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Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)

Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)
Autoren: Kimberly McCreight
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standen Sie in der Tür. Im Morgenmantel. Sie haben einfach dagestanden und vor sich hin gestiert. Ins Leere. Vielleicht hatten Sie die Zeitung reinholen wollen und dann vergessen, was Sie eigentlich wollten. Sie waren wie erstarrt. Und das war total… « Sylvia schaute auf den Boden, als würde dort die Szene noch einmal ablaufen. » Es war furchtbar. Viel schlimmer als bei der Beerdigung, wo Sie so schrecklich geweint haben, und das war schon schlimm. « Sylvia schüttelte den Kopf und atmete zittrig ein. » Ich hab mir gesagt, wenn Sie dächten, sie wäre nicht gesprungen… Vielleicht würde es Ihnen dann besser gehen. «
    » Du hast das also erfunden « , sagte Julia sichtlich erleichtert, » damit Kate sich besser fühlte? «
    » Nein « , sagte Sylvia, ohne den Blick von Kate abzuwenden. » Amelia ist nicht gesprungen. Das weiß ich. «

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    24. OKTOBER
    Amelia Baron
    » Worte, die wie ein gespenstisches Trommelgrollen unerbittlich den Takt des Lebensmaßes schlugen… und sie,
    deren Tag mit einer eiligen Verrichtung nach der anderen
    verstrichen war, daran gemahnten, dass alles flüchtig war
    wie ein Regenbogen. «
    Virginia Woolf, Zum Leuchtturm
Carter Rose fass dich kürzer
Sylvia Golde klappe, carter, du idiot

Amelia
    24. OKTOBER
    Als ich den Kopf aus der Tür streckte, sah ich Sylvia in Woodhouse’ Vorzimmer. Sie beugte sich so über Mrs Pearls Schreibtisch, dass sie ihr die Sicht auf die Tür verstellte und ich mich unbemerkt davonschleichen konnte.
    » Was ich damit meine, ist: Ich empfinde es als Zumutung, dass diese Schule keine Alternativen zur Evolutionstheorie anbietet « , fauchte Sylvia gerade. » Wo bleibt der intellektuelle Dialog, wenn nur eine Sichtweise erörtert wird? «
    » Und deswegen musstest du mitten aus dem Biologieunterricht hierherkommen? « , fragte Mrs Pearl.
    » Ich nehme meine religiösen Überzeugungen eben sehr ernst « , antwortete Sylvia empört.
    Ich konnte den Bleistift in Mrs Pearls Hand sehen. Sie klopfte damit auf den Schreibtisch. Dann sah ich, wie Sylvia hinter ihrem Rücken mit der Hand wedelte, um mir zu bedeuten, ich sollte abhauen. Ich duckte mich und lief zur Tür.
    » Tut mir leid, Miss Golde, ich habe offenbar nicht mitbekommen, dass du wiedergeboren wurdest « , sagte Mrs Pearl sarkastisch. » Ich war tatsächlich der Ansicht, du seist Jüdin. «
    » Ich bin Jüdin, und ich bin auch wiedergeboren « , hörte ich Sylvia sagen, als ich gerade in den Korridor hinausschlüpfte. » Haben Sie etwa auch etwas gegen gemischte Ehen? «
    Ich drückte mich gegen die Wand und hoffte inständig, dass Sylvia sich beeilen würde, ehe mich jemand mitten in der dritten Stunde auf dem Korridor erwischte.
    » Okay, das reicht, Miss Golde « , sagte Mrs Pearl. » Du gehst jetzt sofort zurück in den Unterricht und… «
    » In Ordnung, ich wollte sowieso gerade gehen. « Es hörte sich so an, als wäre Sylvia schon an der Tür. » Aber für mich ist das Thema noch nicht durch. Ich lasse mich wegen meiner religiösen Gefühle nicht ausgrenzen. «
    Als Sylvia endlich aus der Tür stürzte, grinste sie von einem Ohr bis zum anderen. Ich musste lächeln. Dabei hätte ich in dem Moment schwören können, dass ich nie wieder lächeln würde.
    » Los, komm « , sagte Sylvia, packte mich an der Hand und wollte mich mit sich ziehen.
    » Ich kann nicht weg « , flüsterte ich. » Woodhouse kommt gleich zurück. Wenn der mich dann nicht in seinem Büro vorfindet, krieg ich tierischen Ärger. «
    Sylvia schaute mich an. » Kümmer dich einfach nicht um den « , sagte sie. » Soll er doch denken, was er will. Du hast nichts verbrochen. «
    » Die können mich von der Schule werfen. «
    » Wie bitte? Du bist doch das Opfer. Woodhouse wird dich in Ruhe lassen, sobald du ihm erzählst, dass Zadie und ihre Freundinnen dich gemobbt haben, weil du lesbisch bist. Das ist schließlich die Wahrheit. «
    Da hatte sie recht.
    » Los, jetzt komm schon « , sagte sie und zog mich am Arm. » Wir beide brauchen was, das uns aufmuntert, und ich hab einen Plan. «
    Als Erstes gingen wir in die Aula, die so edel und riesig war, dass sie von beiden Schulen benutzt wurde. Mit ihren weichen, ganz neu gepolsterten Sitzen und der Bühne aus poliertem Mahagoni war sie eindrucksvoller als manches Broadway-Theater.
    » Wenn ich gewusst hätte, dass dieser Saal hier die ganze Zeit offen ist « , sagte Sylvia, während sie den Mittelgang hinunterlief und auf die Sitzlehnen klopfte, » dann hätte ich längst
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