben. Er würde für die Stadt ein gerechter und einsamer König gewesen sein. Das betrachtete er als seine Ehre.
    Er dachte an das Brautkleid, das seine Mutter bestickt hatte, um es dann niemals zu tragen.
    Er erinnerte sich daran, wie seine Mutter ihn auf dem Totenbett hatte rufen lassen, um ihm zu sagen, sie sei stolz darauf, ihn zum Sohn zu haben.
    Rankstrail hatte sich gefragt, warum. Alles, was er verstanden hatte zu tun, war gewesen: dasein, atmen, auf die kleine Schwester aufpassen, bei der Wäsche helfen oder sie selbst erledigen, Holz hacken, Wasser holen, dem Vater helfen und Reiher jagen, damit etwas zum Essen im Haus war.
    Als Kind hatte er sich geschworen, die Erwartungen seiner Mutter nicht zu enttäuschen und jemand zu werden, auf den man stolz sein konnte. Dieser Entschluss verfestigte sich nun. Mutter und Vater sollten immer stolz auf ihn sein können.
    Wenn er die Ebene befreit hatte, würde er an den Grenzen Wachposten und Warnfeuer aufstellen lassen, sodass die Wölfe nicht mehr nachts über die Dörfer herfallen und die Menschen scheiden konnten in solche, die tot waren, und solche, die es gern gewesen wären. Nie wieder sollte ein Vater ein Kind beweinen wegen der Orks. Seine Aufgabe war es, die Vorherrschaft des Menschenvolks auf der Erde wiederherzustellen, die würde er erfüllen und dann sterben.
    Er hatte die Pforten der Unterwelt hinter sich geschlossen und würde sie nicht wieder öffnen. Er würde allein leben und allein würde er sterben.
     
    In der Ferne sah Rankstrail von Daligar her einen größeren Trupp Soldaten herankommen, und er dankte im Stillen der Königin-Hexe, dass sie sie geschickt hatte. Das waren seine Söldner und das war genau die Truppenstärke, die ihm fehlte, um den Angriff an den Flanken zu unterstützen und den Frontalangriff der Kavallerie zu ermöglichen. Er fragte sich, wer sie befehligte.
    Fast stockte ihm der Herzschlag und Übelkeit befiel ihn, als er an der Spitze der Männer Aurora erkannte.
    Jeden Augenblick würde man ihm ihre Ankunft melden.
    Der kommende Tag würde der Tag der letzten, der entscheidenden Schlacht sein. Wieder würde er denken müssen, dass Auroras Fleisch, Blut und Knochen, ihre Augen, ihre Haut und ihr Haar den Horden der Orks preisgegeben waren.
    Er fragte sich, wie und warum es der Herrscherin von Daligar in den Sinn gekommen sein mochte, ihm eine junge Frau zum Kampf in einem Krieg zu schicken, der erst noch entschieden werden musste.
    Rankstrail dachte an die Schlacht, die er plante. Vielleicht würde ihm mitten im Schlachtengetümmel jemand melden, dass der Kommandant der Bogenschützen von Daligar gefallen war, von Pfeilen durchbohrt, und Blut verlor, das sich ins Abwasser der Reisfeldern mischte, oder dass ein Schwertstoß sein Herz durchbohrt hätte. Vielleicht würde ihm jemand melden, dass der Kopf des Kommandanten von Daligar vom Rumpf getrennt worden war und auf einer Lanze steckte. Oder man würde ihm melden, dass der junge Anführer mit dem langen blonden Haar, in das Perlen und Silber hineingeflochten waren, inmitten der Orkhorden verschwunden war wie eine Insel, die im Meer versinkt.
    Das konnte er nicht dulden.
    In seiner Eigenschaft als Kommandant konnte er Aurora keine Befehle erteilen, weil sie einer fremden Streitmacht angehörte. Den Rang des Königs bekleidete er noch nicht, auch wenn er sich nunmehr sicher war, dass man ihn dazu ernennen würde, aber ebenso sicher war, dass die Krönungsfeierlichkeiten Tage, wenn nicht Wochen in Anspruch nehmen würden. Er hatte keinerlei Autorität Aurora gegenüber. Er war weder ihr König noch ihr Kommandant.
    Vielleicht würde er ihr als Ehemann befehlen können, etwas anderes zu tun, als die Bogenschützen in die Schlacht zu führen. Bestimmt. Ihr befehlen, etwas anderes zu tun, beispielsweise gemeinsam mit Fiamma sämtliche Frauen von Varil im Bogenschießen zu unterrichten. Einer Stadt, in der alle sich verteidigen, ist das
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