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Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters

Titel: Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters
Autoren: Anthony Mark
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du ihn auch sicher auf?«, sagte sie und stieß mit einem knochigen Finger gegen seine Brust.
    Er tastete nach dem Bündel mit der Rune, und als er es berührte, verstand er. Das Licht, die Wärme – es konnte nicht anders sein. »Ihr seid diejenige, der er gedient hat, nicht wahr? Himmel. Ihr seid diejenige, die ihn erschaffen hat.«
    »Du meinst, eine von ihnen«, sagte sie, und einen kurzen Augenblick lang stand keine Greisin vor ihm, sondern ein Mann mit einem grauen Bart. Er war hoch gewachsen und kräftig, seine Augen funkelten temperamentvoll, und seine Züge verrieten Weisheit. Auf seiner rechten Hand leuchtete O'rn, die Rune der Runen. Sein linkes Handgelenk endete in einem Stumpf.
    Bevor er etwas sagen konnte, stand wieder die Alte vor ihm.
    »Willst du sie wirklich brechen?«, fragte sie.
    Trotz der Wärme konnte er nicht aufhören zu zittern. Er fühlte sich schwach, krank und dumm. Trotzdem nickte er. »Es ist die einzige Antwort.«
    Die Alte schnalzte mit der Zunge, aber in ihrem Auge lag Trauer. »Ich vermute, das ist sie, mein Junge. Ich vermute, das ist sie. Aber du wirst es niemals tun, weißt du. Nicht, wie du jetzt bist.«
    »Ich muss es tun«, erwiderte er und versuchte zuversichtlich zu klingen. »Ich werde eine Möglichkeit finden.«
    Sie lachte krächzend. »Ich glaube eher, die Möglichkeit hat dich gefunden, mein Junge.«
    Als sie die Finger ausstreckte, sah er auf ihrer knochigen Hand drei gekreuzte Linien leuchten: O'rn.
    »Geh, Runenmeister«, sagte sie. »Zerbrich den Himmel.«
    Bevor er zurückweichen konnte, packte sie seine rechte Hand. Licht zerriss die Dunkelheit, Schmerz schoss seinen Arm empor, und Meister Larad – Runensprecher, Ausgestoßener, Verräter – warf den Kopf zurück und schrie, als die Macht in ihn strömte.

2
    Auf einer anderen Welt saß Deirdre Falling Hawk auf einem Stuhl mit Klauenfüßen, der mindestens vierhundert Jahre älter als sie war, und starrte auf die geschlossene Mahagonitür am anderen Ende des Korridors.
    Schon gut, Deirdre – du darfst blinzeln. Du hast keinen Röntgenblick. Und selbst wenn, vermutlich ist der Raum mit einer Bleiwand versehen. Bei allen Göttern, die Philosophen denken immer an alles.
    Mit einem Seufzen lehnte sie den Kopf wieder gegen die schimmernde Holzvertäfelung. Glaubte sie an das Schicksal? Sie konnte es nicht sagen. Trotzdem hatte sie das Gefühl, dass in genau diesem Augenblick auf der anderen Seite der Tür über ihr Schicksal entschieden wurde. Sie berührte die polierte Bärenkralle, die an ihrem Hals hing, und wünschte sich, eine echte Vision heraufbeschwören zu können. Wünschte, sie wüsste, was Hadrian Farr ihnen erzählte.
    Es hatte sie nicht überrascht, dass man Farr und sie getrennt voneinander sprechen wollte. Bei Verhören war das die Standardprozedur, oder etwa nicht? Teile und herrsche. Es überraschte sie auch nicht, dass die Philosophen diese letzte Befragung, wie sie es bezeichnet hatten, höchstpersönlich durchführen wollten. Tatsache war, verglichen mit dem, was sie auf dem verwitterten Asphalt des Highway 121 außerhalb von Boulder, Colorado, gesehen hatte, hätte sie in den seitdem vergangenen drei Monaten nichts überraschen können – nicht die mitternächtlichen Anrufe, nicht die endlosen Verhöre und auch nicht die frühmorgendlichen Überraschungsbesuche in der Wohnung in South Kensington, die man ihr überlassen hatte.
    Wenn sie die Augen schloss, konnte sie es noch immer vor sich sehen: das von blauen Flammen umzüngelte Fenster, das mitten in der Luft hing. Darum hatten sie und Farr sich den Suchern angeschlossen – die Hoffnung, einmal ein Tor zu einer anderen Welt zu finden. Sie hatten zugesehen, wie Travis Wilder und Grace Beckett durch das Tor traten, begleitet von dem verwundeten Mann namens Beltan und dem spindeldürren grauen Wesen, das, so unglaublich das auch schien, ein Elf war. Dann war das Fenster in sich zusammengebrochen, und sie waren verschwunden. Keine zweihundert Meter entfernt warteten die Sucher darauf, den Rest von ihnen aufzugreifen. So viel zu der Maxime, sich nicht in die Belange derjenigen einzumischen, die über außerweltliche Verbindungen verfügten.
    Zweifellos hatten die Sucher sie vor der Ankunft der Polizei abfangen wollen, deren Sirenen bereits durch die Luft hallten. Außerdem waren die außerweltlichen Wesen, zu denen Deirdre und Farr Verbindung gehabt hatten, weg – sie waren in einem Tor zu einer anderen Welt verschwunden. In den
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